Welcher Uhrentyp bin ich?
Kleider machen Leute, sagt man. Dasselbe gilt auch für Uhren. Welche Uhrenmarken zu welchem Typ passen und weshalb die Uhrenindustrie sich immer stärker für die weibliche Kundschaft interessiert.
«Watch-Spotting» – so könnte man den Drang von Uhrenfans bezeichnen, ihrem Gegenüber aufs Handgelenk zu blicken und die Person einzuordnen. Was unter Männern längst gang und gäbe ist, wird zunehmend auch bei Frauen ein Thema: Was trägt sie für eine Uhr? Was sagt das darüber aus, was für ein Typ sie ist? Mit solchen Assoziationen spielen auch die Hersteller, die dieses Jahr so viele Damen- und Unisex-Modelle lanciert haben wie noch nie. Sie ordnen ihre Kundinnen in Zielgruppen ein. Wir stellen die fünf wichtigsten Charaktere vor – und die auf sie zugeschnittenen Modellneuheiten und Klassiker.
Die Avantgardistin
«Weniger ist mehr» – dieses Motto inszeniert die erfolgreiche Macherin sehr kreativ. Sie fühlt sich zu intellektuellem Schwarz, skandinavischen Designern und non-konformen Marken hingezogen, wobei sie ihre bequemen Looks mit geometrischen Mustern oder farbintensiven Accessoires aufpeppt. Darunter die obligatorische Hornbrille und skulpturale Schmuckobjekte aus Concept Stores oder von Indigenen aus Papua-Neuguinea. Die Architektin, Galeristin oder Art-Direktorin lebt als On-off-Single in einem Loft, sammelt Shabby-Style-Interieur und Bauhaus-Klassiker. Zum Netzwerken reist sie oft zu angesagten Kunstmessen und -festivals, sinniert gerne zu Jazz über die 68er-Bohème. Sie ist nicht nur sehr gebildet, sondern auch versierte Kennerin edler Barolos, Nordic-Noir-Thriller und Oldtimer aus den 1970er-Jahren. Unabhängig vom Preis entscheidet sich die designaffine Frau bevorzugt für Puristen von Nomos und Parmigiani, Extravaganzen von Ulysse Nardin und Urwerk sowie Künstlerkooperationen von Audemars Piguet und Rado. Zum Repertoire zählen selbstverständlich auch üppige Herrenmodelle.
Up to date
Diese «Royal Oak Perpetual Calendar», für die Audemars Piguet mit dem Uhrensammler und R&B-Musiker John Mayer zusammengearbeitet hat, vereint Kunst, Musik und Leidenschaft. Mayer hat das Zifferblatt aus funkelnden Miniaturkristallen im «Crystal-Sky»-Blau gestaltet. Er verpasste auch den Skalen für das Datum, den Wochentag, Monat und das Schaltjahr eine bessere Ablesbarkeit. Gehüllt ist das Automatikkaliber samt Sichtboden in ein flaches Weissgoldgehäuse von 41 mm Diagonale. Limitiert auf 200 Exemplare.
162 000 Franken
Reinkarnation
Sein 150. Firmenjubiläum zelebriert Piaget mit der Neuauflage seiner Kult-Uhr «Polo 79». Wie beim Ursprungsmodell, das in den 1980er-Jahren eine ganze Stilepoche beim Jetset prägte, bestehen das Armband, das Gehäuse, die Zeiger und das Zifferblatt aus massivem Gelbgold – bis hin sogar zum Mikrorotor des ultraflachen Automatikwerks. Neu ist, dass die Uhr in ihrem Durchmesser um einen Tick auf 38 mm vergrössert und dafür in ihrer Dicke auf angenehme 7,45 mm reduziert wurde. Zudem besitzt die Polo nun einen Sichtboden.
80000 Franken
Stil-Ästhet
Mit der «Cut» hat Hermès eine neue Modelllinie lanciert, die das Potenzial besitzt, zur Design-Ikone zu avancieren: Auf 36 mm Durchmesser ist dieser Edelstahlpurist weder rund noch eckig, punktet mit seiner markanten Typografie, einer asymmetrisch platzierten Krone bei 2 Uhr und einem Automatikkaliber mit 50-stündiger Laufleistung. Einen femininen Charme verleiht der Uhr die mit 56 Diamanten besetzte Lünette, derweil das Wechselsystem für ein täglich neues Erscheinungsbild aus farbigen Kautschuk- und Metallbändern sorgt.
