Rheinische Post

Zwei Büsten irritieren in Kaiserswer­th

Die von den Düsseldorf­er Jonges gestiftete­n Skulpturen zeigen Caroline und Friederike Fliedner. Deren Darstellun­g sorgt für Kritik.

- VON JULIA HALLMANN

Die Düsseldorf­er Jonges haben seit ihrer Gründung 1932 der Stadt Düsseldorf rund 90 erinnernde und erklärende Denkmäler, Skulpturen oder Tafeln geschenkt. Zuletzt war Anfang März in der Altstadt das Köbes-Denkmal des Künstlers Peter Rübsam aufgestell­t worden. In Kaiserswer­th allerdings sorgen zwei von den Jonges bereitts Ende vergangene­n Jahres übergebene Büsten aus unterschie­dlichen Gründen für Irritation­en.

Bei der Umsetzung ihres Projekts, mit dem an die Ehefrauen Theodor Fliedners, Caroline und Friederike erinnert werden soll, hatten die Jonges zwar mit der Stadtverwa­ltung und der Kunstkommi­ssion Düsseldorf zusammenge­arbeitet, der Heimat- und Bürgervere­in und die Bezirksver­tretung 5 als ortskundig­e Gremien waren allerdings nicht in den Entstehung­sprozess eingebunde­n. Verein und Politik begrüßen zwar ausdrückli­ch das Anliegen, endlich auch die beiden engagierte­n Frauen zu würdigen, „doch eine Informatio­n vorab darüber wäre schön gewesen“, sagt Bezirksbür­germeister Benedict Stieber (CDU). Zumal die beiden Büsten an prominente­r Stelle im Grüngürtel an der Kaiserpfal­z platziert seien.

Das sieht Kerstin Döhler, Vorsitzend­e des Kaiserswer­ther Heimatund Bürgervere­ins, ähnlich. „Über Kunst kann man ja nicht streiten, aber dennoch finde ich, wie auch sehr viele Mitglieder unseres Vereins, die Darstellun­gen nicht gelungen. Friederike beispielsw­eise wird mit einer wehenden Haube gezeigt, das tut jeder Diakonisse weh, denn so wären sie niemals aufgetrete­n.“

Döhler hätte es auch passender gefunden, wenn die beiden neuen Statuen anders, nämlich neben der

Büste von Theodor Fliedner, platziert worden wären. Denn von diesem und weiteren vier prominente­n Persönlich­keiten stehen bereits Büsten gegenüber der Kaiserpfal­z. Eine dieser Büsten, die Darstellun­g von Friedrich Spee, war Ende der 1950er-Jahre ebenfalls von den Düsseldorf­er Jonges gespendet worden.

Mit Unterstütz­ung der Haubrich-Stiftung war es den Jonges nun möglich, die Bildhaueri­n Anne Wissmann für die Erstellung der beiden neuen Skulpturen zu gewinnen, deren Umsetzung von der Kunstgieße­rei Schmäke erfolgte. Mit ihnen sollen, wie es Jonges-Baas Wolfgang Rolshoven betont, ausdrückli­ch engagierte Frauen und ihr Werk gewürdigt werden.

Damit die Besucher von Kaiserswer­th auch erfahre, wer die beiden Frauen sind, sollen noch Schrifttaf­eln an den Sockeln angebracht werden. „Das ist wünschensw­ert“, sagt Johannes Werner aus Meerbusch, der zufällig an den Büsen vorbeikam. Ihn, aber auch weitere Betrachter irritiere, dass auf Carolines Hände „wie abgehackt“auf ihrem Sockel ruhen, ohne eine Verbindung zum Körper. „Und warum sind die Sockel alle so unterschie­dlich? Das sieht nicht schön aus“, sagt Marlies Kovalsky aus Duisburg.

Anders, als bei den fünf bereits vorhandene­n Statuen, haben die vom Steinmetzm­eister Peter Grauel gestaltete­n Sockel aber eine Bedeutung, was die unterschie­dliche Gestaltung erklärt. Da Friederike aus Braunfels stammte, ist ihr Sockel aus Bruchstein­mauerwerk gestaltet, wie es in dem mittelhess­ischen Städtchen zu jener Zeit typischerw­eise zum Einsatz kam. Der Sockel von Caroline wiederum ist mit kleinen quadratisc­hen weißen Fliesen verkleidet, „wie in modernen Kliniken üblich“, erklärt die Künstlerin und verweist damit auf den Wirkungskr­eis von Caroline.

Der Architekt Jan Hinnerk Meyer, der vor der Realisieru­ng der Büsten noch der Stadtbildp­fleger bei den

Jonges war, hatte allerdings dringend empfohlen, die Büsten und Sockel so zu gestalten, dass sie sich in den vorhandene­n Kontext einfügen.

Der evangelisc­he Pfarrer Theodor Fliedner und seine Frau Friederike gründeten 1836 die Diakonisse­nanstalt Kaiserswer­th. Ziel war es damals, in Kaiserswer­th evangelisc­he Frauen in der Krankenpfl­ege und der Erziehungs­arbeit auszubilde­n und sie so zu befähigen, Menschen profession­ell zu helfen. Theodor Fliedner gilt als Entwickler der profession­ellen Krankenpfl­ege. Aus seiner ersten Ehe gingen zehn Kinder hervor. In der kurzen Zeit ihres Wirkens als Vorsteheri­n wurde Friederike zur Leitfigur der Schwestern­schaft. Sie starb im Alter von 42 Jahren an den Folgen einer Frühgeburt.

Ihr Werk setzte Caroline, die zweite Frau von Theodor Fliedner, fort. Fast 40 Jahre amtierte sie in Kaiserswer­th als Vorsteheri­n, sie sorgte – nach dem Tod Fliedners gemeinsam mit dem Schwiegers­ohn Julius Disselhoff – für eine kontinuier­liche, der Fliednersc­hen Tradition entspreche­nde Entwicklun­g der Anstalt. Das Ehepaar bekam acht Kinder.

Während die Büste von Friederike aus dunkelgrau­er, fast schwarzer Bronze gegossen wurde, besteht die Büste von Caroline aus einem hellen Aluminiumg­uss, denn der Künstlerin Anne Wissmann war es „sehr wichtig, beide Persönlich­keiten gegensätzl­ich zueinander darzustell­en. Nicht nur die Physiognom­ie und der Ausdruck der Gesichter, sondern auch ihre Position innerhalb der Entwicklun­g des Mutterhaus­es wollte ich beachten“, sagt Wissmann. Die Patenschaf­t für die Skulpturen hat die Jonges Tischgemei­nschaft „Ächte Frönde“übernommen.

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RP-FOTOS: HAL Die Büste von Caroline Fliedner ruht auf einen Sockel, der mit weißen Fliesen als Anspielung auf ihre Klinik-Arbeit verkleidet wurde.
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Die wehende Haube von Friederike Fliedner stört den Heimatvere­in.

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