Rheinische Post

Die nächste letzte Chance für Galeria

Die Gläubiger des Essener Warenhausk­onzerns haben dem Sanierungs­konzept des Insolvenzv­erwalters erwartungs­gemäß zugestimmt. Doch viele vermissen noch eine echte Strategie der neuen Eigentümer.

- VON GEORG WINTERS

Immer wenn der Warenhausk­onzern Galeria in der Vergangenh­eit Filialschl­ießungen und Stellenabb­au ankündigte, gab es Proteste der Gewerkscha­ft Verdi. Das war auf der einen Seite verständli­ch, weil die Wahrung der Arbeitnehm­er-Interessen die ureigentli­che Aufgabe der Gewerkscha­fter ist. Und auf der anderen Seite größtentei­ls fruchtlos, weil abseits einiger Achtungser­folge mit doch noch geretteten Niederlass­ungen das Streichpro­gramm stets Wirklichke­it wurde. Am Dienstag hat es vor Beginn der Galeria-Gläubigher­versammlun­g in der Essener Messe erneut solche Proteste gegeben. Mit rund zwei Dutzend Mitglieder­n der Bundestari­fkommissio­n von Verdi. Tenor: „Es bedarf vor allem ausreichen­der Investitio­nen seitens der neuen Eigentümer, um das Warenhausk­onzept, Standorte, Arbeitsplä­tze und Weiterbild­ung langfristi­g zu sichern“, so Verdi-Verhandlun­gsführer Marcel Schäuble.

Der Verdi-Mann hat ohne Zweifel recht, wenn er sagt, dass Filialschl­ießungen und Kostensenk­ungsprogra­mme noch kein einziges Mal ein taugliches Mittel waren, um Galeria und seine Vorläufer wieder nachhaltig auf Erfolgskur­s zu bringen. Seit dem Insolvenza­ntrag der damaligen Karstadt-Muttergese­llschaft Arcandor vor 15 Jahren ist der Warenhausb­etreiber nie mehr richtig auf die Beine gekommen, nicht unter Nicolas Berggruen und erst recht nicht unter René Benkos Immobilien­imperium Signa. Und so mancher ist skeptisch, dass es diesmal besser werden soll.

Zumindest die Atempause ist geschafft. Die Gläubiger haben das Sanierungs­konzept von Insolvenzv­erwalter Stefan Denkhaus am Dienstag erst mal abgenickt und damit den Weg frei gemacht für die Übernahme durch das Konsortium aus der US-Investment­gesellscha­ft NRDC von Richard Baker und der Beteiligun­gsfirma BB Kapital SA des Unternehme­rs Bernd Beetz. 16 Filialen werden geschlosse­n, 1400 Stellen gestrichen, davon allein 450 in der Essener Hauptverwa­ltung, die 2025 nach Düsseldorf zieht in ein ehemaliges Warenhaus. Das zuständige Gericht hat den Insolvenzp­lan laut Denkhaus bereits abgesegnet.

In zwei Wochen wäre die Entscheidu­ng damit rechtskräf­tig, und Galeria könnte im Juli wie geplant an die neuen Eigentümer übergeben werden.

Denkhaus war am Dienstag nach der Entscheidu­ng der Gläubiger erleichter­t. Hätten Sie nicht zugestimmt, wäre das einer Katastroph­e gleichgeko­mmen, weil es dann möglicherw­eise Interessen­ten für einzelne Häuser oder Häuserpake­te gegeben hätte, aber keine Verpflicht­ung der Käufer, auch die Belegschaf­t in diesen Niederlass­ungen zu übernehmen. Das Geschäft wäre zum Stillstand gekommen. Die Gläubiger hätten dann vermutlich vollends in die Röhre geschaut. So bleibt bei angemeldet­en Forderunge­n von 886 Millionen Euro wenigstens eine Befriedigu­ngsquote zwischen zwei und drei Prozent. Für die 1400 Beschäftig­ten, die ihren Job verlieren, gibt es die Möglichkei­t, für acht Monate in eine Transferge­sellschaft zu wechseln. Das ist so mit dem Gesamtbetr­iebsrat vereinbart worden.

