Fehlt Gottéron Killer-Instinkt?
Das Tor, das Fribourg in diesem sechsten Spiel der Serie am meisten schmerzt, ist der Treffer des Ergänzungsspielers Stéphane Patry zum 3:1. Weil es der Gamewinner ist? Nicht nur. Die Saanestädter stolpern dabei in einen Konter, den der Genfer in Luganos Diensten nach einem Spaziergang durchs rechte Couloir ohne nennenswerte Gegenwehr vollenden kann. Gottéron gewährt dem Gegner so ohne Not einen Angriff in Überzahl.
Vor dem fünften Duell kann sich LHC-Sportchef John Fust (52) einen deutlichen verbalen Seitenhieb in Richtung Schiri-Chef Andreas Fischer nicht verkneifen. «Aus unserer Sicht kann man nicht zwei Spieldauer-Strafen für einen Kampf aussprechen. Weil der Schiri-Chef meinen Anruf nicht beantwortet hat, musste ich einen Rekurs machen.» Mit dieser Suche nach einer Antwort begründet Fust die Einsprache im Fall von Tim Bozon und will damit den Verdacht vom Tisch wischen, er habe einfach die Sperre abwenden wollen.
Lugano findet danach wieder zu dem emotionalen Spiel, das die Aufholjagd nach den zwei Niederlagen zum Auftakt der Serie erst möglich machte.
Nach Patrys 3:1 sind die Tessiner angriffslustig wie Käfigkämpfer, dem Gegner wird ein Schleudergang in der Waschmaschine verpasst, die Abschlüsse kommen aus allen Lagen und in rascher Folge. Dabei fehlt nicht der Killerinstinkt, nur die Präzision.
Diese Druckphase der Hausherren beantwortet Fribourg mit dem Anschlusstreffer durch
Was sagt Fischer selbst zu diesem Vorwurf? Im Gegensatz zu Fust erreicht ihn Blick. «Ich sage nur so viel dazu: Unser Schiedsrichterwesen kontaktierte ihn vor Ablauf der Frist und erklärte ihm die verlangte Regel-Interpretation. Trotzdem entschied er sich, eine Einsprache zu machen.» Fust hätte dafür bis Montagmittag
Zeit gehabt, und nicht wie von ihm gedacht bis Sonntagmittag. die Sörensen-Formation. Fast wie aus dem Nichts, aber eben nur fast: Latent gefährlich ist man in der Vorwärtsbewegung immer.
Fribourg wird schon in der sechsten Spielminute dezimiert, als Verteidiger Jecker unnötigerweise einen Frontalangriff gegen Michael Joly startet und diesen am Knie erwischt, als er dem Kontakt mit einer Körpertäuschung auszuweichen sucht. Die Fünf-Minuten-Strafe kostet nicht nur ein Gegentor, sondern auch den Rhythmusvorteil, den man zuvor
Schimpfen kann auch Lausannes Trainer Geoff Ward (61, kl. Bild) – über die Schiedsrichter. Nach der 0:1-Niederlage ärgerte sich der Kanadier: «Sie waren in Überzahl.» Laut Ward standen die Bündner zu Beginn der Aktion zu sechst auf dem Eis. «Der Spieler, der rausging, war noch nicht draussen, als für ein paar schwungvolle Angriffe nutzen konnte.
Lugano verdient sich das Entscheidungsspiel morgen in Fribourg nicht nur wegen des beherzten, emotionalen Auftritts. In der Abwehr zeigt man sich unversöhnlich und verkauft den Raum vor dem erneut ausgezeichneten Schlegel nur im Tausch mit blauen Flecken.
Und mit den zwei Toren in Überzahl kann man dem Gegner einmal mehr aufzeigen, wie kostspielig Strafen in diesem Klima sind. Besonders, wenn das Unterzahlspiel einen schwachen der Spieler, der für ihn hereinkam, den Puck berührte. Sie (die Schiedsrichter, die Red.) haben ihn übersehen, das ist traurig.» Statt sich also darüber zu nerven, dass seine Spieler beste Torchancen am Laufmeter auslassen, richtet sich sein Frust an die Adresse der Refs.
Apropos Frust: Den haben auch die Lausanner Spieler. Ihre mangelnde Effizienz im Ab
Tag erwischt. Bezüglich Stimmungsbarometer liegen die Vorteile morgen wohl nicht unbedingt beim Heimteam. Eine erste Möglichkeit, den Gegner in die Ferien zu verabschieden, hat man ja bereits verschenkt. Da werden die prinzipiellen Fragen bezüglich Killerinstinkt wieder laut.
Die Erwartungshaltung wird in Fribourg wesentlich grösser sein. Schliesslich hat man sich den Heimvorteil mit den ausgezeichneten Leistungen in der Qualifikation verdient. Nun muss man ihn nur noch nutzen. schluss zehrt an ihren Nerven. Das Schussverhältnis aus ihrer Sicht: 195:116. HCD-Torhüter Sandro Aeschlimann hat davon aber bloss zehn Schüsse reingelassen in vier Duellen, denn zuletzt feierte er einen Shutout. Was passiert, wenn sich die Westschweizer zunehmend über die Verschwendung ihrer Torchancen ärgern, sieht man regelmässig.
In Spiel fünf stach Jiri Sekac dem Davoser Schlussmann noch den Stock in die Rippen, nachdem dieser den Puck hielt. Oder sie drehen komplett durch wie in der Schlussphase des vierten Spiels. Da liessen sie ihren Frust in Prügeleien oder unfairen Aktionen raus. Cody Almond wurde für seinen Check an HCD-Barandun für fünf Spiele aus dem Verkehr gezogen. Und Bozon prügelte weiter, als HCD-Verteidiger Näkyvä (Saisonende, Knieverletzung) schon wehrlos am Boden lag.
Da wären wir also bei Bozon. Dank der beiden SpieldauerStrafen, die die Schiris verhängten, war der Franzose mit Schweizer Lizenz zumindest für ein Duell gesperrt. Heute aber ist er in Davos wieder am Start. Im sechsten und womöglich entscheidenden Spiel. Wie also reagieren? Schaff t der 30-Jährige die Balance zwischen Fokus und Emotionen? Vielleicht wird ihn der Gedanke verfolgen, dass die Bündner irgendwie reagieren werden auf sein unsportliches und unfaires Verhalten. Das könnte ihn vom Weg abbringen.