Der Komiker Jan Böhmermann versteht keinen Spass
Der Moderator des «ZDF Magazin Royale» geht gegen einen Bienenzüchter in die Berufung – er sieht seine Persönlichkeitsrechte verletzt
Je bekannter jemand ist, desto weniger Persönlichkeitsrechte hat er oder sie. Deshalb konnte der Autovermieter Sixt die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel als Werbemotiv verwenden und den Gewerkschaftsführer Claus Weselsky zum Mitarbeiter des Monats küren. (Weselsky hatte die Lokführer ausgiebig streiken lassen, was den Autovermietern Zulauf brachte.)
Und dementsprechend durfte ein sächsischer Imker das Bild des Fernsehkomikers Jan Böhmermann auf seine Honiggläser kleben. Jedenfalls nach aktuellem Stand. In diesem Fall hatte Böhmermann den Erstschlag ausgeführt, und der Imker hatte nur gekontert, dies allerdings mit Witz.
Der Komiker reagierte erstaunlich humorlos – und klagte. In erster Instanz am Landgericht Dresden verlor er im Februar. Am Dienstag wurde nun vor dem Oberlandesgericht die Berufung verhandelt. Es geht um die Frage, ob die Aktion des Imkers eher eine Werbemassnahme war oder eher eine Gegensatire. Das Urteil soll am 18. Juli verkündet werden.
Im ZDF angeprangert
Die Vorgeschichte: In seiner Sendung «ZDF Magazin Royale» vom 3. November vergangenen Jahres kritisierte Böhmermann Firmen, die Bienenvölker an Unternehmen verkaufen oder vermieten, um sich mit ihrem Engagement für Nachhaltigkeit und Artenschutz brüsten zu können. In dem Beitrag heisst es: «Auch wenn es wie Naturschutz aussieht und vor allem so aussehen soll, ist dieses ganze Honigbienenangesiedel nichts anderes als ‹beewashing›. Es geht um PR, es geht um Patte, es geht um Scheine, um Batzen, um Geld. Das ist letztlich ein Business.»
Gezeigt wurde dazu unter anderem Rico Heinzig, der Geschäftsführer der Firma My Honey, in einem Ausschnitt aus einem Werbevideo seiner Firma. Heinzig hält in der sächsischen Stadt Meissen rund zweihundert Bienenvölker und bietet Bienenpatenschaften für Schulen und Firmen an. Damit ist er nicht der Einzige. Auch seine Wettbewerber wurden bei Böhmermann vorgeführt, doch nur Heinzig reagierte mit einer eigenen Aktion.
Positives Echo
Rico Heinzig ist nicht prominent und hat deswegen mehr Persönlichkeitsrechte als Böhmermann. Statt zu klagen, hatte Heinzig eine Idee. Er kreierte die Honigsorten «Böhmermann-Honig» und «Böhmermann-Bundle» und verkaufte sie zwei Wochen nach der Sendung in einen Dresdner Edeka-Supermarkt. Dort bewarb er sie mit einem
Plakat, das den Namen und ein Bild Böhmermanns zeigt.
Der Fernsehkomiker wird dabei als «führender Bienen- und Käferexperte» bezeichnet, der den Honig empfehle. Auf seiner Website «myhoney.com» bezeichnet Heinzig den Honig als «Honig zur Sendung ‹ZDF Magazin Royale›». Vielleicht kann man sagen, Heinzig habe Böhmermanns Angriff verwandelt. Indem er cool und kreativ reagiert hat, gewann er eine grosse Anhängerschaft, statt den Vorwurf der Unlauterkeit an sich kleben zu lassen. Er bekam Aufmerksamkeit, eine gute Presse und wirbt bis heute auf seiner
Website mit «bekannt aus ‹ZDF Magazin Royale›».
Böhmermann steckte den Konter nicht so locker weg – er zog vor Gericht. Sein Bild und sein Name würden unzulässig für kommerzielle Zwecke genutzt, klagte er. Es werde sogar der Eindruck erweckt, der Honig sei ein Merchandising-Produkt zur Sendung «ZDF Magazin Royale». Für Werbung stehe er jedoch nicht zur Verfügung, zudem sei er in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt.
Das ist nach der deutschen Rechtsprechung allerdings genau der Punkt: Kommerzielle Zwecke sind in Ordnung,
solange zusätzlich ein Element der Meinungsäusserung und eine Anbindung an aktuelle Vorkommnisse gegeben sind – ähnlich wie bei Angela Merkel, Claus Weselsky und weiteren Personen aus der Werbung von Sixt. Für das aktuelle Vorkommnis hatte Jan Böhmermann mit seiner Sendung zuvor selbst gesorgt.
Der Imker Rico Heinzig sagt zudem, er sei schliesslich auch nicht gefragt worden, bevor er in der Sendung mit dem Vorwurf der Unlauterkeit überzogen wurde. Um einen Imageschaden
Der Fernsehkomiker wird als führender Experte für Bienen und Käfer bezeichnet, der den Honig empfehle.
abzuwenden, habe er sich daher entschlossen, «proaktiv zu handeln und das Thema in satirischer Form aufzuarbeiten sowie in das eigene Marketingkonzept einzubinden», so fasst das Gericht den Sachstand zusammen.
Noch ein anderer Prozess
Die Richterin der ersten Instanz hatte konstatiert, der Moderator des «Magazin Royale» müsse Reaktionen derer in Kauf nehmen, die von ihm im Fernsehen ins Rampenlicht gezogen würden. Heinzigs Meinungsfreiheit wiege in diesem Fall schwerer als Böhmermanns Persönlichkeitsrecht. Das sah Böhmermann anders und legte Berufung ein.
Der Moderator ist im Austeilen auch sonst nicht zimperlich. So brachte er im Oktober 2022 mit seiner Sendung Jörg Schönbohm, den damaligen Chef des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik, erst in Verruf und schliesslich um das Amt. Schönbohm verklagte daraufhin das ZDF. Der Prozess läuft noch. Der Verhandlungstermin wurde gerade vom Juni in den September verschoben.