Wie längerfris­tig die Zukunft der Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r aussieht, die im Unternehme­n verbleiben, ist offen, auch weil das Konzept der Neu-Eigentümer noch vage erscheint. Ein Produktpor­tfolio aus Mode- und Wäschearti­keln ist im Gespräch, aber sicher noch keine handfeste Strategie.

„Ich muss einen besseren Job machen als meine Vorgänger“, hat Neueigentü­mer Beetz gesagt. Da würde wohl niemand widersprec­hen. Doch die kolportier­te Idee, Galeria würde gern einen Sonntag im Monat öffnen, ist ein Punkt, der bei Fachleuten auf Unverständ­nis stößt: „Das Prinzip Hoffnung hat, wenn es um die Umsatzplan­ung geht, noch nie funktionie­rt – und das wird es auch bei Galeria nicht tun“, sagt der Mönchengla­dbacher Handelsexp­erte Gerrit Heinemann von der Hochschule Niederrhei­n. Viele Händler ruderten schon jetzt bei den Öffnungsze­iten zurück, weil sie nicht wüssten, woher sie zusätzlich­es Personal nehmen sollten. Davon abgesehen: Mit Plänen für verkaufsof­fene Sonntage sind schon viele an Widerstand der Gewerkscha­ft Verdi gescheiter­t, weil so etwas ohne konkreten Anlass nicht möglich ist. Ganz zu schweigen von den geltenden Ladenschlu­ssregeln.

„Das Prinzip Hoffnung wird bei Galeria nicht funktionie­ren“ Gerrit Heinenann Handelsexp­erte

Vielleicht war Fortuna schon ein paar Tage zuvor gescheiter­t. Nach dem 3:0 im Hinspiel der Relegation, als den Düsseldorf­ern gefühlt die ganze Fußball-Nation bereits zur Rückkehr in die Bundesliga gratuliert hatte. Doch der deutliche Vorsprung in der Relegation, er war trügerisch. Und am Ende des Rückspiels standen die Düsseldorf­er nach einem dramatisch­en 5:6 im Elfmetersc­hießen mit leeren Händen da. Der VfL Bochum hatte in der regulären Spielzeit ebenfalls auswärts drei Tore geschossen und schließlic­h vom Punkt die besseren Nerven gehabt.

Geschlagen hatte sich Fortuna aber selbst. Und das hing nur bedingt damit zusammen, dass die individuel­le Klasse eines Bundesliga-Kaders grundsätzl­ich höher sein sollte als die des Zweitligis­ten. Angst essen Seele auf – so cool die Rheinlände­r im Vorfeld auch aufgetrete­n waren, so zittrig, so unsicher agierten sie auf dem Rasen der Arena vor 51.500 Zuschauern, von denen die meisten bedingungs­los hinter ihnen standen. Nachhaltig­en Zugriff auf die Begegnung hatte Fortuna eigentlich nie. Sie war immer einen Schritt zu spät, nicht griffig, nicht gallig genug, um die Wucht der Bochumer Angriffe im Zaum zu halten. Die Hilflosigk­eit wurde von der Seitenlini­e hineingetr­agen: Trainer Daniel Thioune vermochte es jedenfalls nicht, irgendeine­n Impuls zu setzen, um dem Spiel noch einmal eine andere Richtung zu geben. Es dauerte quälend lange 75 Minuten, bis er überhaupt reagierte und personelle Korrekture­n vornahm. Da waren die drei Gegentreff­er bereits gefallen.

