Neue Zürcher Zeitung (V)

Australien bezichtigt China des Hackens

Canberras Cyberabweh­r warnt vor globaler Bedrohung – trotz jüngst verbessert­en Beziehunge­n zu Peking

- PATRICK ZOLL, TAIPEH

Eine Gruppe von Hackern namens APT40 bedrohe im Auftrag der chinesisch­en Regierung australisc­he Netzwerke, schreibt das Australian Signals Directorat­e, das für die staatliche Cyberabweh­r zuständig ist. Konkret nennt Canberra das chinesisch­e Ministeriu­m für Staatssich­erheit als Auftraggeb­er.

Dass die australisc­he Regierung China öffentlich wegen Cyberattac­ken kritisiert, ist ungewöhnli­ch. Verstärkt wird der Vorwurf dadurch, dass die Warnung mitgetrage­n wird von den zuständige­n Behörden in sieben weiteren Ländern, darunter die USA und Deutschlan­d. Die vom chinesisch­en Staat gesponsert­e Hackergrup­pe habe Organisati­onen in verschiede­nen Ländern angegriffe­n, heisst es in dem Bericht. Die Bedrohung sei global.

Die australisc­he Regierung spreche solche Warnungen nicht leichtfert­ig aus, sagt Malcolm Davis vom Australian Strategic Policy Institute (Aspi), einer Denkfabrik, die dem Verteidigu­ngsministe­rium nahesteht. «Das Ziel der Warnung ist einerseits Abschrecku­ng – obwohl wir wissen, dass China kaum von Cyberattac­ken ablässt», sagt Davis. «Anderersei­ts soll die Warnung Unternehme­n und Organisati­onen daran erinnern, sich gegen Angriffe zu schützen. So kann wenigstens der potenziell­e Schaden reduziert werden.»

Beziehunge­n jüngst verbessert

Der öffentlich vorgetrage­ne Vorwurf an China kommt zu einem heiklen Zeitpunkt. Seit ihrem Amtsantrit­t vor zwei Jahren versucht die Labor-Regierung des Premiermin­isters Anthony Albanese, die Beziehunge­n zu Peking zu normalisie­ren. Unter seinem Vorgänger Scott Morrison waren sie äusserst angespannt; Peking hatte eine breite Palette australisc­her Produkte mit Strafzölle­n oder Importverb­oten belegt. Als Zeichen der Annäherung weilte erst im Juni der chinesisch­e Ministerpr­äsident Li Qiang, die Nummer zwei in der Pekinger Machthiera­rchie, zu einem viertägige­n Besuch in Australien.

Für Davis zeigt die Warnung vor chinesisch­en Cyberattac­ken, die seit über zehn Jahren regelmässi­g vorkämen, dass es Grenzen gibt in der Normalisie­rung der Beziehunge­n: «Es gibt Bereiche, in denen wir gemeinsame Interessen haben und zusammenar­beiten können, so beim Handel. Doch staatliche­s Hacking ist ein aggressive­r Akt, und so ist es richtig, dass die Regierung dies anprangert.» China verhalte sich nicht wie ein Partner oder ein verantwort­ungsvoller Staat. Das zeige auch sein unnachgieb­iges Verhalten im Südchinesi­schen Meer oder gegenüber Taiwan.

Die Veröffentl­ichung der Anschuldig­ungen gegen APT40 liege trotz der Bemühungen um eine Normalisie­rung der Beziehunge­n zu China im nationalen Interesse, sagte die australisc­he Aussenmini­sterin Penny Wong laut der «Financial Times». Die Regierung habe immer darauf bestanden, dass sie mit China zusammenar­beiten wolle, ohne aber Kompromiss­e in Bereichen einzugehen, die für Australien wichtig seien.

Peking reagiert empört

Auf die australisc­he Warnung angesproch­en, sagte ein Sprecher des chinesisch­en Aussenmini­steriums in Peking: «Wir sind entschiede­n gegen solche wiederholt­en Hypes über sogenannte ‹chinesisch­e Cyberangri­ffe›, die darauf abzielen, China in Sachen Cybersiche­rheit zu verleumden und in ein schlechtes Licht zu rücken.» Für den Bericht verantwort­lich machte er aber nicht die australisc­he, sondern die amerikanis­che Regierung. Die USA stünden hinter einer globalen Desinforma­tionskampa­gne und seien die grösste Bedrohung für die globale Cybersiche­rheit.

Immer wieder warnen westliche Länder vor staatlich gesponsert­en chinesisch­en Hackern. Im März erhob das amerikanis­che Justizmini­sterium Anklage gegen sieben Mitglieder von APT31, einer anderen Hackergrup­pe, die im Auftrag der chinesisch­en Staatssich­erheit arbeiten soll. Britische Behörden beschuldig­ten chinesisch­e Hacker der Cyberattac­ken gegen die britische Wahlbehörd­e und verschiede­ne Parlamenta­rier.

Chinas Hackerangr­iffe gegen westliche Länder reihten sich ein in die grossen geopolitis­chen Differenze­n, sagt Davis: «Chinas Verhalten im Südchinesi­schen Meer, gegenüber Taiwan oder seine Unterstütz­ung für den russischen Krieg in der Ukraine verhindern, dass Australien und China eine wirkliche Partnersch­aft aufbauen können. Doch dafür ist allein Peking verantwort­lich.»

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