Die Jungsozialisten haben erreicht, was sie wollen
Die Jungpartei der Schweizer Sozialdemokraten hat sich verändert. Konnte es sich der damalige Máximo Líder, Cédric Wermuth, noch leisten, wie Che Guevara zu posieren, drehten sich die Vorzeichen danach auf weiblich und divers. Der kürzlich zurückgetretene Juso-Präsident Nicola Siegrist sagt: «Die meisten unserer aktiven Mitglieder sind queer.» An Sitzungen müssen sich alle Mitglieder mit ihrem Pronomen vorstellen, und an jeder Versammlung sollte es mindestens einen Schutzraum für alle geben, die sich aus irgendwelchen Gründen gerade unwohl fühlen.
Weniger empfindsam sind die Partei und ihre Mitglieder, wenn es darum geht, den politischen Feind zu attackieren. Und die Feindeslinie beginnt in der Mitte der Sozialdemokratie und zieht sich bis an den politischen rechten Rand der Schweiz. Von der neuen Juso-Präsidentin, Mirjam Hostetmann, stammt der Satz: «Es wird Zeit, dass steuerkriminelle Familienclans wie der von Spuhler nach den Regeln des Gesetzes spielen müssen. Wir dürfen uns nicht in Geiselhaft nehmen lassen, unser Anliegen ist rechtens. Die Profiteur*innen der Klimakrise sollen bezahlen.»
Hintergrund war ein Interview des Unternehmers, in dem er vor den Folgen der jüngsten Erbschaftsinitiative
der Jungsozialisten warnte. Das Begehren fordert eine Erbschaftssteuer von 50 Prozent ab einem Vermögen von 50 Millionen Franken. Industrielle wie Spuhler, die ihr ganzes Geld in die eigenen Unternehmen investiert haben, müssten Firmen verkaufen, um die Steuern bezahlen zu können. Und weil die Initiative am Tag der Annahme in Kraft treten soll, drohen Betroffene bereits heute mit Wegzug. Das ist es, was die woke Jungpräsidentin meint, wenn sie von Geiselhaft spricht und Peter Spuhlers Familie als kriminellen Clan bezeichnet. Und selbstverständlich hat sie sich für diese Ungeheuerlichkeit nie entschuldigt.
Wieso auch? Die Juso haben alles erreicht, was sie wollten. Wieder einmal haben sie durch die Ankündigung einer radikalen Initiative so viel Angst und Schrecken verbreitet, dass sich früh eine bürgerliche Gegeninitiative formierte. Denn die Saat der aggressiven Jungpartei geht langsam auf. Auch die vorhergehende Initiative, die verlangte, dass Erbschaften ab 2 Millionen Franken zugunsten der AHV zu besteuern seien, hatte ihren Schatten voraus geworfen. Doch weil fast jeder Einfamilienhausbesitzer betroffen gewesen wäre, wurde das Begehren 2015 mit 71 Prozent Nein-Stimmen abgelehnt.
Umgekehrt heisst das, dass fast jeder Dritte der Initiative zustimmte. Und seither hat sich die Stimmung der Bevölkerung unter den Auswirkungen der Inflation nochmals verändert. Ein Ja an der Urne ist nicht zuletzt dank dem Ständemehr unwahrscheinlich, doch das Schweizer Stimmvolk ist etwas unberechenbar geworden. Bereits das ist ein kleiner Sieg für die Juso. Denn der Partei geht es um den öffentlichen Diskurs. Bereits rufen die Grünen nach einer Sondersteuer für Luxusgüter, die SP bietet «Hand für eine Alternative», und die Zeitungen von Tamedia kommentieren: «Reiche stärker besteuern: Diese Diskussion müssen wir führen.» Im Safe-Space der Juso-Zentrale dürften die Champagnerkorken geknallt haben.
Die Taktik des SP-Nachwuchses ist wieder einmal aufgegangen. Nicht mehr die bürgerlichen Parteien und die Verbände prägen die Debatte in der Wirtschaftspolitik, sondern die radikale Linke. Die Kreise, die das Geld verdienen, das die Sozialisten dann ausgeben wollen, sollen zu Getriebenen werden und nur noch reagieren können. Wie man diesen irren Kreislauf stoppen könnte, hat der Abwehrkampf gegen die Prämienentlastungsinitiative der SP gezeigt. Unter der Federführung der FDP haben die Gegner den Bürgerinnen und Bürgern vorgerechnet, was die Krankenkassensubventionen jeden Haushalt kosten würden, 1200 Franken im Jahr. Mit Fakten gegen Wunschdenken. Das Resultat dieser No-nonsense-Kampagne: ein solides Nein an der Urne.
Das Schweizer Stimmvolk ist etwas unberechenbar geworden. Bereits das ist ein kleiner Sieg für die Juso.