Verroht nach Urteil die politische Kultur?
Andreas Glarner darf gemäss einem Richter als «Gaga-Rechtsextremist» bezeichnet werden. Das Urteil könnte Konsequenzen haben für die politische Debatte im Land.
Kurz vor Weihnachten 2022 bezeichnete der Journalist und Medienunternehmer Hansi Voigt den SVP-Nationalrat Andreas Glarner als «GagaRechtsextremisten». Glarner liess sich das nicht gefallen und klagte gegen den Medienmann. Das Bezirksgericht Bremgarten beurteilte die Bezeichnung als legitim. Glarner zieht das Urteil ans Aargauer Obergericht weiter.
Das sagen Juristen zum Urteil
Anwalt Martin Steiger sagt, Glarner habe mit seinem Strafantrag ein Eigentor riskiert. «Das Bundesgericht hält fest, dass sich Politiker mehr gefallen lassen müssen als Normalbürger», so Steiger. Die Gegenseite habe offenbar «zumindest für den Richter den Beweis des guten Glaubens oder sogar der Wahrheit der Aussage erbracht». Der Anwalt und Strafrechtsexperte Thomas Merz hält die Argumentation des Gerichts indes für nicht nachvollziehbar. «Ich erachte das Wort «Rechtsextremist» als sehr stark und auch «Gaga» ist meines Erachtens eindeutig eine Beschimpfung», sagt er. Rückblickend sei es wohl ein Fehler gewesen, dass sich Glarner keinen Anwalt genommen habe. «Die Gegenseite war sehr professionell aufgestellt und zückte zahlreiche Beispiele», so Merz. Er könne sich jedoch gut vorstellen, dass die nächste Instanz das Urteil wieder kippe.
Hat das Urteil Konsequenzen für die politische Kultur?
Politikwissenschaftler Michael Hermann sagt, ausserhalb der
sozialen Medien herrsche eine Kultur des Respekts, auch wenn es vor der Kamera zu heftigen Auseinandersetzungen kommen könne. «Das Urteil kann tendenziell dazu führen, dass die Schamgrenze für Beleidigungen sinkt», glaubt Hermann.