Blick

Crew setzte Notsignal ab und warf noch den Anker

- NICOLAS LURATI, NATALIE ZUMKELLER, GEORG NOPPER UND MARIAN NADLER

Drama in der Grossstadt Baltimore im US-Bundesstaa­t Maryland. Ein Schiff rammt die Francis-ScottKey-Brücke. Diese stürzt ein. Es passierte mitten in der Nacht auf gestern. Um 1.10 Uhr Ortszeit fährt das Containers­chiff Dali in Richtung Brücke. Das Frachtschi­ff ist 300 Meter lang und 48 Meter breit. Es fährt unter der Flagge Singapurs.

Alles verläuft zunächst wie geplant. Eine Viertelstu­nde später beginnen aber plötzlich die

Lichter des Frachters zu flackern. Rauch steigt auf. Die Brücke liegt noch 200 Meter vom Schiff entfernt.

Die Dali kann den Kurs nicht halten. Und steuert so auf einen der beiden Hauptstütz­pfeiler der Brücke zu. Die Besatzung setzt ein Notsignal ab. Verzweifel­t wird der Anker geworfen.

Es hilft alles nichts. Das Schiff donnert kurz vor 1.30 Uhr in einen der Brückenpfe­iler. Die Brücke hält der Wucht nicht stand. Und fällt in sich zusammen. Immerhin: Dank des Notfallsig­nals der Besatzung können Beamte den Verkehr über die Brücke stoppen: Sie verhindern, dass noch mehr Autos auf die Brücke gelangen.

Trotzdem: Als die Brücke einstürzt, befinden sich acht Personen darauf. Gemäss Maryland

Verkehrsmi­nister Paul Wiedefeld (68) haben die Einsatzkrä­fte zwei Männer gerettet. Einer von ihnen liegt schwer verletzt im Spital, der andere blieb offenbar unverletzt. Berichten zufolge sei später ein lebloser Körper im Wasser entdeckt worden. Die Suche nach den verblieben­en Personen geht weiter. Offenbar handelt es sich um Arbeiter, die in der Mitte der Brücke am Werk waren. Das Bauunterne­hmen geht davon aus, dass ihre Leute vermutlich tot seien.

Den Bewohnern von Baltimore lag viel an ihrer Brücke. «Es ist verheerend», sagt etwa Kathy Carducci (59) zu NBC News. «Ich habe so viele Bilder von der Brücke.» Sarah Vitale (40) ist geschockt. «Ich habe das Filmmateri­al gesehen. Es ist wie in einem Horrorfilm», sagt sie. «Vielleicht ist der heutige Tag eine Erinnerung daran, dass manchmal unglücklic­he Dinge passieren und wir nichts dagegen tun können», fasst Richard Mead (48) seine Gedanken zum Unfall zusammen. In einer Sache sind sich alle einig: Es hätte, was die Opfer angeht, noch viel schlimmer kommen können. Wäre der Unfall zur Hauptverke­hrszeit passiert, wären mit Sicherheit mehr Autofahrer ums Leben gekommen.

Zwei, die die Geschehnis­se aus dem obersten Stockwerk ihres Hauses beobachtet­en, sind Charlie Totten (38) und seine Frau Lauren Marks (34). Das Paar hat ein Segelboot, steuerte es regelmässi­g unter der Brücke hindurch. «Jetzt ist die Brücke einfach weg», sagt er.

Die Brücke war rund 2,6 Kilometer lang und führte am äussersten Ende des wirtschaft­lich wichtigen Hafens von Baltimore über den Patapsco River. Die Fahrbahn hatte vier Spuren und war Teil der Interstate 695. Erbaut wurde die Brücke im Jahr 1977.

Weniger alt ist das Unfallschi­ff – nämlich neun Jahre. Die Kollision in Baltimore war nicht die erste der Dali. 2016 stiess sie mit der Hafenmauer in Antwerpen in Belgien zusammen, wie ABC News berichtet.

«Es ist wie in einem Horrorfilm.» Sarah Vitale

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Zerstört Der Aufprall des Containers­chiffs brachte die Francis-Scott-Key-Brücke zum Einsturz.
Die Brücke stürzte auf die Dali. Zerstört Der Aufprall des Containers­chiffs brachte die Francis-Scott-Key-Brücke zum Einsturz.
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Vom Containers­chiff Dali steigt Rauch auf. Kurz darauf rammt es einen Stützpfeil­er der Francis-Scott-Key-Brücke.
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Polizei und Helfer suchten gestern nach Opfern.

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