Mann vergeht sich an seiner Tochter und deren Freundin
Serbischer Familienvater wegen sexueller Übergriffe zu einer Freiheitsstrafe von 5 Jahren sowie 10 Jahren Landesverweis verurteilt
Es war um 2 Uhr 30 nachts, als ein 10-jähriges Mädchen im Pyjama, barfuss und in Panik aus einer Wohnung im Zürcher Unterland flüchtete und 50 0 Meter in der Dunkelheit zu seinem Elternhaus rannte. Das Mädchen hatte bei einer gleichaltrigen Freundin übernachtet, ausser den beiden befand sich nur noch deren Vater in der Wohnung. Zu Hause erzählte das Kind, es sei vom Vater der Freundin vergewaltigt worden. Das Mädchen wurde zeitnah im Kinderspital untersucht. Ein Abstrich förderte ein inkomplettes Y-DNA-Profil zutage, dass mit jenem des Angeschuldigten übereinstimmte.
Der Mann, ein serbischer Handwerker Mitte 50, wurde verhaftet. Im Laufe der Strafuntersuchung erzählte auch dessen Tochter, sie sei über Jahre mehrfach vom Vater vergewaltigt worden. Aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes werden hier weitere Details zu den Involvierten nicht näher genannt.
Die Staatsanwaltschaft I für schwere Gewaltdelikte hat den Familienvater wegen mehrfacher sexueller Handlungen mit einem Kind, mehrfacher sexueller Nötigung, mehrfacher Vergewaltigung und mehrfachen Inzests angeklagt. In der Anklage steht, dass sich der Beschuldigte in jener Nacht zwischen die beiden Mädchen ins Bett legte. Er soll das Nachbarmädchen anal penetriert haben, während die Tochter schlief. Unter dem Vorwand, auf das WC zu müssen, konnte das Opfer aus der Wohnung fliehen.
Fünfmal sexuell missbraucht
In einem zweiten Dossier wird dem Beschuldigten vorgeworfen, seine Tochter, als sie zwischen 8 und 10 Jahre alt war, mindestens fünfmal sexuell missbraucht und vergewaltigt zu haben. Im Prozess vor dem Bezirksgericht Bülach bestreitet der Beschuldigte sämtliche Vorwürfe. Es handle sich um ein Komplott seiner Ehefrau, von der er sich inzwischen getrennt hat. Sie habe die beiden Mädchen zu Falschaussagen angestiftet.
Der Staatsanwalt beantragt eine Freiheitsstrafe von 5 Jahren, die Anordnung eines lebenslänglichen Tätigkeitsverbots im Kontakt mit Minderjährigen und 10 Jahre Landesverweis. Von der Schuld des Serben in Bezug auf das Nachbarmädchen ist der Ankläger aufgrund der Beweise und der «eindrücklichen und detaillierten Aussagen» des Mädchens überzeugt. Die Straftaten gegenüber der Tochter habe er aber nur «in dubio pro duriore» angeklagt, räumt der Staatsanwalt ein. Dort fehlten nämlich objektive Beweismittel, und es sei auffällig, wie detailarm die Aussagen der Tochter seien.
Die Verteidigerin plädiert auf einen vollumfänglichen Freispruch. Für 318 Tage ungerechtfertigte Haft seien dem Beschuldigten 63 600 Franken zu vergüten und er sei sofort aus der Haft zu entlassen. Bei der ärztlichen Untersuchung im Kinderspital seien am Nachbarsmädchen keine frischen Verletzungen festgestellt worden und das inkomplette DNA-Profil sei nur an einer einzigen Stelle gefunden worden.
Das Mädchen habe im Bett geschlafen, das normalerweise von einem Sohn des Beschuldigten benützt werde. Dieser habe dasselbe Y-Chromosom wie der Vater. Es sei deshalb nicht auszuschliessen, dass von der Bettwäsche DNA des Sohnes auf das Mädchen übertragen worden sein könnte, referiert sie. Die Aussagen der beiden Mädchen seien zudem schlichtweg unbrauchbar. Was wirklich geschehen sei, wisse das Gericht nicht, deshalb müsse es den Beschuldigten «in dubio pro reo» freisprechen.
Aussagen sind glaubhaft
Die drei zuständigen Richterinnen folgen in allen Punkten den Anträgen des Staatsanwalts; also 5 Jahre Freiheitsstrafe, lebenslängliches Tätigkeitsverbot und 10 Jahre Landesverweis. Die Tochter erhält 40 000 Franken, das Nachbarsmädchen 10 000 Franken Genugtuung zugesprochen. Die Einvernahmen der Mädchen seien verwertbar. Es sei ausgeschlossen, dass die DNA-Spur am Anus von der Bettwäsche stamme, befinden sie. Das Kind habe nicht nur eine kurze PyjamaHose, sondern auch eine Unterhose getragen. Es sei zudem höchst unwahrscheinlich, dass ein Kind mitten in der Nacht durch die dunkle Nacht renne, wenn nicht etwas Schlimmes passiert sei, begründet die vorsitzende Richterin. Es gebe überhaupt keinen Grund, weshalb sich das Nachbarsmädchen und deren Eltern an einem Komplott der Ehefrau beteiligen sollten. Die Aussagen der Tochter seien durchaus glaubhaft. Dass sie in ihren Schilderungen eher vage bleibe, könne ein Schutzmechanismus sein.
Der Beschuldigte bleibt in Sicherheitshaft. Diese ist bis Dezember verlängert worden.
Urteil DG240 012 vom 26. 6. 2024, noch nicht rechtskräftig.