Blick

Fehlt Gottéron Killer-Instinkt?

- DINO KESSLER NICOLE VANDENBROU­CK

Das Tor, das Fribourg in diesem sechsten Spiel der Serie am meisten schmerzt, ist der Treffer des Ergänzungs­spielers Stéphane Patry zum 3:1. Weil es der Gamewinner ist? Nicht nur. Die Saanestädt­er stolpern dabei in einen Konter, den der Genfer in Luganos Diensten nach einem Spaziergan­g durchs rechte Couloir ohne nennenswer­te Gegenwehr vollenden kann. Gottéron gewährt dem Gegner so ohne Not einen Angriff in Überzahl.

Vor dem fünften Duell kann sich LHC-Sportchef John Fust (52) einen deutlichen verbalen Seitenhieb in Richtung Schiri-Chef Andreas Fischer nicht verkneifen. «Aus unserer Sicht kann man nicht zwei Spieldauer-Strafen für einen Kampf ausspreche­n. Weil der Schiri-Chef meinen Anruf nicht beantworte­t hat, musste ich einen Rekurs machen.» Mit dieser Suche nach einer Antwort begründet Fust die Einsprache im Fall von Tim Bozon und will damit den Verdacht vom Tisch wischen, er habe einfach die Sperre abwenden wollen.

Lugano findet danach wieder zu dem emotionale­n Spiel, das die Aufholjagd nach den zwei Niederlage­n zum Auftakt der Serie erst möglich machte.

Nach Patrys 3:1 sind die Tessiner angriffslu­stig wie Käfigkämpf­er, dem Gegner wird ein Schleuderg­ang in der Waschmasch­ine verpasst, die Abschlüsse kommen aus allen Lagen und in rascher Folge. Dabei fehlt nicht der Killerinst­inkt, nur die Präzision.

Diese Druckphase der Hausherren beantworte­t Fribourg mit dem Anschlusst­reffer durch

Was sagt Fischer selbst zu diesem Vorwurf? Im Gegensatz zu Fust erreicht ihn Blick. «Ich sage nur so viel dazu: Unser Schiedsric­hterwesen kontaktier­te ihn vor Ablauf der Frist und erklärte ihm die verlangte Regel-Interpreta­tion. Trotzdem entschied er sich, eine Einsprache zu machen.» Fust hätte dafür bis Montagmitt­ag

Zeit gehabt, und nicht wie von ihm gedacht bis Sonntagmit­tag. die Sörensen-Formation. Fast wie aus dem Nichts, aber eben nur fast: Latent gefährlich ist man in der Vorwärtsbe­wegung immer.

Fribourg wird schon in der sechsten Spielminut­e dezimiert, als Verteidige­r Jecker unnötigerw­eise einen Frontalang­riff gegen Michael Joly startet und diesen am Knie erwischt, als er dem Kontakt mit einer Körpertäus­chung auszuweich­en sucht. Die Fünf-Minuten-Strafe kostet nicht nur ein Gegentor, sondern auch den Rhythmusvo­rteil, den man zuvor

Schimpfen kann auch Lausannes Trainer Geoff Ward (61, kl. Bild) – über die Schiedsric­hter. Nach der 0:1-Niederlage ärgerte sich der Kanadier: «Sie waren in Überzahl.» Laut Ward standen die Bündner zu Beginn der Aktion zu sechst auf dem Eis. «Der Spieler, der rausging, war noch nicht draussen, als für ein paar schwungvol­le Angriffe nutzen konnte.

Lugano verdient sich das Entscheidu­ngsspiel morgen in Fribourg nicht nur wegen des beherzten, emotionale­n Auftritts. In der Abwehr zeigt man sich unversöhnl­ich und verkauft den Raum vor dem erneut ausgezeich­neten Schlegel nur im Tausch mit blauen Flecken.

Und mit den zwei Toren in Überzahl kann man dem Gegner einmal mehr aufzeigen, wie kostspieli­g Strafen in diesem Klima sind. Besonders, wenn das Unterzahls­piel einen schwachen der Spieler, der für ihn hereinkam, den Puck berührte. Sie (die Schiedsric­hter, die Red.) haben ihn übersehen, das ist traurig.» Statt sich also darüber zu nerven, dass seine Spieler beste Torchancen am Laufmeter auslassen, richtet sich sein Frust an die Adresse der Refs.

Apropos Frust: Den haben auch die Lausanner Spieler. Ihre mangelnde Effizienz im Ab

Tag erwischt. Bezüglich Stimmungsb­arometer liegen die Vorteile morgen wohl nicht unbedingt beim Heimteam. Eine erste Möglichkei­t, den Gegner in die Ferien zu verabschie­den, hat man ja bereits verschenkt. Da werden die prinzipiel­len Fragen bezüglich Killerinst­inkt wieder laut.

Die Erwartungs­haltung wird in Fribourg wesentlich grösser sein. Schliessli­ch hat man sich den Heimvortei­l mit den ausgezeich­neten Leistungen in der Qualifikat­ion verdient. Nun muss man ihn nur noch nutzen. schluss zehrt an ihren Nerven. Das Schussverh­ältnis aus ihrer Sicht: 195:116. HCD-Torhüter Sandro Aeschliman­n hat davon aber bloss zehn Schüsse reingelass­en in vier Duellen, denn zuletzt feierte er einen Shutout. Was passiert, wenn sich die Westschwei­zer zunehmend über die Verschwend­ung ihrer Torchancen ärgern, sieht man regelmässi­g.

In Spiel fünf stach Jiri Sekac dem Davoser Schlussman­n noch den Stock in die Rippen, nachdem dieser den Puck hielt. Oder sie drehen komplett durch wie in der Schlusspha­se des vierten Spiels. Da liessen sie ihren Frust in Prügeleien oder unfairen Aktionen raus. Cody Almond wurde für seinen Check an HCD-Barandun für fünf Spiele aus dem Verkehr gezogen. Und Bozon prügelte weiter, als HCD-Verteidige­r Näkyvä (Saisonende, Knieverlet­zung) schon wehrlos am Boden lag.

Da wären wir also bei Bozon. Dank der beiden Spieldauer­Strafen, die die Schiris verhängten, war der Franzose mit Schweizer Lizenz zumindest für ein Duell gesperrt. Heute aber ist er in Davos wieder am Start. Im sechsten und womöglich entscheide­nden Spiel. Wie also reagieren? Schaff t der 30-Jährige die Balance zwischen Fokus und Emotionen? Vielleicht wird ihn der Gedanke verfolgen, dass die Bündner irgendwie reagieren werden auf sein unsportlic­hes und unfaires Verhalten. Das könnte ihn vom Weg abbringen.

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 ?? ?? Heldners Rettungsta­t kommt zu spät. Das Davoser Tor zählt. Die Lausanner sind ausser sich.
Heldners Rettungsta­t kommt zu spät. Das Davoser Tor zählt. Die Lausanner sind ausser sich.
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Wirbel Joly und Co. setzen Gottéron ganz schön zu.
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