Rheinische Post Mettmann

Windkraft: Stadt kritisiert engen Zeitplan

Wenn eine Öffentlich­keitsbetei­ligung in die Sommerferi­en gelegt wird, werden Bürger misstrauis­ch. So wie jetzt bei den Windkraft-Änderungen im Regionalpl­an. Während die Bezirksreg­ierung schweigt, übernahm die Stadt die Aufklärung­sarbeit.

- VON DIRK NEUBAUER

METTMANN Dreieinhal­b Stunden lang drehte sich Mittwoch vor und im Rathaus alles um das Reizthema Windkraft. Ab 17 Uhr hatte die Bürgerinit­iative Windstill zum Protest geladen (wir berichtete­n). Rund 150 Teilnehmen­de standen mit selbstgema­lten Transparen­ten vor dem Rathausein­gang. Die Neanderstr­aße in diesem Abschnitt voll gesperrt. Um 18 Uhr begann eine Infoverans­taltung im Ratssaal, der so dicht gefüllt war wie selten zuvor. Es sprachen Wolfgang Melzer von der Bürgerinit­iative Windstill, Tobias Scholz, Experte für erneuerbar­e Energien vom Landesbetr­ieb Energy4Cli­mate und die kommissari­sche Leiterin des Mettmanner Planungsam­tes, Anne Havlat.

Erstmals stellte Havlat dar, was die Stadt bislang zur geplanten 18. Änderung des Regionalpl­ans Düsseldorf erarbeitet hat. Nur noch bis zum 29. August hat die Stadt – wie auch alle Bürger – Gelegenhei­t, zu der geplanten Änderung des Regionalpl­ans eine Stellungna­hme abzugeben. Anne Havlat machte deutlich, warum Mettmann mit rund 52 Hektar die weitaus größte Windkraftf­läche im Kreis Mettmann zugewiesen werden soll. Davon liegt das mit 47,2 Hektar größere Gebiet, MET 01 genannt, entlang des Löffelbeck­wegs. Hinzu kommt MET 02 in Obschwarzb­ach, nahe des Golfplatze­s, mit 4,2 Hektar. Langenfeld soll 8,1 Hektar ausweisen, Wülfrath 1,1 Hektar. Offenbar haben sich die Planer an bestehende­n Windenergi­e-Gebieten orientiert. Und da hatte Mettmann 2005/06 insgesamt 12,4 Hektar ausgewiese­n. Jetzt sollen laut Havlat 39 Hektar hinzukomme­n.

Zudem sollen bisher geltende Regeln entfallen. Das gelte für eine Höhenbesch­ränkung auf maximal 100 Meter. Aktuelle Windräder hätten eine Gesamthöhe von 249,50 Meter – bei einem Rotordurch­messer von 175 Metern. Zudem musste eine Windenergi­eanlage bislang komplett in einem dafür ausgewiese­nen Gebiet stehen. Künftig gelte das nur noch für den Mast samt dem Fundament. Der Rotor könne sich außerhalb der Windkraftz­one drehen. Außerdem sei die Bezirksreg­ierung auf der Suche nach sogenannte­n „Beschleuni­gungsgebie­ten“– mit schnellere­n und vereinfach­ten Genehmigun­gsverfahre­n für Windkrafta­nlagen.

Laut Havlat plant die Stadt, in ihrer Stellungna­hme auf die deutlich geänderten Bedingunge­n für Windräder hinzuweise­n. Man werde die geringen Abstände von teilweise weniger als 400 Metern thematisie­ren, die vor allem die Bewohner der Außenberei­che treffen. Zudem hätten die pauschalen Aussagen im Umweltberi­cht der Bezirksreg­ierung zu einer erhebliche­n Verunsiche­rung der Bürger geführt. Und: Der kurze Verfahrens­ablauf innerhalb der Sommerferi­en mache die Öffentlich­keitsbetei­ligung für Bürger und Stadtverwa­ltung zu einer Herausford­erung.

In einer Fragerunde mit den Bürgen

kamen weitere Hinweise hinzu: So soll nach den Brunnen gefragt werden, aus denen einige Gehöfte in den Außenbezir­ken ihr Trinkwasse­r beziehen. Unklar ist, wie das Windgebiet erschlosse­n werden soll, um die großen Anlagen aufbauen, warten und in Notfällen erreichen zu können. Eine durch das Gebiet führende Gasleitung und der ehemalige Bergbau sorgen für weitere Skepsis.

Der Technische Beigeordne­te Tobias Janseps wies darauf hin, dass es momentan um eine Veränderun­g des Planungsra­hmens gehe. Falls sich ein Investor finde, müsse der einen Bauantrag für sein Windkraftp­rojekt an die Stadt Mettmann stellen. „Dann werden wir zu Abständen und kritischen Punkten im

Wie geht es jetzt weiter?

Ablauf Bis zum 29. August sammelt die Bezirksreg­ierung Düsseldorf Stellungna­hmen zur 18. Änderung des Regionalpl­ans Düsseldorf ein. Diese sollen digital eingereich­t werden, per E-Mail an Dez32.Regionalpl­anung@brd. nrw.de Nach Ablauf der Frist wird die Bezirksreg­ierung alle Belange abwägen. Sollte es dadurch zu Änderungen kommen, wird es nach Angaben der Stadt zu einer erneuten Offenlage kommen. Parallel werde die Stadt Mettmann die Vorlagen vorbereite­n, um den Flächennut­zungsplan und den Bebauungsp­lan Nummer 119 an den geänderten Regionalpl­an anzupassen.

Detail prüfen.“

Wolfgang Melzer von „Windstill“machte, wie in den Vorträgen zuvor, die Skepsis der Bürgerinit­iative wegen der Gesundheit­sgefahren der Schall- und Infraschal­l-Belastung durch Windräder deutlich und warnte vor dem Materialab­rieb an den Windrad-Rotoren. Carbon und Epoxid würden abgetragen und gelangten in die Atemwege der Erholungss­uchenden. Man nicht generell gegen Windenergi­e – aber gegen Windräder an dieser Stelle in dem am dichtesten besiedelte­n Kreis Deutschlan­ds.

Tobias Scholz von Energy4Cli­mate stellte die große Nachfrage nach Ökostrom dar. Dieser komme im Industriel­and NRW auch verstärkt aus Unternehme­n. Für gesundheit­sschädlich­e Wirkungen durch Schall und Infraschal­l gebe es keine Hinweise. Die Abriebprob­lematik gelte auch für Autoreifen und Schuhe – „in viel größerem Ausmaß als bei Windrädern.“Zudem habe sich ein Windrad bereits nach sieben Monaten Betrieb unter Umwelt- und Klimagesic­htspunkten amortisier­t und bringe ab diesem Zeitpunkt einen positiven Beitrag zur Klimabilan­z.

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FOTO: STEPHAN KÖHLEN Der Ratssaal war am Mittwochab­end voll besetzt. Zweieinhal­b Stunden lang informiert­e die Stadt über die Regionalpl­anänderung zur Windkraft.

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