Leserstimmen zum Bildungsgesetz
Am 22. September stimmen wir im Kanton Zürich über eine Änderung des Bildungsgesetzes ab, das Stipendien für junge Geflüchtete regelt. Die SVP ist dagegen, wie Christoph Blocher in einem Streitgespräch auch in der NZZ erläuterte («Die SVP will das Ende der humanitären Schweiz!», NZZ 3. 9. 24).
Die SVP spricht fälschlicherweise von «Gratisstudium». Ein Stipendium bedeutet aber kein Gratisstudium, sondern einen Beitrag an die Lebenskosten. Der Staat hilft, damit auch ärmere Menschen sich eine Ausbildung leisten können. Dabei geht es mehrheitlich um Stipendien für eine Berufslehre.
Lehrlinge, die ein Stipendium bekommen, finanzieren einen Anteil der Kosten mit ihrem Lehrlingslohn selbst. Die SVP spricht zudem fälschlicherweise von «abgewiesenen Asylanten».
Die Vorlage betrifft aber vorläufig Aufgenommene. Das sind Personen, meist aus Kriegsländern, die rechtmässig in der Schweiz leben dürfen. Sie sind berechtigt, hier zu leben und zu arbeiten. Ihre Rückkehr ins Herkunftsland ist gemäss geltender Schweizer Gesetzgebung als unzumutbar, unzulässig oder unmöglich beurteilt worden.
Falsch ist auch das Wort «Asylanten». «Asylant» wird gemäss Duden heute als eine herabwürdigende Bezeichnung verstanden. Fazit: Die vier Wörter des SVPSlogans sind alle falsch.
In der Argumentation der SVP kommt hingegen nicht vor, dass KMU, die Lehrlinge suchen, und die Gemeinden, die Sozialkosten einsparen, von einer Förderung der Ausbildung profitieren. Wer an die KMU und die Gemeinden denkt, sagt darum Ja zum geänderten Bildungsgesetz.
Zudem muss eine geflüchtete Person in einer Ausbildung genauso viel leisten wie alle anderen, am Arbeitsplatz, in der Berufsschule oder auch in einer höheren Fachschule.
Catherine Aubert Barry, Zürich
Heute können vorläufig aufgenommene Ausländer (Ausweis F) frühestens nach fünf Jahren Aufenthalt in der Schweiz Stipendien beantragen. Bei dieser Personengruppe handelt es sich um geflüchtete Menschen, deren Asylgesuch abgelehnt wurde, die jedoch nicht ausgewiesen werden können, weil sie beispielsweise wegen Krieg in Gefahr sind.
Zwar besteht die Absicht, dass die vorläufig Aufgenommenen zurückreisen müssen, wenn sich die Situation in ihrem Heimatland ändert. Doch zeigt die Realität, dass ein Grossteil von ihnen in der Schweiz bleibt. Angestrebt wird, dass sich zwei Drittel der 16- bis 25-Jährigen fünf Jahre nach der Einreise in einer beruflichen Grundbildung befinden.
Aufgrund der Fördermassnahmen sind einige früher für eine Berufslehre bereit. Die Wartefrist stellt eine unnötige zeitliche Hürde dar. Diese Menschen sind dann von den Sozialhilfegeldern abhängig, oder sie leben von der Arbeit in Tieflohnbranchen. Insbesondere im ersten Jahr nach dem Wegfall der Wartefrist ist zwar mit höheren
Kosten zu rechnen, neue Ansprüche auf Stipendien kommen aber nicht hinzu. Bildung ist die beste Form der Hilfe zur Selbsthilfe. Deshalb Ja zur Änderung des Bildungsgesetzes.
Marzena Kopp, Kantonsrätin Die Mitte, Meilen