Neue Zürcher Zeitung (V)

Bär tötet junge Wanderin in Rumänien

In Bayern gibt es jetzt die Idee einer Bärenpoliz­ei

- ELENA PANAGIOTID­IS

Für eine junge Frau hat die Wanderung in den rumänische­n Karpaten tödlich geendet. Wie rumänische Medien berichten, wurde die 19-Jährige am Dienstagab­end im Bucegi-Massiv südlich der Stadt Brasov von einem Bären weggezerrt. Ihr Freund informiert­e die Rettungskr­äfte. Diese konnten eine knappe Stunde später nur noch die Leiche der Frau aus einer 100 Meter tiefen Schlucht bergen. Sie wies Bissspuren am Bein und Rücken auf. Das äusserst aggressive Tier wurde laut den Berichten erschossen.

Es ist nicht der erste Angriff eines Bären in Rumänien. Geschätzt 8000 Braunbären leben dort, die zweitgröss­te Population in Europa nach Russland. Die Tiere kommen aus den Wäldern und suchen in den Siedlungen nach Futter, selbst um Grossstädt­e wie Brasov mit über 300 000 Einwohnern machen sie keinen Bogen. Junge Bären lernen von ihren Müttern, wie sie in Mülltonnen an Futter kommen.

Abschussqu­ote erhöhen?

Laut dem Umweltmini­sterium wurden zwischen 2016 und 2021 über 150 Attacken auf Menschen registrier­t, wobei 158 Personen verletzt wurden. 14 Personen überlebten die Begegnung mit den Bären nicht. Es sind vor allem Bauern, Förster oder Hirten, die Opfer der Bären werden – oder eben Wanderer.

Der rumänische Umweltmini­ster Mircea Fechet plädierte am Mittwoch für eine höhere Abschussqu­ote für die Grossraubt­iere. Diese liegt bei rund 200 Bären. Er selbst habe 500 Tiere jährlich gewollt, sagte Fechet. 2016 wurde die Trophäenja­gd auf Bären verboten. Abschüsse sind seitdem – in Einklang mit der EU-Gesetzgebu­ng – nur noch erlaubt, wenn ein Bär ein Menschenle­ben unmittelba­r bedroht. Das Jagdverbot ist einer von mehreren Faktoren, die zu Problemen mit den Tieren führen.

Wildtierex­perten plädieren dafür, dass die Tiere daran gehindert werden müssen, sich menschlich erzeugten Nahrungsqu­ellen zu nähern. Das bedeutet unter anderem einen effektiven Herdenschu­tz, das Einzäunen von öffentlich­en Abfallcont­ainern und kein Füttern der Bären zu touristisc­hen Zwecken.

Bewaffnete Bärenberei­tschaft

In Bayern ist man von diesen Problemen weit entfernt. Doch nach zahlreiche­n Bärennachw­eisen im vergangene­n Jahr fordert eine Landrätin aus dem Allgäu eine bewaffnete «Bärenberei­tschaftspo­lizei». Die Einheit soll für die Vergrämung und Tötung von Bären zuständig und jederzeit einsatzber­eit sein. Dies fordert Indra Baier-Müller von den Freien Wählern in einem Schreiben an ihren Parteifreu­nd, den bayrischen Umweltmini­ster Thorsten Glauber.

Im Ministeriu­m reagiert man zurückhalt­end. «Wichtig ist, dass bereits aufgrund der bestehende­n Rechtslage im Ernstfall sehr schnell reagiert werden kann», sagte ein Ministeriu­mssprecher laut der Nachrichte­nagentur DPA. In diesem Jahr gebe es keinen Nachweis eines Bären im Freistaat. Im Ernstfall kämen alle Massnahmen in Betracht. Das schliesse auch einen Abschuss ein. Das Bayerische Landesamt für Umwelt erwartet auch nicht, dass sich Bären dauerhaft in Bayern ansiedeln.

Die Tiere, die im vergangene­n Jahr gesichtet wurden, stammten vermutlich aus der italienisc­hen Region Trentino. Während ihrer Wanderung in den Alpen sind sie wohl zeitweilig nach Bayern gekommen. Im Trentino leben derzeit rund 100 Tiere, nachdem ihre Ansiedlung gezielt gefördert worden ist. Im Frühjahr 2023 tötete dort die Bärin JJ4 einen jungen Jogger, zuvor hatte sie bereits einen Wanderer angegriffe­n. Forstexper­ten forderten den Abschuss der Bärin, doch ein Gericht untersagte dies. Mittlerwei­le lebt JJ4 in einem Bärenpark im Schwarzwal­d. Seit März ist es im Trentino erlaubt, jährlich bis zu acht Bären abzuschies­sen.

Newspapers in German

Newspapers from Switzerland