Zürich ist nicht mehr die Nummer 1
Erstmals zahlt Zug mehr in den Finanzausgleich ein
Die Wirtschaftsmetropole Zürich wird als grösster Geldgeber der Kantone abgelöst. Zug zieht allen davon. Die Unterschiede zwischen armen und reichen Kantonen nehmen zu. Nun gibt es im Bundeshaus die Idee, die Geber müssten noch mehr zahlen.
Zürich ist entthront. Der Kanton glänzte seit Einführung des nationalen Finanzausgleichs (NFA) im Jahr 2008 stets als grösster Geldgeber neben dem Bund. Damit ist nun Schluss. Dies zeigen die Ausgleichszahlen für 2025, die der Bund am Dienstag publiziert hat. Der kleine, reiche Nachbarkanton Zug wird erstmals nicht nur pro Einwohner mehr einzahlen als Zürich, sondern auch in absoluten Zahlen. Verrechnet man die Geldströme aller NFA-Töpfe, muss Zürich noch 419 Millionen Franken einzahlen. Zug hingegen wird 431 Millionen abliefern. Die Zahlen sind zwar erst provisorisch, sie gehen nun bei den Kantonen in eine Anhörung, aber das ist Formsache. Zürich wird in der noblen Kategorie der eidgenössischen Zahlmeister auf den zweiten Platz abrutschen.
Zug zieht allen davon. Das international bekannte Steuerparadies, Sitz vieler globaler Konzerne, ist seit Jahren eine Art Kraftort der Wirtschaftsmacht, notorisch boomend, scheinbar endlos wachsend. Regierungsräte anderer Kantone ätzen gern, die Zuger wüssten gar nicht mehr, wohin mit dem Geld. Trotzdem ist es spektakulär, dass ein Kanton mit 130 000 Einwohnern künftig gesamthaft mehr in den NFA einzahlt als Zürich mit seinen 1,5 Millionen Einwohnern. Allein mit den vielen Unternehmen lässt sich dies nicht erklären, auch die Löhne und Vermögen in Zug sind nahezu unvergleichlich hoch.
3300 Franken pro Einwohner
Der fulminante Aufstieg des ehemaligen Bauernkantons hat lange vor dem NFA begonnen. Dessen Zahlen zeigen jedoch, dass diese Entwicklung seither keineswegs nachgelassen hat. Im Gegenteil, die Zuger haben ihren Vorsprung massiv ausgebaut. Der NFA basiert im Kern auf der Höhe der Einkommen, Vermögen und Firmengewinne, welche die Kantone in ihrem Hoheitsgebiet besteuern können. Daraus ergibt sich die Finanzkraft. Kantone mit Werten über dem Durchschnitt müssen einen Teil ihres überschiessenden Wohlstands abliefern an die anderen Kantone – auf dass die Unterschiede im Kleinstaat nicht allzu gross werden. Im Durchschnitt erreichen die Kantone 100 Punkte. Zug kam beim Start des NFA auf 215 Punkte. Heute sind es 280. Zürich kommt heute auf etwa 120 Punkte. Während also Zürich eine Finanzkraft aufweist, die 20 Prozent über dem Durchschnitt liegt, schiesst Zug mit 180 Prozent mehr obenaus. Auf dem zweiten Platz folgt Schwyz mit einer Finanzkraft 85 Prozent über dem Durchschnitt.
Und ein Ende ist nicht in Sicht. In keinem Kanton steigt die Finanzkraft 2025 stärker als in Zug. Somit ist ein weiterer Rekord zu erwarten: Pro Einwohner gerechnet, muss Zug nächstes Jahr 3300 Franken einzahlen. Dies ist quasi der Preis dafür, dass die immense Finanzkraft innenpolitisch akzeptiert wird. Er fällt nirgends annähernd so hoch aus. Schwyz zahlt 1500 Franken pro Kopf, Zürich 270.
Dass Zug derart viel bezahlen muss, liegt nicht nur daran, dass der Kanton noch mehr Firmen und Spitzenverdiener angezogen hat. Eine Rolle spielen auch die jüngsten Steuerreformen: die Abschaffung der Privilegien für Holdings und andere Konzerne sowie die OECDMindeststeuer. Sie bewirken, dass Zug via NFA nachträglich die Rechnung zahlt für die erfolgreiche Steuerpolitik der Vergangenheit. Denn neu werden Firmengewinne bei der Finanzkraft höher gewichtet. Zug muss deshalb mehr einzahlen, Zürich weniger.
Bund stärker belastet
Gleichzeitig haben die Unterschiede zwischen armen und reichen Kantonen zugenommen. Folgerichtig nimmt die NFA-Umverteilung 2025 abrupt um gut 7 Prozent zu. Dies belastet auch den Bund, der den Hauptteil des NFA finanziert. Nun macht im Bundeshaus eine neue Idee die Runde: Weil die Finanzlage schlecht ist, sollen die Geberkantone einen grösseren Teil des NFA tragen, dies fordert Felix Wettstein, Nationalrat der Grünen, mit einem Vorstoss. Die Verfassung würde das zulassen.
Der Zuger Finanzdirektor Heinz Tännler weist die Idee vehement zurück: Der NFA sei ein austariertes System. Nehmer und Geber hätten in einem aufwendigen Prozess einen Kompromiss ausgehandelt. Dieses System garantiere Stabilität und Zusammenhalt. «Für Experimente der politischen Tagesaktualität und Schnellschüsse eignet es sich nicht.» Mit anderen Worten: Tännler wehrt sich zwar gegen zusätzliche Abgaben, beklagt sich aber nicht über den Status quo – so teuer er für Zug auch ist.