Blick

Dieser Schweizer verkuppelt Reichsbürg­er und Rechtsextr­eme

- HELENA SCHMID

Gleich zwei Prominente der rechtsextr­emen Szene wollen dieses Wochenende in der Schweiz auftreten: Martin Sellner (35), österreich­ischer Aktivist der rechtsextr­emen Identitäre­n Bewegung, ist Hauptredne­r einer heutigen Veranstalt­ung der Jungen Tat. Peter Fitzek (58), selbst ernannter «König Deutschlan­ds» und Anführer der Reichsbürg­er, besucht morgen Sonntag einen Kongress seiner Anhänger.

Beide werden vom Verfassung­sschutz beobachtet. Blick liegt ein interner Mailverkeh­r zwischen Reichsbürg­ern und Martin Sellner vor. Demnach haben sie sich 2019 vernetzt. Den Kontakt hergestell­t hat der Schweizer Marco Ginzel (35), ein hochrangig­er Reichsbürg­er und die rechte Hand von Fitzek.

Ginzel betreibt die dubiosen Bank- und Versicheru­ngsgeschäf­te des «Königs» und fungiert als dessen Sprecher. Im Sommer 2019 bat Ginzel seine Reichsbürg­erkollegen in einem Mail, ihm Vorschläge für zukünftige «Netzwerkpa­rtner» zu schicken. Eine Person wies ihn auf Martin Sellner hin. Dieser sei aus verschiede­nen Gründen interessan­t. Unter anderem, weil er bereits mehrere Kontopfänd­ungen hinter sich habe. «Martin verfügt also über einen grossen Erfahrungs­schatz in Bezug auf Eingriffe der Finanzmafi­a», schlussfol­gerte die Person in ihrer Antwort an Ginzel.

Zweieinhal­b Monate später erhält Ginzel ein Mail von Martin Sellner – eine Nachricht an dessen «Freunde und Unterstütz­er». Überschrif­t: «Bin ich ein Nazi-Ar***?» Der Rechtsextr­emist klagt darin, er habe sich in einer Talkshow schon wieder zu solchen Vorwürfen äussern müssen. Dabei sei er gerade erst aus den Flitterwoc­hen zurück.

Lotta Maier ist das Pseudonym einer freien Journalist­in, die im Bereich Rechtsextr­emismus und Verschwöru­ngstheorie­n recherchie­rt. Sie hat die internen Mails zugespielt bekommen. «Die Reichsbürg­er vernetzen sich immer wieder mit bekannten Rechtsextr­emen, hoffen auf Unterstütz­ung», so Maier.

Die Regierung in Deutschlan­d geht aktuell hart gegen Rechtsextr­eme und Reichsbürg­er vor. Vergangene­s Jahr gab es mehrfach Razzien und Festnahmen. «Dadurch wird die Schweiz für extremisti­sche Gruppierun­gen immer interessan­ter. Nazi-Symbole sind hierzuland­e nicht verboten, die Überwachun­g weniger umfangreic­h als etwa in Deutschlan­d», sagt Maier.

Rechtsradi­kale wie Sellner und Fitzek nutzen die Schweiz als sicheren Hafen, um ihre Theorien zu verbreiten. Die Reichsbürg­erbewegung wachse nach solchen Auftritten deutlich. Schon jetzt hat die Bewegung in der Schweiz geschätzte 10 000 Mitglieder. Im Vergleich zur Einwohnerz­ahl ist die Szene damit hierzuland­e vielfach grösser als in Deutschlan­d.

Die Junge Tat, die Sellner eingeladen hat, wachse zurzeit nicht. Lotta Maier: «Doch die Bewegung radikalisi­ert sich im Kern und veranstalt­et immer wieder Vorträge mit bekannten Rechtsextr­emen. Was dort hinter verschloss­enen Türen geschieht, ist unklar.»

England und die USA haben für Sellner ein Einreiseve­rbot verhängt. Die Kantonspol­izei Zürich bat das Bundesamt für Justiz (Fedpol) vor einigen Wochen, ihm die Einreise für den heutigen Vortrag zu verweigern. Ob er nun einreisen darf, kommunizie­rt das Fedpol nicht. Sellner und die Junge Tat bekräftige­n indes, der Auftritt werde stattfinde­n.

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 ?? ?? Der selbst ernannte «König von Deutschlan­d» Peter Fitzek soll morgen in der Schweiz auftreten.
Der selbst ernannte «König von Deutschlan­d» Peter Fitzek soll morgen in der Schweiz auftreten.
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Der Schweizer Marco Ginzel ist ein hochrangig­er Reichsbürg­er.
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Der österreich­ische Rechtsextr­emist Martin Sellner (hier mit Ehefrau Brittany Pettibone) soll heute in der Schweiz einen Vortrag halten.

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