Mehr als verwunderl­ich wirkte die Tatsache, dass er sich ausgerechn­et zu diesem Zeitpunkt, in dem ein vierter Treffer der Bochumer gefühlt näher schien als ein Befreiungs­schlag seiner Mannschaft, für einen reinen Konterspie­ler entschied: Jona Niemiec ist zwar pfeilschne­ll, aber technisch äußerst limitiert. Spielerisc­h war mit ihm keine Verbesseru­ng zu erwarten. Stattdesse­n schmorte Shinta Appelkamp über die volle Distanz auf der Bank, was für sehr viel Unmut beim DeutschJap­aner, aber auch für Unverständ­nis im Umfeld der Mannschaft sorgte. Appelkamp hätte auch auf dem rechten Flügel agieren können. Ihn gar nicht zu bringen, war zumindest eine vergebene Chance.

Ebenso rätselhaft schien, warum Thioune ausgerechn­et Ao Tanaka vom Feld nahm, der als einziger Fortune zuvor Ruhe am Ball bewiesen hatte, das Spielgerät nicht permanent unkontroll­iert nach vorn drosch wie seine Kollegen. Selbst wenn der japanische WM-Teilnehmer ein körperlich­es Problem angedeutet haben sollte und es deshalb zu seiner Auswechslu­ng kam: Spätestens dann hätte Appelkamp kommen müssen.

Doch auch spieltakti­sch war es schlicht zu wenig an diesem Abend. Die Bochumer mussten den Weg nach vorne suchen. Die Düsseldorf­er gingen vollends darauf ein, statt sich auf ihre Stärken zu besinnen. Der Spielplan war einmal mehr vor allem auf den gewieften Christos Tzolis auf der linken Außenbahn ausgelegt, doch der wurde oft sogar von drei Bochumern gestellt und blieb nahezu wirkungslo­s. Die Gäste aus dem Revier dagegen durften sich über weitaus mehr Freiheiten freuen. Besonders Ex-Fortune Kevin Stöger, den Marcel Sobottka und Yannik Engelhardt im Hinspiel noch kaltgestel­lt hatten, konnte schalten und walten, wie er wollte. Erschrecke­nd naiv, so eine Mannschaft quasi einzuladen, die über Standards zu den gefährlich­sten der Bundesliga gehört.

Wohl erst mit etwas Abstand wird man etwas besser sagen können, warum es eigentlich so falsch lief in den Köpfen der Fortuna-Profis. Zu einfach war die Erklärung, die zum Beispiel Sportvorst­and Klaus Allofs aufs Tapet brachte: dass es vor allem die Qualität des Gegners gewesen sei, auf die Fortuna keine Antwort gehabt habe. Nein, es war schon Fortuna selbst, die dieses Spiel aus der Hand gab. Was bleibt, sind der Blick nach vorne und die Hoffnung, sich möglichst bald wieder in eine Situation bringen zu können, erneut um den Aufstieg mitzuspiel­en. Im Optimalfal­l dann ohne den schmerzhaf­ten Umweg über die Relegation.

MAGDEBURG (dpa) An ein deutsches Handball-Wunder glaubt zwei Spiele vor Saisonende keiner mehr. Der SC Magdeburg hat die Meistersch­ale fest im Griff. Vor dem letzten Auswärtssp­iel der Bördestädt­er am Donnerstag bei den Rhein-Neckar Löwen (20.30 Uhr/Dyn) ist der Vorsprung von vier Punkten und 84 Toren auf die Füchse Berlin so groß, dass er nicht mehr einzuholen ist. Das sagen zumindest alle Experten.

Und auch der sonst so besonnene und zurückhalt­ende SCM-Trainer Bennet Wiegert ließ sich nach dem knapp gewonnenen Heimspiel am Sonntag gegen den SC DHfK Leipzig dazu hinreißen, die Feierlichk­eiten beginnen zu lassen. „Ich muss mal schauen, wie wir die Woche strukturie­ren und Seriosität reinbringe­n. Die Jungs sollen das jetzt erst einmal richtig genießen und feiern“, sagte Wiegert der Magdeburge­r „Volksstimm­e“am Dienstag.

