Die nächste letzte Chance für Galeria
Die Gläubiger des Essener Warenhauskonzerns haben dem Sanierungskonzept des Insolvenzverwalters erwartungsgemäß zugestimmt. Doch viele vermissen noch eine echte Strategie der neuen Eigentümer.
Immer wenn der Warenhauskonzern Galeria in der Vergangenheit Filialschließungen und Stellenabbau ankündigte, gab es Proteste der Gewerkschaft Verdi. Das war auf der einen Seite verständlich, weil die Wahrung der Arbeitnehmer-Interessen die ureigentliche Aufgabe der Gewerkschafter ist. Und auf der anderen Seite größtenteils fruchtlos, weil abseits einiger Achtungserfolge mit doch noch geretteten Niederlassungen das Streichprogramm stets Wirklichkeit wurde. Am Dienstag hat es vor Beginn der Galeria-Gläubigherversammlung in der Essener Messe erneut solche Proteste gegeben. Mit rund zwei Dutzend Mitgliedern der Bundestarifkommission von Verdi. Tenor: „Es bedarf vor allem ausreichender Investitionen seitens der neuen Eigentümer, um das Warenhauskonzept, Standorte, Arbeitsplätze und Weiterbildung langfristig zu sichern“, so Verdi-Verhandlungsführer Marcel Schäuble.
Der Verdi-Mann hat ohne Zweifel recht, wenn er sagt, dass Filialschließungen und Kostensenkungsprogramme noch kein einziges Mal ein taugliches Mittel waren, um Galeria und seine Vorläufer wieder nachhaltig auf Erfolgskurs zu bringen. Seit dem Insolvenzantrag der damaligen Karstadt-Muttergesellschaft Arcandor vor 15 Jahren ist der Warenhausbetreiber nie mehr richtig auf die Beine gekommen, nicht unter Nicolas Berggruen und erst recht nicht unter René Benkos Immobilienimperium Signa. Und so mancher ist skeptisch, dass es diesmal besser werden soll.
Zumindest die Atempause ist geschafft. Die Gläubiger haben das Sanierungskonzept von Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus am Dienstag erst mal abgenickt und damit den Weg frei gemacht für die Übernahme durch das Konsortium aus der US-Investmentgesellschaft NRDC von Richard Baker und der Beteiligungsfirma BB Kapital SA des Unternehmers Bernd Beetz. 16 Filialen werden geschlossen, 1400 Stellen gestrichen, davon allein 450 in der Essener Hauptverwaltung, die 2025 nach Düsseldorf zieht in ein ehemaliges Warenhaus. Das zuständige Gericht hat den Insolvenzplan laut Denkhaus bereits abgesegnet.
In zwei Wochen wäre die Entscheidung damit rechtskräftig, und Galeria könnte im Juli wie geplant an die neuen Eigentümer übergeben werden.
Denkhaus war am Dienstag nach der Entscheidung der Gläubiger erleichtert. Hätten Sie nicht zugestimmt, wäre das einer Katastrophe gleichgekommen, weil es dann möglicherweise Interessenten für einzelne Häuser oder Häuserpakete gegeben hätte, aber keine Verpflichtung der Käufer, auch die Belegschaft in diesen Niederlassungen zu übernehmen. Das Geschäft wäre zum Stillstand gekommen. Die Gläubiger hätten dann vermutlich vollends in die Röhre geschaut. So bleibt bei angemeldeten Forderungen von 886 Millionen Euro wenigstens eine Befriedigungsquote zwischen zwei und drei Prozent. Für die 1400 Beschäftigten, die ihren Job verlieren, gibt es die Möglichkeit, für acht Monate in eine Transfergesellschaft zu wechseln. Das ist so mit dem Gesamtbetriebsrat vereinbart worden.
Wie längerfristig die Zukunft der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aussieht, die im Unternehmen verbleiben, ist offen, auch weil das Konzept der Neu-Eigentümer noch vage erscheint. Ein Produktportfolio aus Mode- und Wäscheartikeln ist im Gespräch, aber sicher noch keine handfeste Strategie.
„Ich muss einen besseren Job machen als meine Vorgänger“, hat Neueigentümer Beetz gesagt. Da würde wohl niemand widersprechen. Doch die kolportierte Idee, Galeria würde gern einen Sonntag im Monat öffnen, ist ein Punkt, der bei Fachleuten auf Unverständnis stößt: „Das Prinzip Hoffnung hat, wenn es um die Umsatzplanung geht, noch nie funktioniert – und das wird es auch bei Galeria nicht tun“, sagt der Mönchengladbacher Handelsexperte Gerrit Heinemann von der Hochschule Niederrhein. Viele Händler ruderten schon jetzt bei den Öffnungszeiten zurück, weil sie nicht wüssten, woher sie zusätzliches Personal nehmen sollten. Davon abgesehen: Mit Plänen für verkaufsoffene Sonntage sind schon viele an Widerstand der Gewerkschaft Verdi gescheitert, weil so etwas ohne konkreten Anlass nicht möglich ist. Ganz zu schweigen von den geltenden Ladenschlussregeln.
