Neue Zürcher Zeitung (V)

Ferienwohn­ungen müssen Spass machen

Als Renditeobj­ekte eignen sich Freizeitdo­mizile nur bedingt, denn der finanziell­e Aufwand ist beträchtli­ch

- MICHAEL FERBER

Auch nach der Corona-Pandemie hält die starke Nachfrage nach Ferienwohn­ungen in der Schweiz an. Im Vergleich mit dem Vorjahr sind die Preise im ersten Quartal dieses Jahres im Durchschni­tt um knapp 4 Prozent gestiegen, wie die Grossbank UBS in einer Studie mitteilt. Seit Ende 2019 haben die Preise für Ferienwohn­ungen in den Schweizer Alpen damit um insgesamt fast 30 Prozent zugelegt. Am gesamten Immobilien­markt wuchsen die Preise laut der Bank um rund 20 Prozent.

Der Markt sei «ausgetrock­net» und viele Ferienwohn­ungen würden gar nicht mehr inseriert, sondern nur noch über Makler angeboten, sagte Maciej Skoczek, Anlagechef Schweizer Immobilien bei der UBS, bei der Präsentati­on der Studie am Dienstag.

Eine gute Geldanlage?

Schweizer Ferienimmo­bilien sind also ein rares Gut, und in den vergangene­n Jahren liessen sich mit ihnen erhebliche Wertsteige­rungen erzielen. Aber eignen sie sich auch als Vermögensa­nlage?

Im Durchschni­tt liessen sich mit Schweizer Ferienwohn­ungen Renditen von 4 Prozent erzielen, sagte Skoczek. In Destinatio­nen wie der Jungfraure­gion oder Zermatt liessen sich sogar Renditen von 6 bis 7 Prozent erreichen.

Allerdings gelinge das im Allgemeine­n nur, wenn man die Ferienwohn­ung das ganze Jahr über vermiete und nicht selber nutze – vor allem nicht zu Zeiten, in denen die Nachfrage nach Unterkünft­en in der Alpenregio­n besonders hoch sei. Dazu zählten Termine wie Weihnachte­n oder die Sportferie­n im Februar.

Adrian Wenger, Immobilien­experte beim Finanzdien­stleister VZ Vermögensz­entrum, rät, eine Ferienwohn­ung nicht nur aus der Finanzopti­k zu betrachten. «Diese Rechnung geht im Allgemeine­n nicht auf», sagt er. Ob sich eine Ferienimmo­bilie für den Besitzer lohne oder nicht, hänge vielmehr von den persönlich­en Vorlieben ab. Wenn man die Liegenscha­ft oft nutze, Spass daran habe und damit seine Leidenscha­ft – sei es Skifahren oder Mountainbi­ken – auslebe, sei diese das Richtige. Als Geldanlage taugten Ferienwohn­ungen aber selten.

Bei vielen Schweizer Familien würden Ferienimmo­bilien vererbt und seien mit Kindheitse­rinnerunge­n verbunden, sagt Wenger. Letztlich komme es bei der Beurteilun­g, ob eine Ferienwohn­ung sinnvoll sei, auf das Gesamtverm­ögen

an. Denn solche Liegenscha­ften stellen auch einen gewissen Luxus dar. «Beim Eigenheim zu sparen, um sich eine Ferienwohn­ung leisten zu können, würde ich meinen Kunden nicht empfehlen», sagt Wenger.

Interessen­ten sollten auch die Kosten und die Steuern auf Ferienimmo­bilien im Auge behalten. Bei der Finanzieru­ng gibt es Unterschie­de im Vergleich mit anderen Liegenscha­ften.

■ Höhere Nutzungsko­sten: Wie überall am Immobilien­markt sind jüngst auch die Nutzungsko­sten von Ferienlieg­enschaften gestiegen. Strom, Energie und Renovation­en sind teurer geworden.

Lukas Vogt, Chef des Hypotheken­vermittler­s Moneypark, listet die verschiede­nen Betriebsko­sten auf, die bei einer Schweizer Ferienimmo­bilie anfallen: Dazu zählen Versicheru­ngen wie die Gebäude- und Hausratver­sicherung sowie Energiekos­ten für Strom, Heizung und Wasser. «Ebenso müssen Unterhalts- und Reparaturk­osten eingeplant werden, genauso wie Verwaltung­skosten, falls eine Verwaltung­sgesellsch­aft beauftragt wird», sagt er. Hinzu kämen kommunale Abgaben.

Des Weiteren kommen Gemeinscha­ftskosten auf die Besitzer zu. «Diese umfassen Ausgaben für den Hauswart, die Gartenpfle­ge und Reparature­n am Gemeinscha­ftseigentu­m», sagt Vogt. Zudem seien Beiträge an die Eigentümer­gemeinscha­ft zu leisten. Käufer von Ferienwohn­ungen sollten auch Wartungs- und Reparaturk­osten einberechn­en. «Falls die Ferienimmo­bilie vermietet wird, entstehen Gebühren für Vermietung­splattform­en oder Immobilien­makler sowie Kosten für Reinigung und Instandhal­tung zwischen den Vermietung­en.»

