Neue Zürcher Zeitung (V)

Schüsse vor israelisch­em Konsulat in München

Die Behörden gehen von einem versuchten Terroransc­hlag aus

- NATHAN GIWERZEW, BERLIN ELENA OBERHOLZER, ELENA PANAGIOTID­IS

Im Stadtzentr­um von München ist es am Donnerstag­morgen zu einem Schusswech­sel gekommen. Laut Angaben der Polizei hat ein Mann mit einem Gewehr auf Polizisten geschossen, woraufhin diese das Feuer erwiderten. Der Täter sei seinen Verletzung­en erlegen, teilten die Behörden später mit. Nach Angaben des bayrischen Innenminis­ters Joachim Herrmann hatte der Täter einen Terroransc­hlag auf das israelisch­e Generalkon­sulat geplant. Auch die Polizei teilte mit, man gehe zum jetzigen Zeitpunkt «von einem terroristi­schen Anschlag auch mit Bezug zum Generalkon­sulat des Staates Israel aus». Der Vorfall ereignete sich in der Maxvorstad­t in München, in der Nähe des NS-Dokumentat­ionszentru­ms und des israelisch­en Konsulats.

Bei dem Täter handelt es sich nach den jüngsten Erkenntnis­sen um einen 18-jährigen Mann aus Österreich. Laut Informatio­nen der Nachrichte­nagentur DPA lebte der Täter mit seinen Eltern in Neumarkt im Salzburger Land. Nach Angaben der Salzburger Polizei war im Vorjahr gegen den Mann ermittelt worden. Man habe ihn verdächtig­t, sich religiös radikalisi­ert und für Waffen und Sprengstof­f interessie­rt zu haben.

Als Islamist bekannt

Das österreich­ische Innenminis­terium bestätigte gegenüber «Zeit Online» und der «SZ» Berichte, wonach der Schütze den Behörden als mutmasslic­her Islamist bekannt ist. Laut Informatio­nen der österreich­ischen Nachrichte­nagentur APA ist Propaganda der Terrororga­nisation Islamische­r Staat auf dem Mobiltelef­on des Täters gefunden worden. Die Ermittlung­en waren jedoch voriges Jahr eingestell­t worden. Am Donnerstag durchsucht­en Polizisten die Wohnung der Eltern des Täters in Österreich.

Jahrestag des Attentats 1972

Am Donnerstag war der Jahrestag des Olympia-Attentats von 1972. Linksextre­me palästinen­sische Terroriste­n der Gruppe «Schwarzer September» hatten damals elf israelisch­e Teilnehmer der Sommerspie­le als Geiseln genommen. Alle Israeli waren ermordet worden. Laut Bayerns Innenminis­ter Herrmann liegt es «wegen des Tatorts in der Nähe des NS-Dokumentat­ionszentru­ms und des israelisch­en Generalkon­sulats» auf der Hand, dass es «womöglich einen Zusammenha­ng geben könnte».

Das Münchner Konsulat war am Donnerstag­morgen nicht besetzt. Die Angestellt­en seien wegen des Gedenkens an die Opfer von 1972 nicht vor Ort gewesen, sagte die israelisch­e Generalkon­sulin für Süddeutsch­land,Talya Lador-Fresher. Der versuchte Terroransc­hlag zeige, «wie gefährlich der Anstieg des Antisemiti­smus» sei, sagte Lador-Fresher.

Seit dem terroristi­schen Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 hat sich die Bedrohungs­lage für jüdische Einrichtun­gen verschärft. Die Polizei verzeichne­te mehrere Versuche von Anschlägen auf Synagogen. So etwa am 18. Oktober, als Unbekannte Molotowcoc­ktails auf das Haus der jüdischen Gemeinde Adass Jisroel in Berlin warfen. Bundesweit sind politisch motivierte Straftaten im Kontext des Nahostkonf­likts im vergangene­n Jahr auf 4369 Fälle gestiegen (2022: 61 Fälle).

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