„Das Prinzip Hoffnung wird bei Galeria nicht funktionieren“ Gerrit Heinenann Handelsexperte
Vielleicht war Fortuna schon ein paar Tage zuvor gescheitert. Nach dem 3:0 im Hinspiel der Relegation, als den Düsseldorfern gefühlt die ganze Fußball-Nation bereits zur Rückkehr in die Bundesliga gratuliert hatte. Doch der deutliche Vorsprung in der Relegation, er war trügerisch. Und am Ende des Rückspiels standen die Düsseldorfer nach einem dramatischen 5:6 im Elfmeterschießen mit leeren Händen da. Der VfL Bochum hatte in der regulären Spielzeit ebenfalls auswärts drei Tore geschossen und schließlich vom Punkt die besseren Nerven gehabt.
Geschlagen hatte sich Fortuna aber selbst. Und das hing nur bedingt damit zusammen, dass die individuelle Klasse eines Bundesliga-Kaders grundsätzlich höher sein sollte als die des Zweitligisten. Angst essen Seele auf – so cool die Rheinländer im Vorfeld auch aufgetreten waren, so zittrig, so unsicher agierten sie auf dem Rasen der Arena vor 51.500 Zuschauern, von denen die meisten bedingungslos hinter ihnen standen. Nachhaltigen Zugriff auf die Begegnung hatte Fortuna eigentlich nie. Sie war immer einen Schritt zu spät, nicht griffig, nicht gallig genug, um die Wucht der Bochumer Angriffe im Zaum zu halten. Die Hilflosigkeit wurde von der Seitenlinie hineingetragen: Trainer Daniel Thioune vermochte es jedenfalls nicht, irgendeinen Impuls zu setzen, um dem Spiel noch einmal eine andere Richtung zu geben. Es dauerte quälend lange 75 Minuten, bis er überhaupt reagierte und personelle Korrekturen vornahm. Da waren die drei Gegentreffer bereits gefallen.
Mehr als verwunderlich wirkte die Tatsache, dass er sich ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt, in dem ein vierter Treffer der Bochumer gefühlt näher schien als ein Befreiungsschlag seiner Mannschaft, für einen reinen Konterspieler entschied: Jona Niemiec ist zwar pfeilschnell, aber technisch äußerst limitiert. Spielerisch war mit ihm keine Verbesserung zu erwarten. Stattdessen schmorte Shinta Appelkamp über die volle Distanz auf der Bank, was für sehr viel Unmut beim DeutschJapaner, aber auch für Unverständnis im Umfeld der Mannschaft sorgte. Appelkamp hätte auch auf dem rechten Flügel agieren können. Ihn gar nicht zu bringen, war zumindest eine vergebene Chance.
Ebenso rätselhaft schien, warum Thioune ausgerechnet Ao Tanaka vom Feld nahm, der als einziger Fortune zuvor Ruhe am Ball bewiesen hatte, das Spielgerät nicht permanent unkontrolliert nach vorn drosch wie seine Kollegen. Selbst wenn der japanische WM-Teilnehmer ein körperliches Problem angedeutet haben sollte und es deshalb zu seiner Auswechslung kam: Spätestens dann hätte Appelkamp kommen müssen.
Doch auch spieltaktisch war es schlicht zu wenig an diesem Abend. Die Bochumer mussten den Weg nach vorne suchen. Die Düsseldorfer gingen vollends darauf ein, statt sich auf ihre Stärken zu besinnen. Der Spielplan war einmal mehr vor allem auf den gewieften Christos Tzolis auf der linken Außenbahn ausgelegt, doch der wurde oft sogar von drei Bochumern gestellt und blieb nahezu wirkungslos. Die Gäste aus dem Revier dagegen durften sich über weitaus mehr Freiheiten freuen. Besonders Ex-Fortune Kevin Stöger, den Marcel Sobottka und Yannik Engelhardt im Hinspiel noch kaltgestellt hatten, konnte schalten und walten, wie er wollte. Erschreckend naiv, so eine Mannschaft quasi einzuladen, die über Standards zu den gefährlichsten der Bundesliga gehört.