11 450 Franken
Die Traditionsbewusste
Klassische Eleganz, wertige Handarbeit und Traditionsmarken gehen ihr über alles. Sie kultiviert den Quiet-Luxury-Stil, indem sie ihre distinguierten Outfits meist monochrom kombiniert. Es darf feminin, aber nie sexy sein. Eher zartes Make-up und Formales in Pastell aus babyweichem Kaschmir, Wildseide und Understatement, obwohl ihr Blazer so viel kostet wie ein Monatssalär einer Durchschnittsfamilie. Die Skifahrerin und Rassehunde-Liebhaberin weilt gerne im eigenen Chalet in Gstaad, verdient beachtlich als Juristin, Bankerin oder im Pharma-Vorstand, wofür sie in St. Gallen und den USA studiert hat. Als Perfektionistin ist ihr wichtig, dass ihre Uhren zum dezenten Goldschmuck und der Perlenkette passen. Für etwas Flamboyance sorgen mechanische Raffinessen am Handgelenk, doch im Alltag bevorzugt sie Ikonen und Retro-Modelle von Nobelmanufakturen wie Patek Philippe, Vacheron Constantin, Jaeger-LeCoultre, Breguet oder Hermès. Die fürsorgliche Mutter und smarte Geschäftsfrau setzt dabei auch auf Wertbeständigkeit.
Galante Begleitung
Understatement im Retro-Stil – damit überzeugt dieses Jahr bei IWC insbesondere die «Portugieser Automatic 40». Die diskrete Dress Watch, die kühnes Eisblau mit Weissgold kombiniert, schmeichelt mit ihrem Format von 40,4 mm sowohl femininen als auch maskulinen Handgelenken. Weitere Vorteile sind das entspiegelte Doppel-Box-Saphirglas, die 60 Stunden Laufzeit des Automatikwerks, das sich durch den Sichtboden offenbart, und das elegante Kalbslederarmband der Schuhmanufaktur Santoni.
18300 Franken
Weniger ist mehr
Herrlich unaufgeregt und sehr vornehm wirkt die «Patrimony Handaufzug» der Nobelmanufaktur Vacheron Constantin. Nur Stunden und Minuten zeigt der neu aufgelegte Purist über dem antiksilberfarbenen Zifferblatt an, das wie beim Vorgänger aus den 1950er-Jahren leicht gewölbt ist. Geadelt mit der Genfer Punze für höchste Qualität wurde dieses Gesamtensemble aus Roségold kreiert – vom 39 mm grossen Gehäuse über die Stabindizes und Perlenminuterie bis hin zu den Zeigern.
27000 Franken
Allrounder
Sie ist der Inbegriff einer sportlich-eleganten Alltagsuhr: die Rolex «Oyster Perpetual Day-Date» erscheint als neue Version in 40 mm aus Everrose-Gold und einem Zifferblatt mit Hell-DunkelVerlauf in Schiefergrau ombré. Für das perfekte Timing auch im Job hilft die Datums- und Wochentagsanzeige sowie die hohe Gangpräzision von –2/+2 Sekunden täglich. Obendrein meistert das Automatikkaliber üppige 70 Stunden Gangreserve; die Uhr kann also so lange abgelegt werden, ohne dass sie stehenbleibt.
39800 Franken
Die Freigeistige
Auffallend und bunt inszeniert sie einen eklektischen Mix aus Street-Fashion, EthnoVintage und edlen Designerstücken. Mit Stilbrüchen dank XXL-Blazer vom Opa, lila Cowboy-Boots und Baggy-Hose aus recyceltem PET demonstriert sie bewusst Individualität, Nachhaltigkeit und Wokeness. Die Psychologiestudentin oder ContentManagerin aus gutem Bildungsbürgerhaus achtet streng auf ihre Life-Work-Balance: Meist mit Gleichgesinnten erobert sie auf dem E-Roller Szene-Städte wie Berlin, Barcelona und Lissabon. Sie lebt auch mal queer, liebt Flohmärkte, K-Pop und BubbleTea, jobbt für ein Startup und ist täglich 16 Stunden online, um sich über Social Media etwas dazuzuverdienen. Nebenbei plant sie ein Sabbatical auf Bali. Oder lieber doch Vietnam? Als Veganerin ist ihr Fair Trade wichtig, als trendbewusste Progressive eine grosse Auswahl an Accessoires und Uhren. Darunter Smartwatches, Charity- und Unisex-Modelle von Oris, Breitling, Omega oder IWC sowie Hingucker von Rolex, Hublot, Richard Mille. Hauptsache, sie machen gute Laune und garantieren ein Feuerwerk von «Likes».
