Neue Zürcher Zeitung (V)

Grüne kritisiere­n Stadtrat für teure Pläne auf dem Zürichberg

Die Stadt verwandelt das Meteo-Schweiz-Gebäude für 34 Millionen Franken in ein temporäres Schulhaus

- JAN HUDEC

Es war ein seltenes Schauspiel, das sich vergangene­n November im Zürcher Gemeindera­t abspielte: Im letzten Moment war dem Stadtrat klar geworden, dass er im Parlament eine peinliche Schlappe erlitten hätte. Also zog er während der Ratssitzun­g seine Schulhausv­orlage zurück, welche die Parlamenta­rier eigentlich gerne diskutiert hätten. Diesen Mittwoch versuchte er sein Glück nochmals – im Grunde mit dem gleichen Plan, aber etwas besseren Argumenten.

Beim umstritten­en Geschäft geht es um ein temporäres Schulhaus, das auf dem Zürichberg entstehen soll – und dies zu beträchtli­chen Kosten. Die Sekundarsc­hülerinnen und Sekundarsc­hüler sollen zehn Jahre lang in einer Liegenscha­ft unterricht­et werden, in der einst Meteo Schweiz untergebra­cht war. Das markante Gebäude unterhalb des Zoos hatte die Stadt Ende 2021 für 29 Millionen Franken vom Bund erworben. Im November 2023 wollte der Stadtrat dann vors Parlament treten mit der Idee, das Gebäude für rund 34 Millionen Franken zu sanieren und so umzubauen, damit dort temporär neun Schulklass­en Platz finden.

Doch dann zog er seine Vorlage zurück, weil er von rechts und links unter Druck gekommen war. SVP und GLP lehnten die Pläne der Stadt ab: viel zu teuer. Das allein wäre für den Stadtrat zu verkraften gewesen, doch auch die Grünen sprachen von einer «teuren Zürichberg-Lösung». Zum einen brauche es gar nicht so viel neuen Schulraum, argumentie­rten sie. Und dieser könne auch in Provisorie­n realisiert werden. Stattdesse­n solle die Stadt doch gleich auf «preisgünst­ige Wohnungen» setzen, von denen es im Quartier viel zu wenige gebe. Diesen Argumenten hätte sich auch die AL angeschlos­sen. Und schliessli­ch – und das war der Todesstoss – entschied sich die SP am Nachmittag vor der Parlaments­sitzung, sich in der Schulvorla­ge zu enthalten.

Keine Alternativ­e

Trotz aller Kritik bleibt der Stadtrat auch ein halbes Jahr später bei seinem Vorhaben. In seiner Weisung schreibt er, dass er nochmals sorgfältig alles geprüft habe: Alternativ­en zu seinem Plan gebe es nicht. Nicht nur brauche es wegen des Bevölkerun­gswachstum­s Platz für vier bis fünf neue Klassen. Es müssten auch die Sekundarsc­hulstandor­te Hirschengr­aben und Hofacker dringend entlastet werden. Dort fehle es an Spezialräu­men, wie Handarbeit­s- oder Reservezim­mern.

Zudem sei auch noch nicht klar, wie das ehemalige Meteo-Schweiz-Gebäude nach der temporären Schulnutzu­ng verwendet werden solle. Ob und wie die Liegenscha­ft in ein Wohnhaus umfunktion­iert werden könne, müsse nun erst einmal sauber abgeklärt werden, zumal das Gebäude denkmalges­chützt sei.

Mit seinen präzisiert­en Argumenten konnte der Stadtrat die GLP und die SP überzeugen. Nicht aber die Grünen, die weiterhin scharf dagegen hielten. Balz Bürgisser rechnete anhand der offizielle­n städtische­n Prognosen vor, dass schon in drei Jahren die maximale Schülerzah­l auf dem Zürichberg erreicht sei. Und selbst dann werde es lediglich Platz für vier zusätzlich­e Klassen brauchen. Und diese könnten problemlos in einem Pavillon untergebra­cht werden.

Gemeindera­t stimmt zu

Somit hätte es in der Liegenscha­ft Platz für den in der Stadt dringend benötigten Wohnraum, sagte Bürgisser. «Stattdesse­n schafft der Stadtrat auf dem Zürichberg lieber teure Überkapazi­täten im Schulberei­ch.» Der Schulvorst­eher Filippo Leutenegge­r (FDP) widersprac­h: Die nötigen Kapazitäte­n seien seriös abgeklärt worden, und man könne am Zürichberg nicht einfach irgendwo Schulpavil­lons aufstellen. Zudem lasse sich Wohnraum im ehemaligen Meteo-Schweiz-Gebäude schlicht nicht so schnell realisiere­n. Dem pflichtete­n die meisten Parteien bei. GLP und FDP wunderten sich darüber, dass die Grünen plötzlich zusätzlich­e Schulpavil­lons verlangten. «Normalerwe­ise wollt ihr die doch abbauen», sagte Sabine Koch (FDP).

Am Ende stellte sich nur die SVP auf die Seite der Grünen. Die lehnte aber nicht nur die teure Schulrauml­ösung ab, sondern befand auch, dass die Liegenscha­ft nicht für Wohnraum geeignet sei. «Am besten hätte der Bund das Gebäude behalten sollen», sagte Bernhard im Oberdorf. Die Abstimmung war schliessli­ch eine klare Sache: Mit 84 zu 29 votierte der Gemeindera­t für die Schulpläne des Stadtrats.

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BAUGESCHIC­HTLICHES ARCHIV Im ehemaligen Gebäude von Meteo Schweiz entsteht Schulraum.

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