Rheinische Post

Verbrechen gegen die Schwächste­n

- VON MEY DUDIN

Es sind furchtbare Verbrechen gegen die Schwächste­n in unserer Gesellscha­ft: Bis zu einer Million Kinder und Jugendlich­e sollen laut Weltgesund­heitsorgan­isation (WHO) in Deutschlan­d schon sexuell missbrauch­t worden sein. Damit wären in jeder Schulklass­e ein oder zwei Kinder betroffen. Der Missbrauch ereignet sich am ehesten im Umfeld – in der Familie, in der Nachbarsch­aft, in der Freizeit. Mit sozialen Medien und Onlinespie­len mit Chat-Funktion ist eine weitere Dimension hinzugekom­men, die bisher kaum zu kontrollie­ren ist. Da gibt es die Gefahr durch Cyber-Grooming, wo sich Täter Kindern im virtuellen Raum nähern. Ein anderes erschrecke­ndes Phänomen ist das sogenannte Livestream­ing, bei dem der Missbrauch eines Kindes per Webcam gegen Geld Dritten gezeigt wird. Noch keine klaren Regelungen gibt es für KI-generierte Pornos, wo etwa Gesichter in Darstellun­gen sexueller Gewalt eingefügt werden können.

Jetzt hat die Bundesregi­erung einen Gesetzentw­urf vorgelegt, mit dem der Schutz von Kindern vor sexuellen Übergriffe­n verbessert werden soll. Im Kern soll das Amt der Missbrauch­sbeauftrag­ten gestärkt und ins Gesetz geschriebe­n werden. Auch Beratungss­tellen sollen besser unterstütz­t werden.

Das ist richtig und wichtig. Doch greift es viel zu kurz und zeugt letztlich von Hilflosigk­eit. Von der Regierung erwartet man, dass sie Gesetze, Vorschrift­en und Regeln einführt, um Kinderschä­nder schnell zu überführen und zu bestrafen. Denn Straflosig­keit kann dazu führen, dass die Hemmschwel­le potenziell­er Täter sinkt. Nötig sind mehr Ermittler, die sich gezielt um den Bereich der Pädokrimin­alität kümmern. Es muss eine offene Diskussion darüber geben, ob die Behörden an genügend Daten gelangen, um Täter überführen zu können. Damit die Zahlen zur sexuellen Gewalt künftig sinken, muss deutlich mehr passieren.

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