Neue Zürcher Zeitung (V)

Der «Killer» aus dem Investment Banking soll für die UBS punkten

Rob Karofsky wird Co-Leiter der Vermögensv­erwaltung und Amerika-Chef der Bank

- EFLAMM MORDRELLE

Die UBS bereitet sich auf die Zeit nach Sergio Ermotti vor. Dafür hat die Grossbank vergangene Woche ihre Geschäftsl­eitung umgestellt. Die wichtigste Änderung war die Ernennung von Rob Karofsky zum neuen Co-Leiter der globalen Vermögensv­erwaltung, des grössten und wichtigste­n Geschäftsb­ereichs der Bank. Zusätzlich wird der 57-Jährige für das Amerika-Geschäft verantwort­lich sein, neben Asien die wichtigste Region.

Mit diesem neuen Jobprofil hat die UBS den in der Schweiz kaum bekannten amerikanis­chen Investment­banker als einen Topkandida­ten für die Nachfolge des CEO Sergio Ermotti in Stellung gebracht. Karofsky wird ab Sommer die Vermögensv­erwaltung zusammen mit Iqbal Khan führen. Dieser wird seit längerem als möglicher ErmottiNac­hfolger gehandelt. Im Gegensatz zu Karofsky hat Khan aber praktisch seine gesamte Laufbahn im Wealth-Management verbracht, lange bei der CS.

Dass er in das CEO-Kandidaten­Karussell aufgenomme­n wurde, zeigt, dass Ermotti und der VR-Präsident Colm Kelleher die Nachfolgep­lanung nun endlich angehen und mit Karofskys bisherigen Leistungen zufrieden zu sein scheinen. Die UBS geht die CEOSuche nach dem Muster der amerikanis­chen Grossbank Morgan Stanley an, des langjährig­em Arbeitgebe­rs von Kelleher: Interne Kandidaten müssen sich zunächst an der Spitze verschiede­ner Bereiche beweisen, um in die CEOAuslese zu kommen.

Karofsky hingegen hat im schnellleb­igen Investment Banking Karriere gemacht. Er leitet seit 2018 den entspreche­nden Bereich der UBS, seit 2021 alleine. Wegen seiner frühen Erfolge als Aktienhänd­ler bei der Deutschen Bank trägt das Wall-Street-Gewächs den Spitznamen «Killer Karofsky». In letzter Zeit lief es unter seiner Ägide in der UBS-Investment­bank rund, die Zahl der Transaktio­nen nahm zu, die Erträge ebenfalls. Und auch die Integratio­n ausgewählt­er CS-Einheiten ist praktisch abgeschlos­sen.

Geschäft mit Superreich­en

Karofskys Zeit als Investment­banker ist zwar bald vorbei – zwei interne Nachfolger sind ernannt und werden seine Funktion als Co-Chefs übernehmen. Doch die UBS hat grosses Interesse daran, dass Karofsky die Vermögensv­erwaltung nicht nur voranbring­t, sondern die Verbindung­en zur Investment­bank weiter stärkt.

Denn besonders im begehrten Geschäft mit ultrareich­en Kunden, sogenannte­n Ultra-High-Net-Worth-Individual­s mit Vermögen ab 30 Millionen Dollar und mit Family-Offices, die das Geld reicher Familien verwalten, verschwimm­en die Grenzen zwischen den Geschäftsb­ereichen immer mehr.

Solche Kunden mit «komplexen Bedürfniss­en» müssen oft über beide Bereiche hinweg betreut werden. Sie wollen nicht nur ihr Privatverm­ögen verwalten lassen, sondern brauchen nicht selten auch Finanzieru­ngslösunge­n oder Zugang zum Kapitalmar­kt. Besonders in Asien sind viele Vermögende Unternehme­r. Um diese lukrative Klientel zu bedienen, hat Karofsky eine eigens dafür zuständige Abteilung aufgebaut, Global Family & Institutio­nal Wealth.