Beckham-Touch
Stilikone Victoria Beckham hat mit dem Uhrenhersteller Breitling die 36 mm grosse «Chronomat» entworfen. Das Modell überzeugt auch ohne Edelsteine. Die Kollektion ist limitiert auf vier Zifferblattfarben, von denen je 400 Exemplare aus Edelstahl sowie weitere 100 Exemplare aus Gelbgold erhältlich sind. Innen arbeitet ein Automatikwerk, das für seine Präzision Chronometer-zertifiziert ist. Übrigens: Beckhams Initialen verstecken sich auf dem Sekundenzeiger und ein praktisches Reiseetui gibt es obendrein.
5500 Franken
Hingucker
Fröhlich, schrill und poppig gibt sich die «Spirit of Big Bang Jewellery Rainbow» von Hublot. Mit ihren Regenbogenfarben setzt sie zudem ein gesellschaftliches Statement: Toleranz für vielfältige Lebens- und Liebesformen. Das Armband lässt sich per Klick einfach wechseln, das Automatikwerk durch den Sichtboden bestaunen und obwohl das Goldgehäuse nur 32 mm Diagonale misst, finden auf der Uhr 493 farbige Saphire, Amethyste, Topase und Tsavorite Platz.
76000 Franken
Globalist
Auch Patek Philippe beweist, dass lässige Damenuhren ohne Edelsteine überzeugen. Dafür ist vielreisenden Frauen eine praktische Komplikation vergönnt, die auch das Global Business erleichtert: die Reiseuhr «Aquanaut Travel Time 5269» zeigt über einen zweiten Stundenzeiger eine weitere Zeitzone an, der einfach über die Krone eingestellt wird. Ebenso unkompliziert ist das Uhrwerk mit Quarzantrieb, das in einem 38,8 mm grossen Roségoldgehäuse eingebettet ist.
31000 Franken
Die Geniesserin Gewollte Illusion
Das Beste aus den Uhrmacher- und Juwelierskünsten vereint die neue Damenlinie «Reflection de Cartier». Geschickt greift der Edeljuwelier den aktuellen Schmucktrend für Armreifen auf und kreiert einen offenen Reif aus Gelbgold mit einem Sicherheitsscharnier zum Aufklappen. Zudem versteckt er darin eine optische Täuschung: Das Zifferblatt der aparten Quarz-Uhr wird in einem Spiegel gegenüber reflektiert. Aus diesem Grund scheint dort die Zeit nicht etwa stehenzubleiben, sondern rückwärts zu laufen.
40000 Franken
Mode-Statement
Bei der neuen Uhrenserie «Couture O’Clock» inszeniert Chanel charmant und humorvoll Szenen aus dem Modeatelier – darunter mit Mademoiselle Coco auf dem Zifferblatt oder wie hier auf dem Quarzmodell «J12 Couture 33 mm Watch» mit einer Schere für die Stunden- und Minutenzeiger sowie einer Nähnadel für die Sekunden. Die Uhr ist umrandet von einer Lünette mit typischer Massbandskala und bekleidet mit weisser, kratzfester Keramik in der SX-Grösse von 33 mm.
5500 Franken
Gute-Laune-Macher
Die «Happy Sport» wurde für stilbewusste Frauen entwickelt, die das Zeitgeschehen aus einer fröhlichen Perspektive betrachten: Seinen klassischen Eyecatcher verpackt Chopard in 33 mm Lucent Steel – ein zu 80 Prozent rezyklierter Edelstahl. Für die gute Laune sorgen drei Diamanten und zwei Aquamarine, die bei jeder Bewegung über das guillochierte Zifferblatt tanzen. Ferner besticht die Uhr mit einem zuverlässigen Automatikwerk mit 42 Stunden Gangautonomie und einer Diamantenlünette. Die Uhr ist limitiert auf 250 Exemplare.
