Rot-Grün unterstützt umstrittenes Hilfswerk in Gaza
Zürichs Stadtparlament spricht «substanziellen Beitrag» für UNRWA
Das Uno-Hilfswerk für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA) ist höchst umstritten. Kritiker sagen, es sei von Terroristen unterwandert. Nach dem Massaker vom 7. Oktober haben verschiedene Länder ihre Spendenzahlungen eingestellt oder reduziert. Wie die Schweiz – bis anhin eine der wichtigsten Geldgeberinnen der UNRWA – in der Angelegenheit verfahren wird, ist noch nicht entschieden. Der Bund will seinen Beitrag für die Hilfsorganisation von 20 Millionen Franken um die Hälfte reduzieren. Sämtliche Gelder zu streichen, hält die Regierung in Bern nicht für zielführend, es würde die Region nur zusätzlich destabilisieren. Die zuständigen Kommissionen im National- und im Ständerat stehen hinter dem Vorschlag. Das Geld dürfe aber nur in Gaza und ausschliesslich für dringlichste Bedürfnisse eingesetzt werden.
Für die linken Parteien des Zürcher Stadtparlaments ist klar: Wenn der Bund nur 10 Millionen Franken zur Verfügung stellt, muss die Limmatstadt einspringen. In einem Vorstoss fordern die Gemeinderatsmitglieder Severin Meier (SP), Selina Walgis (Grüne) und Tanja Maag Sturzenegger (AL), der Stadtrat müsse angesichts der humanitären Lage in Gaza und der drohenden Hungersnot einen «substanziellen Beitrag» an das Uno-Hilfswerk prüfen. Das Stadtparlament hat den Vorstoss am Mittwoch mit 58 Ja zu 47 Nein-Stimmen an den Stadtrat überwiesen. 5 Parlamentarier enthielten sich. «Es geht um humanitäre Hilfe, nicht um den Nahen Osten», sagte Meier, bevor er die Terrorangriffe der Hamas und «die Verletzungen des humanitären Völkerrechts seither durch Israel» verurteilte. Die Stadt Zürich könne zwar weder den Terror der Hamas beenden noch die Einhaltung des Völkerrechts im Kriegsgebiet sicherstellen, ist im Postulat zu lesen. Sie könne aber einen Beitrag leisten, um die humanitäre Not zu lindern.
«Das ist keine Parteinahme»
Es sei verheerend, dass die Schweiz voraussichtlich nur einen Teil des ursprünglich versprochenen Geldes an die UNRWA ausbezahlen werde. Insbesondere in Gaza sei das Hilfswerk unersetzlich. Dies habe die Genfer Stadtregierung bereits erkannt, und sie habe vom Parlament einen Beitrag von 500 000 Franken für die UNRWA bewilligt erhalten. Alternativ könne die Stadt auch andere internationale Organisationen mit den notwendigen Kapazitäten berücksichtigen, sagte Meier. Allerdings sei das Uno-Hilfswerk das einzige, welches über diese Kapazitäten in Gaza verfüge.
Stadtpräsidentin Corine Mauch (SP) hielt am Mittwochabend im Stadtparlament fest, Zürich habe im Januar bereits je 100 000 Franken zur Unterstützung der israelischen und der palästinensischen Bevölkerung gespendet. In Gaza herrsche ein unbeschreibliches Elend. «Das ist eine Feststellung, keine Parteinahme.» Es gelte, Antisemitismus und Islamophobie entschieden entgegenzutreten.
Stefan Urech (SVP) störte sich an «dieser moralischen Gleichstellung» von Antisemitismus und Islamophobie. Er bezweifle zudem, dass in Zürich antiislamische Tendenzen in gleicher Weise zugenommen hätten wie antijüdische. In Zürich wimmle es von antiisraelischen und antizionistischen Sprayereien.
Die Autoren des Vorstosses würden Medienarbeit für die Hamas leisten, sagte Urech. So stamme die Zahl bereits verhungerter Kinder in Gaza nämlich vom palästinensischen Gesundheitsministerium, also der Hamas. «Wenn eine Information ins Weltbild passen muss, dann ist egal, woher sie kommt.»
Andere Organisation begünstigen
Vor allem aber der Fokus der Linken auf das umstrittene Uno-Hilfswerk in Gaza sorgte bei den Bürgerlichen für Empörung. Die UNRWA sei nicht Teil der Lösung in Gaza, sondern Teil des Problems, sagte Ronny Siev (GLP). Wenn, dann solle die Stadt eine andere Organisation begünstigen, etwa das World Food Programme. «Mitarbeitende der Organisation haben die Massaker der Hamas gefeiert, die grosse Mehrheit der Hamas-Terroristen sind in UNRWA-Schulen ausgebildet worden», sagte Siev. Dass die jüdische Bevölkerung der Stadt Zürich diese nun mit ihren Steuergeldern unterstützen solle, sei «der Gipfel der Perversion».
Bereits vor den Massakern der Hamas am 7. Oktober 2023 gab es Kritik an der UNRWA. Wegen des Vorwurfs, UNRWA-Mitarbeitende seien an der Gewalt beteiligt gewesen oder seien Mitglieder der Terrororganisation, hat die Uno einen unabhängigen Expertenbericht erstellen lassen. Dieser hat das Hilfswerk zwar mangels Beweisen entlastet. Alle Zweifel vermochte der Bericht allerdings nicht zu zerstreuen. So stellten die Experten beispielsweise fest, dass der Jihad in Schulbüchern der UNRWA glorifiziert dargestellt werde und Israel auf den Landkarten fehle. Dominik Waser (Grüne) gestand ein, dass das Palästinenserhilfswerk der Uno «nicht perfekt ist». Das sei aber kein Grund, der Organisation kein Geld zu spenden. Denn ohne Geld gehe in Gaza derzeit nicht viel.
Der FDP-Fraktionspräsident Michael Schmid nannte die ursprüngliche Formulierung der Linken eine Machtanmassung. Mitnichten gehe es der Linken um humanitäre Hilfe, sondern um Aussenpolitik, sagte er. Es gehe nicht an, dass die Stadt Zürich die Schweizer Aussenpolitik übersteuern wolle. Durch den Verweis auf die auf Bundesebene geführte Debatte um die UNRWA-Beiträge versuche Rot-Grün aber genau das.
Bildungssystem, das Hass schürt
Die GLP schlug denn auch vor, die UNRWA aus dem Vorstoss zu streichen. Die Stadt solle den Bund in Sachen Entwicklungshilfe nämlich nicht ersetzen, sondern sich ihm anschliessen. Der Antrag blieb chancenlos. Die FDP und die Mitte/EVP-Fraktion wären mit dieser Anpassung zu einer Zustimmung zum Postulat zu bewegen gewesen. Ohne Anpassung wäre es «ein Affront gegen die jüdische Bevölkerung Zürichs», sagte Marita Verbali (FDP). Es gehe nicht an, Steuergelder für ein Bildungssystem aufzuwenden, das Hass schüre.
Israel als liberalen, demokratischen Staat darzustellen, sei angesichts der «Apartheid» in den palästinensischen Gebieten und der «rechtsradikalen Regierung» in Jerusalem mehr als fraglich, hielt Moritz Bögli (AL) den Bürgerlichen entgegen. Es gehe bei dem Vorstoss aber nicht um Schuldzuweisung, sondern darum, ein absolutes Minimum an Solidarität zu leisten und ein Zeichen der Menschlichkeit zu setzen. Zürich müsse zeigen, «dass uns das Elend und der Hunger in Gaza nicht egal sind».