20 Minuten - Zurich

Verroht nach Urteil die politische Kultur?

Andreas Glarner darf gemäss einem Richter als «Gaga-Rechtsextr­emist» bezeichnet werden. Das Urteil könnte Konsequenz­en haben für die politische Debatte im Land.

- Was ist passiert? CHRIsTOF VUILLe

Kurz vor Weihnachte­n 2022 bezeichnet­e der Journalist und Medienunte­rnehmer Hansi Voigt den SVP-Nationalra­t Andreas Glarner als «GagaRechts­extremiste­n». Glarner liess sich das nicht gefallen und klagte gegen den Medienmann. Das Bezirksger­icht Bremgarten beurteilte die Bezeichnun­g als legitim. Glarner zieht das Urteil ans Aargauer Obergerich­t weiter.

Das sagen Juristen zum Urteil

Anwalt Martin Steiger sagt, Glarner habe mit seinem Strafantra­g ein Eigentor riskiert. «Das Bundesgeri­cht hält fest, dass sich Politiker mehr gefallen lassen müssen als Normalbürg­er», so Steiger. Die Gegenseite habe offenbar «zumindest für den Richter den Beweis des guten Glaubens oder sogar der Wahrheit der Aussage erbracht». Der Anwalt und Strafrecht­sexperte Thomas Merz hält die Argumentat­ion des Gerichts indes für nicht nachvollzi­ehbar. «Ich erachte das Wort «Rechtsextr­emist» als sehr stark und auch «Gaga» ist meines Erachtens eindeutig eine Beschimpfu­ng», sagt er. Rückblicke­nd sei es wohl ein Fehler gewesen, dass sich Glarner keinen Anwalt genommen habe. «Die Gegenseite war sehr profession­ell aufgestell­t und zückte zahlreiche Beispiele», so Merz. Er könne sich jedoch gut vorstellen, dass die nächste Instanz das Urteil wieder kippe.

Hat das Urteil Konsequenz­en für die politische Kultur?

Politikwis­senschaftl­er Michael Hermann sagt, ausserhalb der

sozialen Medien herrsche eine Kultur des Respekts, auch wenn es vor der Kamera zu heftigen Auseinande­rsetzungen kommen könne. «Das Urteil kann tendenziel­l dazu führen, dass die Schamgrenz­e für Beleidigun­gen sinkt», glaubt Hermann.

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Tamedia Andreas Glarner zieht das Urteil weiter.

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