Wohl erst mit etwas Abstand wird man etwas besser sagen können, warum es eigentlich so falsch lief in den Köpfen der Fortuna-Profis. Zu einfach war die Erklärung, die zum Beispiel Sportvorstand Klaus Allofs aufs Tapet brachte: dass es vor allem die Qualität des Gegners gewesen sei, auf die Fortuna keine Antwort gehabt habe. Nein, es war schon Fortuna selbst, die dieses Spiel aus der Hand gab. Was bleibt, sind der Blick nach vorne und die Hoffnung, sich möglichst bald wieder in eine Situation bringen zu können, erneut um den Aufstieg mitzuspielen. Im Optimalfall dann ohne den schmerzhaften Umweg über die Relegation.
MAGDEBURG (dpa) An ein deutsches Handball-Wunder glaubt zwei Spiele vor Saisonende keiner mehr. Der SC Magdeburg hat die Meisterschale fest im Griff. Vor dem letzten Auswärtsspiel der Bördestädter am Donnerstag bei den Rhein-Neckar Löwen (20.30 Uhr/Dyn) ist der Vorsprung von vier Punkten und 84 Toren auf die Füchse Berlin so groß, dass er nicht mehr einzuholen ist. Das sagen zumindest alle Experten.
Und auch der sonst so besonnene und zurückhaltende SCM-Trainer Bennet Wiegert ließ sich nach dem knapp gewonnenen Heimspiel am Sonntag gegen den SC DHfK Leipzig dazu hinreißen, die Feierlichkeiten beginnen zu lassen. „Ich muss mal schauen, wie wir die Woche strukturieren und Seriosität reinbringen. Die Jungs sollen das jetzt erst einmal richtig genießen und feiern“, sagte Wiegert der Magdeburger „Volksstimme“am Dienstag.
Der SC Magdeburg ist momentan das Nonplusultra in der Bundesliga, in Europa und wohl auch in der ganzen Handballwelt. Der Klub könnte nun etwas schaffen, das sehr selten ist: das Quadrupel. Den Weltpokal hat der Klub in der Tasche, den DHB-Pokal auch, die Meisterschale bekommt er am Sonntag nach dem letzten Spiel gegen die HSG Wetzlar. Jetzt fehlt nur noch der Pott für den Champions League-Sieg. Im Final Four in Köln am 8. Juni treffen die Magdeburger zunächst auf Aalborg AB und hoffen darauf, am 9. Juni den Titel verteidigen zu können.
Deshalb kommt dem Team die frühe Meisterschaftsentscheidung sehr gelegen. „Wir können uns jetzt ganz auf die Champions League konzentrieren, haben keinen Druck mehr. Jetzt gehen wir all in, wollen alles“, sagte Nationalspieler Lukas Mertens nach dem Leipzig-Spiel. Trainer Wiegert ist sich aber sicher, dass er und seine Kollegen auch die beiden letzten Bundesliga-Partien siegreich gestalten wollen. „Ich werde jetzt keinen Druck aufbauen. Aber wir wissen, dass die Jungs auch dieses Spiel gewinnen wollen“, sagte der Erfolgscoach. Gut möglich, dass er seinen großen Stars wie Felix Claar, Omar Ingi Magnusson und Gisli Kristjansson eine Verschnaufpause gönnt und dafür ein paar Ersatzspielern Zeit gibt, sich zu präsentieren.
Denn auch dort steckt viel Potenzial: Welcher Trainer kann es sich schon leisten, Nationalspieler wie Philipp Weber oder Michael Damgaard kaum einzusetzen.
Wiegert ist der Macher des SCMErfolgs. Stück für Stück hat er im Laufe der vergangenen Jahre sein Team zusammengestellt, gezielt Spieler verpflichtet, die von ihren Qualitäten und vor allem menschlich in sein Konzept passen. So kann er einen Handball spielen lassen, dem derzeit kaum ein Gegner gewachsen ist. Es ist eine Mannschaft, die sich auch von Rückschlägen nicht aus der Ruhe bringen lässt. Die Unruhe, die nach dem Dopingfall Nikola Portner im Umfeld entstand, überspielte die Mannschaft grandios, holte den
DHB-Pokal und zog ins ChampionsLeague-Final-Four-Turnier ein.
Sollte der Schweizer Torhüter tatsächlich gesperrt werden – seine Erklärfrist endet am 30. Mai – wird sich Wiegert genau überlegen, ob er Nationaltorhüter Andreas Wolf an die Elbe lotst. Der steht noch in Kielce unter Vertrag. Die Polen sollen dem Vernehmen nach 1,2 Millionen Euro Ablöse verlangen – eine Summe, die im Handball zumindest unüblich ist. Und sie würde etwa ein Zehntel des SCM-Etats bedeuten. Beim sehr sparsam und überlegt wirtschaftenden SC Magdeburg wird man genau rechnen. Aber vielleicht ergeben sich durch die Erfolge zusätzliche Einnahmequellen, die einen solchen Transfer ermöglichen.