Sonntags Blick

«Bin besser als vor 3 Jahren»

Von der Liebe beflügelt, will Schwimmer Noè Ponti in Paris eine Olympiamed­aille gewinnen. Wer ist die Frau an seiner Seite? Mit Blick sprach das Paar über seine Anfänge, seine Fernbezieh­ung und seine Zukunft.

- NICOLA ABT

Liebevoll streicht Noè Ponti (23) seiner Freundin Helena Harrison (20) die langen braunen Haare aus dem Gesicht. Die beiden sitzen Anfang Mai am Ufer des Zürichsees. Während er seinen Arm über ihre Schulter legt, sagt der Spitzensch­wimmer: «Wir sehen uns nicht oft. Umso mehr geniessen wir die Zeit, die wir zusammen verbringen.» Seit etwas mehr als einem halben Jahr sind die beiden ein Paar. Jetzt zeigen sie sich erstmals gemeinsam der Öffentlich­keit.

Wie Ponti ist auch Harrison eine ambitionie­rte Schwimmeri­n. «Wir träumen davon, zusammen an einem internatio­nalen Rennen teilzunehm­en», erzählt die Schweizeri­n mit US-amerikanis­chen, griechisch­en und deutschen Wurzeln. Vorerst aber betritt Ponti die grösstmögl­iche Schwimmbüh­ne allein.

Der Tessiner startet am Dienstag an seine zweiten Olympische­n Spiele. Dann findet in der Paris La Défense Arena, einer zum Schwimmsta­dion umfunktion­ierten Rugbyanlag­e, der Quali-Wettkampf über 200 Meter Schmetterl­ing statt. Der Final folgt einen Tag später. Vor drei Jahren gewann der Tessiner in dieser Disziplin Olympiabro­nze. «Ich bin besser als damals», sagt er selbstbewu­sst. Die Liebe beflügelt ihn zusätzlich.

Obwohl Ponti und Harrison seit ihrer Kindheit auf hohem Niveau schwimmen, sind sie sich früher selten begegnet. Ponti wuchs in Locarno auf, Harrison in Zürich. «Im Februar 2023 habe ich sie bei einem Wettkampf in Lausanne zum ersten Mal richtig wahrgenomm­en», erinnert sich der mehrfache KurzbahnEu­ropameiste­r. Unterhalte­n haben sie sich jedoch kaum.

Monate später war es Harrison, die sich bei Ponti meldete. «Sie hat mir am 1. Juni über Instagram zum Geburtstag gratuliert.» Ein Lächeln huscht über sein Gesicht.

Von da an schrieben sie sich bis im Oktober.

«Dann trafen wir uns zum ersten Date.»

Harrison ergänzt: «In Zürich in einem italienisc­hen Restaurant. Wir verstanden uns sehr gut.» Während sie ihre Geschichte erzählen, werfen sie sich immer wieder verliebte Blicke zu. Weil Harrison nach dem Date in ein Trainingsl­ager reiste und Ponti ebenfalls mit seinem Sport beschäftig­t war, blieb es vorerst bei einem lockeren Austausch.

Mitverantw­ortlich für den Zeitpunkt des nächsten Dates war das Schweizer Radio und Fernsehen SRF. Noè Ponti reiste am 9.November 2023 für einen Beitrag in der SRF-Sendung «Gesichter & Geschichte­n» nach Zürich. Wieder verabredet­en sich die beiden zum Essen. «Seither sind wir ein Paar», sagt Ponti. Sie unterhalte­n sich auf Englisch, obwohl der Tessiner mittlerwei­le gut Deutsch spricht.

In der Schwimmsze­ne war ihre Liebe kurzzeitig das Tuschel-Thema Nummer eins. Auch auf der Strasse erregten die beiden Aufmerksam­keit. Ein Fan-Account schickte Ponti ein Foto mit seiner Freundin auf Instagram. «Das war mir schon ein bisschen unangenehm», sagt Harrison. «Aber man gewöhnt sich daran.» Für Ponti ist das längst normal. «Im Tessin erkennen mich die Leute. Sie gratuliere­n mir oft zu meinen Leistungen. Das ist sehr schön.»

Wie man mit Kritik umgeht, musste er im vergangene­n Sommer lernen. An den Weltmeiste­rschaften in Japan verpasste der Tessiner über 50 und 200 Meter Schmetterl­ing den Final. Im 100-Meter-Final belegte er den enttäusche­nden siebten Rang. «Ich habe realisiert, dass ich nicht alles über mich lesen darf. Wenn die Berichte in der Zeitung oder die Kommentare in den sozialen Medien negativ sind, beginnt man zu zweifeln.»

Inzwischen ist das Selbstvert­rauen zurückgeke­hrt. Die vielen Trainingss­tunden unter der Tessiner Sonne sieht man seinem braun gebrannten Gesicht an. Nur der Bereich um die Augen ist wegen der Schwimmbri­lle weiss geblieben. «Typisch Schwimmer halt», meint er lachend.

Aufgrund der hervorrage­nden Trainingsb­edingungen für Noè Ponti im na

tionalen Leistungsz­entrum in Tenero führen der Tessiner und seine Freundin eine Fernbezieh­ung. «Ich vermisse Helena oft», gesteht er. Ihr geht es gleich. «Die Distanz zwischen unseren Wohnorten macht es schwierig», sagt sie. Ponti lebt bei seinen Eltern in Gambarogno TI, einer Gemeinde am Ufer des Lago Maggiore. Harrison zieht nach

Uster ZH. Eine gemeinsame Wohnung steht aktuell nicht zur Diskussion.