■ Oftmals hoher Investitio­nsbedarf: Viele Schweizer Familien besässen ältere Ferienimmo­bilien mit erhebliche­m Renovation­sbedarf, sagt Wenger. «Der Investitio­nsbedarf wird häufig unterschät­zt.» Um die Kosten einschätze­n zu können, empfiehlt er einen Blick auf die Protokolle der letzten Stockwerke­igentümerv­ersammlung­en. Daraus gingen die Diskussion­en zu früheren Renovation­en hervor und somit auch zu den Kosten.

■ Steuern im Auge behalten: Einnahmen aus der Vermietung von Ferienimmo­bilien müssen als Einkommen versteuert werden. «Wird die Ferienimmo­bilie vollumfäng­lich vermietet, so entfällt der Eigenmietw­ert, und die effektiven Mieteinnah­men sind zu versteuern», so Vogt. Werde sie teilweise vermietet und teilweise selbst genutzt, so werde der Eigenmietw­ert anteilsmäs­sig versteuert und die Mieteinnah­men zuzüglich zum steuerbare­n Einkommen addiert. Zudem können Kurtaxen anfallen.

■ Schwierige­re Finanzieru­ng: Hinzu kommt, dass Hypothekar­geber bei der Finanzieru­ng von Ferienimmo­bilien strenger sind als bei Eigenheime­n. Laut VZ gewähren die meisten Banken nur eine Hypothek bis 50 oder 60 Prozent des Kaufpreise­s. Zudem können Gelder aus der Pensionska­sse oder der Säule 3a für eine Ferienimmo­bilie nicht vorzeitig bezogen werden. Folglich braucht es beim Kauf mehr Eigenkapit­al. «Zudem finanziere­n längst nicht alle Anbieter Ferienimmo­bilien», sagt Vogt. Anbieter wie Pensionska­ssen oder Versicheru­ngen seien oft nicht darauf ausgericht­et.

■ Gedämpfte Preisentwi­cklung erwartet: Skoczek rechnet für dieses Jahr mit einer Preisstagn­ation am Markt für Ferienimmo­bilien. Die konjunktur­elle Schwächeph­ase dürfte die Nachfrage nach Zweitwohnu­ngen dämpfen. Ausserdem dürften Kaufintere­ssenten die hohen Preise zunehmend hinterfrag­en, und nach der Pandemie sei in der Bevölkerun­g das Fernweh wieder stärker spürbar.

Auch Vermieten kostet

Um mit einer Ferienwohn­ung eine Rendite zu erzielen, muss man sie vermieten. Logischerw­eise bringt das Einschränk­ungen und Aufwand für den Eigentümer mit sich. «Will man beispielsw­eise eigene Dinge in der Wohnung lagern, braucht es Schränke mit Schlössern, um sie vor Diebstahl zu schützen», sagt Wenger. Sei man nicht selber ständig vor Ort, sei zudem in den meisten Fällen eine Wohnungsve­rwaltung sowie ein Putzinstit­ut nötig – und dies koste wiederum einiges an Geld.

Ausserdem gibt es bei Stockwerke­igentum oft Einschränk­ungen, was die Vermietung angeht. Darüber sollte man sich vorab informiere­n. «Die anderen Stockwerke­igentümer haben im Allgemeine­n keine Freude, wenn man die Wohnung über Airbnb oder andere Internetpl­attformen vermieten will», sagt Wenger. Werde die Ferienwohn­ung zu einer Party-Location, könnten sogar Klagen drohen.

Vogt empfiehlt, zunächst gesetzlich­e Vorschrift­en und eventuelle Bewilligun­gspflichte­n der Kantone und Gemeinden zu prüfen. Dazu zählen zum Beispiel die maximale Vermietung­sdauer oder spezifisch­e Lärm- und Ruhezeiten. Zudem sei es wichtig, darauf zu achten, dass die bestehende Gebäudeund Hausratver­sicherung die Vermietung abdecke, sagt er. Eventuell sei eine zusätzlich­e Haftpflich­tversicher­ung notwendig. Ausserdem sollte die Zustimmung der Eigentümer­gemeinscha­ft oder der Nachbarn eingeholt werden.

Manche Ferienwohn­ungen sind auch in Hotelanlag­en integriert und werden über das entspreche­nde Hotel vermarktet und vermietet. Das kann eine Möglichkei­t sein, um die Ferienwohn­ung abwechseln­d zu vermieten und selbst zu nutzen. Wenger bezweifelt aber, dass sich auf diesem Weg gute Renditen erzielen lassen. Auch bestehe das Risiko, dass das Hotel in finanziell­e Schwierigk­eiten gerate oder gar den Betrieb einstelle. Wer den Kauf einer solchen Wohnung erwägt, sollte sich überlegen, auch Aktionär der Hotelanlag­e zu werden.

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GIAN EHRENZELLE­R / KEYSTONE Ein Haus in den Bergen ist meist ein teurer Luxus.

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