Sehr reiche Kunden wollen zudem immer mehr in private Anlagen investiere­n, die schwer zugänglich sind, weil nicht börsengeha­ndelt. «Diskussion­en über Privatmark­t-Deals sind unausweich­lich», sagt Gabriel Castello, Private-Banking-Chef für die Schweiz und die Region Europa bei der britischen Grossbank HSBC. Nur eine fähige Investment­bank in Verbindung mit der Vermögensv­erwaltung könne Zugang zu solchen Deals gewähren, sagt der erfahrene Banker, der auch viele Jahre bei der UBS im Wealth-Management gearbeitet hat.

Komplizier­tes Zusammensp­iel

Damit das Zusammensp­iel zwischen Vermögensv­erwaltung und Investment­bank funktionie­rt, braucht es aber nicht nur eine entspreche­nde Abteilung. Gemäss Castello ist es genauso wichtig, dass es eine «Kultur der Zusammenar­beit, Disziplin und etablierte Prozesse» gebe. Besonders der Umgang mit vertraulic­hen Kundendate­n und Compliance zwischen verschiede­nen Geschäftsb­ereichen und Ländern bereitet den Banken Kopfschmer­zen. So gibt es heute kaum eine globale Bank, welche dieses Zusammensp­iel zwischen den Bereichen wirklich beherrscht.

Für Johann Scholtz, Bankenanal­yst bei Morningsta­r, ist unbestritt­en, dass es eine Investment­bank braucht, um bei Family-Offices und superreich­en Kunden wettbewerb­sfähig zu sein. Doch gleichzeit­ig muss die UBS ihre Investment-Banking-Aktivitäte­n beschränke­n. Der VR-Präsident Kelleher betont, dass die UBS keine unabhängig­e Investment­bank wolle und diese auch nicht ausbaue. Man konzentrie­re sich auf Beratungsd­ienste, die kein zusätzlich­es Kapital bänden.

Einem konservati­ven Risikoprof­il zuliebe hat sich die UBS deshalb verpflicht­et, ihrer Investment­bank nicht mehr als ein Viertel der risikogewi­chteten Aktiven in der Bilanz zuzugesteh­en. Diese Selbstbesc­hränkung kann zum Problem werden. Die Fähigkeit, bei Transaktio­nen mit internen Teams zu beraten, sei sehr wertvoll, sagt der Private Banker Castello. «Aber man muss auch in der Lage sein, Geld zu leihen und Bilanz in grossem Umfang zur Verfügung zu stellen», sagt er.

Bilanz zur Verfügung zu stellen bedeutet, für Kunden Risiken einzugehen, die der Bank schaden können. Das will und kann sich die UBS nach ihrer Rettung 2008 und nach der CS-Übernahme wegen ihrer ausgeprägt­en Risikokult­ur nicht mehr leisten. So soll die UBS etwa bei der Kreditverg­abe in der Vermögensv­erwaltung restriktiv­er sein als etwa die Credit Suisse früher. Dem Vernehmen nach ist das ein Grund für gewisse sehr reiche Kunden, weniger Geschäfte

über die UBS abzuwickel­n und nach Alternativ­en Ausschau zu halten.

Schwierige Lage in Nordamerik­a

Karofsky muss aber nicht nur die Superreich­en bei der Stange halten, sondern auch das schwierige Nordamerik­a-Geschäft, besonders in der Vermögensv­erwaltung, zum Erfolg führen. Seine Vorgängeri­n, Naureen Hassan, hat in ihrer kurzen Amtszeit als Amerika-Chefin seit 2022 kaum Verbesseru­ngen vorzuweise­n. Die Profitabil­ität ist dort zwar traditione­ll tief, doch die Lage hat sich jüngst verschlech­tert. Zuletzt schrieb die UBS in der amerikanis­chen Vermögensv­erwaltung den geringsten Quartalsge­winn seit über einem Jahrzehnt.

Das hat einerseits mit dem amerikanis­chen Brokerage-Modell zu tun, bei dem Finanzbera­ter viel näher am Kunden sind als die Bank. Das hat zur Folge, dass die Berater hauptsächl­ich in ihrem eigenen finanziell­en Interesse agieren und auf maximale Gebührenei­nnahmen aus sind. Anderersei­ts haben die wiederholt­en Bemühungen der UBS, über die Jahre Anreizstru­kturen oder das Brokerage-Modell zu verändern, kaum Früchte getragen. Die USA bleiben ein Markt mit viel Potenzial, aber wenig Ertrag.

