Emissionen müssen einen Preis haben
Wenn wir es ernst meinen mit der Energiewende, sollten private Investitionen in erneuerbare Energien attraktiver werden – dies müsste durch eine Verteuerung der Treibhausgasemissionen geschehen.
Eigentlich ist klar, wie dem Klimawandel entgegenzuwirken ist: Der mächtigste Mechanismus für gesellschaftliche Veränderung und Fortschritt ist die freie Preisfestsetzung nach Angebot und Nachfrage. Er stellt sicher, dass das richtige Gut in der richtigen Menge zur richtigen Zeit am richtigen Ort bereitgestellt wird. Ist dieser Mechanismus ausgesetzt oder wird er systematisch eingeschränkt, leiden der Wohlstand und der Fortschritt.
Eigentlich sollte man deregulieren
Ökonomisch ist das Absetzen von Treibhausgasen in die Atmosphäre zu behandeln wie Umweltverschmutzung. Der Staat hat demnach sicherzustellen, dass die Emissionen einen Preis erhalten. So weit die Theorie. Wie ist dagegen die neue Energiegesetzgebung zu beurteilen? Grundsätzlich ist festzuhalten, dass die Strombranche, gleich wie die Landwirtschaft und das Finanzwesen, den Sättigungsgrad an Regulierung weit überschritten hat. Eigentlich müsste man stark deregulieren, was aufgrund der gegenwärtigen politischen Lage und der jüngsten Vorkommnisse aber nicht möglich ist.
Im Frühling haben der National- und der Ständerat das angepasste CO2-Gesetz verabschiedet. Eine Verteuerung des CO2-Ausstosses wird damit aber nicht bewirkt. Ein Maximalaufschlag von 5 Rappen pro Liter Treibstoff reicht kaum aus, um eine Verhaltensänderung oder Innovation anzustossen. Der Mantelerlass des Stromgesetzes, der vom Stimmvolk angenommen wurde, ist nicht ganz schlecht, aber auch nicht wirklich gut – man wird nachbessern müssen. Zudem sollte man künftig laufend wieder ausmisten und Subventionen sowie steuerliche Anreize abschaffen, wenn sie nicht oder ungenügend wirken.
Was es braucht, ist ein funktionierender Preismechanismus. Der Staat sollte weder den Energiemix vorgeben noch bestimmte Anlagen besonders fördern. Er sollte sich darauf konzentrieren, dass die Kosten von Treibhausgasemissionen richtig eingepreist werden und der Bau von Anlagen für erneuerbare Energien erleichtert wird.
Das eigentliche Problem, das gelöst werden muss, ist die Finanzierung des Baus der Anlagen. Eine grosse Solaranlage von 100 MWp Installationsleistung zu erstellen, kostet in Europa im Durchschnitt etwa 90 Millionen Franken, in der Schweiz das Doppelte bis Dreifache und im Falle alpiner Solaranlagen bis zu viermal so viel.
Die Projektierung und die Entwicklung müssen mit Eigenmitteln, die Erstellung kann und sollte mit Fremdkapital bezahlt werden. Für das Fremdkapital kann eine Durchschnittsmarge von 2 bis 4 Prozent erwartet werden. Wollte man sich vernünftigerweise auf die grössten Emissions-Verursacher konzentrieren, insbesondere die Schwerindustrie, die Luftfahrt und die Seeschifffahrt, sind weitere Industrieanlagen zur Produktion von Wasserstoff und synthetischen Kraftstoffen nötig, die noch einmal ein- bis zweimal so viel kosten.
Gemäss Stromgesetz müssen bis 2035 insgesamt 35 000 GWh Elektrizität aus erneuerbaren Energien (exklusive Wasserkraft) kommen. Nehmen wir an, das kommt alles aus Solarenergie, wohl der kompetitivsten Form von erneuerbaren Energien, dann braucht es bei rund 1000 Sonnenstunden und 5000 GWh bereits bestehendem Strom aus erneuerbarer Energie, der 2022 produziert wurde, etwa zusätzlich 30 000 GWh – was Aus- und Umbaukosten in der Grössenordnung von 50 bis 75 Milliarden Franken entspricht.
Private Investitionen gefragt
Die Finanzierung von grösseren Anlagen ist nicht unmöglich, aber schwierig und teuer. Die Finanzierung sollte nicht nur über den Staat, Steuern und Subventionen erbracht werden, sondern aus privater Hand. Gerade Schweizer Finanzierer, insbesondere Banken, tun sich jedoch schwer mit Projektfinanzierungen. Kleine PV-Anlagen werden meist über Eigenmittel oder die Erhöhung der Hypothek finanziert.
Generell ist das Kreditwachstum bei Schweizer Banken strukturell limitiert, da ein Player gar nicht im Kreditgeschäft ist, die meisten nur schwierig zu zusätzlichen Eigenmitteln kommen, hohe Erwartungen betreffend Gewinnausschüttung bestehen und sich die meisten auf hypothekarisch besicherte Kredite fokussieren. Nach dem Wegfall der Credit Suisse fehlt auch grundsätzlich Kreditkapazität. Ein Ausbau müsste über mehr Eigenmittel, die Erleichterung der Unterlegung für Infrastrukturprojekte oder eine Lockerung des institutsspezifischen Risikoappetits geschehen.
Wenn wir es wirklich ernst meinen mit der «energy transition» und dem Ausbau erneuerbarer Energien, sollten sich die Regulierung und die regulierten Akteure darauf konzentrieren, die Investition in erneuerbare Energien durch Verteuerung der Treibhausgasemissionen attraktiv zu machen und den Risikoappetit sowie die Kreditkapazität im Finanzwesen zu erhöhen.