„Diese Großwerft ist von strategischer Bedeutung“
Der maritime Koordinator der Bundesregierung erklärt, warum sich die Politik um die Rettung der Meyer-Werft mit über 3000 Arbeitsplätzen bemüht.
Herr Janecek, Bund und Land arbeiten intensiv an einer Rettung der Meyer-Werft. Warum ist diese Werft so wichtig?
JANECEK Die Meyer-Werft ist unser größter Player in der zivilen Schifffahrt. Beim Bau von hochmodernen Kreuzfahrt-Schiffen am Standort Papenburg ist sie einer der Weltmarktführer. Sie ist aber auch für die Energiewende wichtig, weil die großen Konverter-Plattformen künftig in Rostock-Warnemünde auch mit Beteiligung der MeyerWerft gebaut werden sollen. Die brauchen wir, um die gewaltigen Mengen an Offshore-Windstrom vom Meer ans Land zu bringen und von Wechsel- zu Gleichstrom umzuwandeln. Diese Großwerft ist also von strategischer Bedeutung für den Industriestandort Deutschland. Deswegen kümmern wir uns intensiv um ein Rettungspaket.
Wie soll das aussehen?
JANECEK Es gibt seit Monaten Gespräche zwischen Bund, Land Niedersachsen, den Banken und der Meyer-Gruppe. Dabei spielen alle Szenarien eine Rolle, der Einstieg von privaten Investoren, aber auch der Einstieg des Staates. Doch für genaue Aussagen ist es noch zu früh. Am heutigen Tag können wir noch nichts verkünden, außer dass wir weiter Fortschritte machen.
Warum zeigt der Bundeskanzler bereits heute vor Ort Flagge, bevor es ein fertiges Rettungskonzept gibt?
JANECEK Der Bundeskanzler zeigt damit, dass die Bundesregierung zusammen mit dem Land Niedersachsen alles daran setzen wird, einen nachhaltigen Rettungsplan zu entwickeln. Noch sind wir aber nicht über der Ziellinie. Es gibt noch einige Fragen zu beantworten, die Prüfung von Tragfähigkeitsgutachten, die komplizierten Fragen der Finanzierung, die Frage der Zustimmung durch den Haushaltsausschuss des Bundestags und der EU-Kommission, um nur einige zu nennen. Wir hoffen, spätestens bis Mitte September zu einem positiven Ergebnis zu kommen. In den nächsten Wochen wird es also noch mal ans Eingemachte gehen. Entscheidend wird sein, dass wir für dieses Weltunternehmen eine positive
Zukunftsperspektive beschreiben und zugleich verantwortlich mit den Steuergeldern umgehen.
Wer bezahlt das Rettungspaket für die Meyer-Werft? Die Rede ist von 2,8 Milliarden Euro, die der Werft in den nächsten fünf Jahren fehlen, trotz voller Auftragsbücher. JANECEK Die konkrete Finanzierungslücke ist deutlich geringer, sie liegt bei 400 Millionen Euro. Hier geht es um eine Eigenkapitalaufstockung. Bund und Land sind über die Deckung dieser Lücke im Gespräch, damit Banken der Werft neue Kredite geben können. Das andere sind staatliche Bürgschaften für die Absicherung der Aufträge. Der Bestellwert für ein neues Kreuzfahrtschiff geht schnell über eine Milliarde Euro hinaus, und der Markt hat nach der Pandemie wieder massiv angezogen. Vom Käufer bekommt die Werft aber anfangs nur 20 Prozent Anzahlung, die restlichen 80 Prozent erst bei der Auslieferung. Es braucht also eine Bauzeitfinanzierung. Gegenwärtig decken wir solche Lücken mit Bürgerschaften bereits bei den Konverter-Plattformen. Deren Bestellwert geht pro Stück übrigens aktuell Richtung 2,5 Milliarden Euro, das sind also schon richtige Großprojekte.
Und wie groß ist das Risiko für die Steuerzahler?
JANECEK Im Gespräch ist die direkte gemeinsame Beteiligung von Land und Bund an der Meyer-Werft. Für den Steuerzahler würde das unmittelbar keine Belastung bedeuten, da ja ein realer Eigentumswert hinter der Beteiligung steht. Zudem soll die Beteiligung befristet werden. Bei der Lufthansa hat der Staat nach Verkauf seiner Anteile sogar Gewinn gemacht. Was die Bürgschaften für Bankkredite angeht: Nur dann, wenn etwas schiefgeht, wären sie einzulösen. Die Auftragslage für die Meyer-Werft ist gut, deshalb ist davon nicht auszugehen.