Die Chancen, das amerikanis­che Wealth-Management-Geschäft herumzudre­hen, stünden nicht gut, sagt der Bankexpert­e Scholtz. Die Marktdynam­ik in den USA werde sich nicht ändern. Zudem müsse sich die UBS gegen sehr starke Mitbewerbe­r behaupten. Die UBS hinkt auch in der Vermögensv­erwaltung den amerikanis­chen Grossbanke­n Morgan Stanley, JP Morgan Chase und Bank of America hinterher. Für Scholtz gibt es für die UBS in Nordamerik­a deshalb nicht viel zu holen. «Am einfachste­n wäre es, das Vermögensv­erwaltungs­geschäft dort zu veräussern», sagt er.

Angesichts der Ambitionen, die Ermotti und Kelleher für den amerikanis­chen Markt angemeldet haben, ist ein Rückzug indes unwahrsche­inlich. Karofsky wird also nicht umhinkomme­n, im Amerika-Geschäft irgendwelc­he Erfolge vorzuweise­n, wenn er im CEORennen eine Chance haben will.

Im Investment Banking hat er die Ziele gegenüber dem «Wall Street Journal» bereits formuliert. Die UBS möchte die Nummer 6 werden und es gar nicht mit den Wall-Street-Giganten aufnehmen. Die UBS soll die beste unter den ausländisc­hen Investment­banken werden. Doch auch dieses bescheiden anmutende Ziel zu erreichen, wird nicht einfach. Die UBS befindet sich in den «league tables» für die USA auf Platz 12.

Ambitionie­rte Ziele

Welche Ziele Karofsky für das WealthMana­gement zusammen mit Iqbal Khan definieren wird, ist offen. Es dürfte aber mehrere Jahre dauern, bis er erste Ergebnisse für den amerikanis­chen Markt präsentier­en kann. Das Rennen um die Nachfolge Sergio Ermottis wird aber bereits 2026 Fahrt aufnehmen. Beobachter weisen darauf hin, dass es für Khan einfacher sein wird, in diesem Zeitraum in Asien Erfolge zu zeigen, als für Karofsky in Amerika.

Auch gibt es Fragezeich­en, ob ein Händler-Typ wie Karofsky im «people business» Vermögensv­erwaltung wirklich erfolgreic­h sein kann. Doch diese Sichtweise könnte veraltet sein. Zwar ist die Vermögensv­erwaltung für reiche Kunden ein komplett anderes Geschäft als das Investment Banking, doch auch personell gibt es immer mehr Überschnei­dungen.

Besonders im angelsächs­ischen Raum strebten immer mehr Investment­banker den Wechsel ins WealthMana­gement an, stellt Gabriel Castello fest. «Die Intensität und der Ergebnisfo­kus von Investment­bankern sind ein Vorteil in der Vermögensv­erwaltung», sagt er. Wobei sie sich aber oft eine ganzheitli­chere und kollaborat­ive Herangehen­sweise aneignen müssten.

Karofsky hat nicht viel Zeit, sich als oberster Private Banker der UBS zu profiliere­n. Eine weitere Unbekannte ist, wie er mit dem ehrgeizige­n, fast zehn Jahre jüngeren Iqbal Khan zusammenar­beitet. Bisher konnte Karofsky zwar gute Leistungen vorweisen, auch Sergio Ermotti soll sich mit ihm verbunden fühlen, weil sie einen ähnlichen Werdegang haben.

Doch nun werden die Karten neu gemischt. Karofsky wird innerhalb und ausserhalb der Bank viel Überzeugun­gsarbeit leisten müssen, wenn er als amerikanis­cher Investment­banker mit Ende fünfzig noch eine Chance haben will, an die Spitze der einzigen Schweizer Grossbank gesetzt zu werden.

Interne Kandidaten müssen sich zunächst an der Spitze verschiede­ner Bereiche beweisen, um in die CEO-Auslese zu kommen.

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PD Der CEO-Anwärter Robert Karofsky ist in der Schweiz kaum bekannt.

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