16000 Franken
Sie kennt das Beste vom Feinsten und präsentiert das gern. Als junggebliebene mondäne Frau inszeniert sie gekonnt Weiblichkeit mit farbenfrohem Glamour und nutzt dafür alles, was grosse Old-Money-Marken und laute Statuslabel jede Saison hergeben. Für sie ist Ford kein Auto, sondern ein Modedesigner. Als Unternehmersgattin mit stolzem Immobilienportfolio geniesst sie das Leben als Privatière und Teilzeittessinerin. Zur Abwechslung dienen ihr gemeinsam mit den besten Freundinnen Schönheitsfarmen, Engagements für Spendenauktionen, das Umgestalten der Côte-d’Azur-Villa und Trips zu den Shopping-Hotspots Mailand und Paris. Selbstverständlich wählt sie die Internate der Kinder aus, bestimmt, wie sich der Mann kleidet und welche SUVs in der Garage stehen. Zur Grande Dame gehören auch Grandes Complications und schmucke Sondereditionen von Cartier, Van Cleef & Arpels, Chopard, Harry Winston, Tiffany oder Piaget. Weitere Lieblinge sind Chanel, Louis Vuitton und Bulgari – ach ja, es gibt so viele schöne Luxusmarken. Inakzeptabel sind aber lange Lieferzeiten.
Die Pragmatikerin
Da sie ihre Kleidung noch im übernächsten Jahr tragen möchte, setzt sie auf praktische Looks mit Multi-Tasking-Funktion. Dies passt exakt zu ihrem Alltag: Als zupackende Dreifachmutter, Vollzeitmedizinerin, Lehrerin oder Jungunternehmerin umsorgt sie auch ihre Eltern. Zum Ausgleich wandert die Naturliebhaberin, radelt fast täglich, aber dreht auch mal Rockmusik auf. Treu ihrer Bio-Food-Generation mit Think-global-Mentalität lebt sie verantwortungsbewusst mit Klangschalen-Yoga, Chai-Latte und schraubt schon mal selber Solarpaneele aufs Dach. Sie weiss Schöngeistiges zu schätzen, gönnt sich im Online-Sale auch Designer-Ripped-Jeans und hippe Sneaker, trägt doch meist schmale Jog-Pants, Karobluse oder Sweater, XL-Rucksack und zu den Tattoos passend die Undercut-Frisur. Die kühne Rechnerin investiert eher in den Bretagne-Familienurlaub und erwartet viel Uhr fürs Geld. Für sie rangieren Qualitätsmarken mit Sportcharme und Robustheit wie Tudor, Tissot, Tag Heuer oder Longines weit vorne. Aber bitte kein Glitzer oder Barbie-Pink.
Allround-Talent
Mit Chronographen lassen sich Meetings und Joggingrouten stoppen, man kann den Puls messen oder Kochzeiten einhalten. Der «Black Bay Chrono Pink» von Tudor symbolisiert zudem Sportsgeist, denn das Zifferblatt zeigt die Trikotfarbe des Fussballclubs Inter Miami, einem Kooperationspartner von Tudor. Die Farbkontraste verbessern auch die Ablesbarkeit der Tachymeterskala, Totalisatoren und der Datumsanzeige. 70 Stunden Energie leistet das Chronometer-zertifizierte Automatikwerk, das von 41 mm Edelstahl umgeben ist.
5200 Franken
Neo-Vintage
Raymond Weil verleiht seiner preisgekrönten NeoVintage-Kollektion Millesime einen neuen Anstrich. Gehüllt in Grau-Silber-Töne, verteilt auf 35 mm Edelstahl, tickt in der neuen «Millesime Automatic Central Second» ein Automatikwerk. Wobei die Raffinessen im Detail stecken: Das beidseitig entspiegelte Box-Saphirglas, die langen spitzen Zeiger, die mit Leuchtmasse befüllt sind, und das dreireihige Sektor-Zifferblatt mit Leucht-Indizes garantieren optimale Ablesbarkeit – und zwar Tag und Nacht.
1575 Franken
Preis-Leistungs-Profi
Mit ihrem Bauhaus-Klassiker hat Nomos Glashütte erstmals an der Uhrenmesse Watches and Wonders teilgenommen. Zur Freude darüber lancierte die eigenständige Manufaktur ihre Ikone «Tangente 38» in gleich 31 Farbvarianten. Ob wie hier «Katzengold» – jede Version existiert nur 175 Mal. Für das puristische Design und den hohen Tragekomfort dank schlanken 6,8 mm wurde das Datum extra an den Zifferblattrand verlegt, wofür die Deutschen ein eigenes Handaufzugswerk entwickelten. Bestückt mit einem Glasboden und 37,5 mm Edelstahlgehäuse.
2115 Franken