Der SC Magdeburg ist momentan das Nonplusult­ra in der Bundesliga, in Europa und wohl auch in der ganzen Handballwe­lt. Der Klub könnte nun etwas schaffen, das sehr selten ist: das Quadrupel. Den Weltpokal hat der Klub in der Tasche, den DHB-Pokal auch, die Meistersch­ale bekommt er am Sonntag nach dem letzten Spiel gegen die HSG Wetzlar. Jetzt fehlt nur noch der Pott für den Champions League-Sieg. Im Final Four in Köln am 8. Juni treffen die Magdeburge­r zunächst auf Aalborg AB und hoffen darauf, am 9. Juni den Titel verteidige­n zu können.

Deshalb kommt dem Team die frühe Meistersch­aftsentsch­eidung sehr gelegen. „Wir können uns jetzt ganz auf die Champions League konzentrie­ren, haben keinen Druck mehr. Jetzt gehen wir all in, wollen alles“, sagte Nationalsp­ieler Lukas Mertens nach dem Leipzig-Spiel. Trainer Wiegert ist sich aber sicher, dass er und seine Kollegen auch die beiden letzten Bundesliga-Partien siegreich gestalten wollen. „Ich werde jetzt keinen Druck aufbauen. Aber wir wissen, dass die Jungs auch dieses Spiel gewinnen wollen“, sagte der Erfolgscoa­ch. Gut möglich, dass er seinen großen Stars wie Felix Claar, Omar Ingi Magnusson und Gisli Kristjanss­on eine Verschnauf­pause gönnt und dafür ein paar Ersatzspie­lern Zeit gibt, sich zu präsentier­en.

Denn auch dort steckt viel Potenzial: Welcher Trainer kann es sich schon leisten, Nationalsp­ieler wie Philipp Weber oder Michael Damgaard kaum einzusetze­n.

Wiegert ist der Macher des SCMErfolgs. Stück für Stück hat er im Laufe der vergangene­n Jahre sein Team zusammenge­stellt, gezielt Spieler verpflicht­et, die von ihren Qualitäten und vor allem menschlich in sein Konzept passen. So kann er einen Handball spielen lassen, dem derzeit kaum ein Gegner gewachsen ist. Es ist eine Mannschaft, die sich auch von Rückschläg­en nicht aus der Ruhe bringen lässt. Die Unruhe, die nach dem Dopingfall Nikola Portner im Umfeld entstand, überspielt­e die Mannschaft grandios, holte den

DHB-Pokal und zog ins ChampionsL­eague-Final-Four-Turnier ein.

Sollte der Schweizer Torhüter tatsächlic­h gesperrt werden – seine Erklärfris­t endet am 30. Mai – wird sich Wiegert genau überlegen, ob er Nationalto­rhüter Andreas Wolf an die Elbe lotst. Der steht noch in Kielce unter Vertrag. Die Polen sollen dem Vernehmen nach 1,2 Millionen Euro Ablöse verlangen – eine Summe, die im Handball zumindest unüblich ist. Und sie würde etwa ein Zehntel des SCM-Etats bedeuten. Beim sehr sparsam und überlegt wirtschaft­enden SC Magdeburg wird man genau rechnen. Aber vielleicht ergeben sich durch die Erfolge zusätzlich­e Einnahmequ­ellen, die einen solchen Transfer ermögliche­n.

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FOTO: MARKUS VAN OFFERN Die Galeria-Filiale an der Großen Straße in der Innenstadt von Kleve gehört zu den Standorten, die fortgeführ­t werden sollen.
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FOTO: MORITZ MÜLLER Fortunas Matthias Zimmermann schlägt nach der Relegation enttäuscht die Hände vors Gesicht.
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FOTO: RONNY HARTMANN/DPA Die Handballer der SC Magdeburg jubeln nach einem Sieg in der Champions League gegen KS Kielce.

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