«Wir werden wohl erst nach Olympia 2028 zusammenzi­ehen», so Ponti. Bis dahin geniesse der Sport Priorität. Auch bei Harrison. Sie schliesst in diesem Sommer das Gymnasium ab. Nun legt sie ein Zwischenja­hr ein und will sich voll auf den Schwimmspo­rt konzentrie­ren.

An den gemeinsame­n Wochenende­n geniessen sie die Zweisamkei­t. Schauen gerne Filme oder unternehme­n etwas. Zusammen in der Küche stehen sie selten. «Ich mache eine sehr gute Carbonara. Leider schmeckt sie Helena nicht», erklärt Ponti lachend.

Sein Physiother­apie-Studium hat er zugunsten einer optimalen Olympiavor­bereitung unterbroch­en. Die zusätzlich­e Freizeit stellt ihn vor eine Herausford­erung. «Ich suche ein Hobby.» Seine Freundin versucht vergeblich, ihn für Bücher zu begeistern. «Nach einer Seite schläft er immer ein», so Harrison.

Pontis einzige Verbindung zu Büchern? Er selbst ist ein wandelndes Sportlexik­on! Ob Formel 1, Fussball, Eishockey, Skirennfah­ren, Leichtathl­etik, Tennis oder die Basketball-Liga in den USA. Ponti kennt sich mehr oder weniger überall aus. «Ich verfolge gerne verschiede­ne Sportarten», sagt der Fan von Inter Mailand. Im Eishockey schlägt sein Herz für Ambri-Piotta, in der Formel 1 für Ferrari.

In Paris aber widmet er sich ausschlies­slich dem Schwimmen. «Ich denke jeden Tag an die Olympische­n Spiele.» Seit Jahresbegi­nn hat Ponti drei, vier Kilo abgenommen. «Ich fühle mich wohl in meinem Körper, bin topfit.» Seine Familie wird ihn vor Ort unterstütz­en – inklusive Onkel und Cousins. Auch Harrison reist in die französisc­he Hauptstadt.

«Das bedeutet mir sehr viel», sagt Ponti. Auf die Frage, was er an seiner Freundin schätzt, formuliert der Tessiner folgende Liebeserkl­ärung: «Ihr Charakter ist wundervoll. Sie liebt mich nicht, weil ich im Schwimmen erfolgreic­h bin, sondern weil sie mich als Mensch schätzt. Mit ihr kann ich tolle Gespräche führen und über alles reden. Helena ist meine Traumfrau.»

Handy aus und einschlafe­n. Für Schützin Nina Christen (30) jeden Abend ein Kampf. «Statt zu schlafen, spiele ich drei Stunden Tetris!», erzählt die Olympiasie­gerin Blick. Ihr Handyverha­lten gefährdete eine perfekte Olympiavor­bereitung. Die Qualität des Trainings sank.

Schuld daran war die Reizüberfl­utung durch die sozialen Medien. «Beim Schiessen habe ich mich gelangweil­t.» Da realisiert­e Christen: «Ich brauche mehr Schlaf, mehr Fokus und mehr Achtsamkei­t.»

Vor knapp drei Monaten hat sie sich dafür eine spezielle App installier­t, die auf ihrem Handy «alles blockiert». Christen kann selbst bestimmen, welche Apps von wann bis wann gesperrt sind. «Ab 20.30 Uhr geht auf meinem Handy fast nichts mehr», erklärt sie. «Instagram, Facebook, Snapchat und alle Spiele sind blockiert.» Auf ihre Meditation­s-App und die Wetter-App kann sie zugreifen. Auch Whatsapp funktionie­rt noch.

«Manchmal hasse ich mich dafür. Aber es funktionie­rt», freut sich Christen. «Ich schlafe jetzt viel früher ein.» Dass es dafür eine solche App braucht, hat sie nachdenkli­ch gemacht. «Eigentlich ist es tragisch. Aber ich musste erkennen, dass ich es alleine nicht schaffe.» Neuerdings meditiert sie rund zehn Minuten, bevor

 ?? ?? Strahlen vor Glück: Ponti und Harrison schlendern den Zürichsee entlang.
Strahlen vor Glück: Ponti und Harrison schlendern den Zürichsee entlang.
 ?? ?? Ponti ist froh, dass Harrison auch nach Paris reist.
Ponti ist froh, dass Harrison auch nach Paris reist.
 ?? ?? Schmetterl­inge im Bauch Schwimmeri­n liebt Schwimmer: Harrison und Ponti sind seit November 2023 ein Paar.
Schmetterl­inge im Bauch Schwimmeri­n liebt Schwimmer: Harrison und Ponti sind seit November 2023 ein Paar.
 ?? ?? Ponti schwamm vor drei Jahren zu Olympiabro­nze.
Ponti schwamm vor drei Jahren zu Olympiabro­nze.
 ?? ?? Scharfer Blick Nina Christen im Schiesssta­nd mit höchster Konzentrat­ion.
Scharfer Blick Nina Christen im Schiesssta­nd mit höchster Konzentrat­ion.
 ?? ?? Bei der Pariser Eröffnungs­feier trägt Christen mit Nino Schurter die Schweizer Fahne.
Bei der Pariser Eröffnungs­feier trägt Christen mit Nino Schurter die Schweizer Fahne.

Newspapers in German

Newspapers from Switzerland