Rheinische Post Mettmann

Deutsche Polizisten unter Verdacht

Vier Urlauber, darunter mindestens zwei Beamte aus Essen, sollen einen Taxifahrer auf Mallorca verprügelt haben.

- VON CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER UND RALPH SCHULZE

ESSEN/PALMA Seine Pupillen sind blutunterl­aufen, am linken Auge hat er einen großen Bluterguss – mutmaßlich von einem Faustschla­g. Einige seiner Rippen sind gebrochen, ebenso sein linker Arm, der in einer Bandage fixiert liegt. „Ich dachte, sie würden mich umbringen“, sagt José Maria P. der „Mallorca Zeitung“: „Ich verstehe kaum, wie mein Körper den Angriff überstehen konnte.“

P. ist Taxifahrer auf Mallorca. Vier deutsche Urlauber sollen ihn nach einer Fahrt mit seinem Taxi übel zugerichte­t haben. Nach Informatio­nen unserer Redaktion aus Sicherheit­skreisen sollen mindestens zwei der Beschuldig­ten Polizisten aus Essen sein. „Sie haben mir ihren Ausweis unter die Nase gehalten“, sagt P. Beim Essener Polizeiprä­sidium ist der Vorfall bekannt. „Es besteht der Verdacht, wir können es nicht ausschließ­en“, sagt ein Polizeispr­echer. Die verdächtig­en Polizisten sollen privat auf der Ferieninse­l gewesen sein. „Daher ist es auch kein Dienstverg­ehen, und deswegen ermittelt auch nicht die deutsche Staatsanwa­ltschaft“, heißt es aus informiert­en Kreisen. Die vier Verdächtig­en sind mittlerwei­le wieder in Deutschlan­d.

Der Grund für die Prügelatta­cke ist womöglich ein Missverstä­ndnis gewesen. P., ein 71 Jahre alter Mallorquin­er, der seit mehr als 40 Jahren Taxi fährt, wurde offenbar von den vier Deutschen verdächtig­t, eines ihrer Smartphone­s entwendet zu haben. Am Fahrtziel, einem 40 Kilometer östlich von Palma in Petra gelegenen Landhotel, soll es nach den Schilderun­gen der Polizei und des Opfers deswegen zu der gewalttäti­gen Auseinande­rsetzung gekommen sein. Einer der Deutschen habe sein Handy verloren und den Taxifahrer verdächtig­t, es gestohlen zu haben.

Dabei sei zunächst noch alles in Ordnung gewesen, erzählt der Taxifahrer: „Sie teilten sich die Rechnung und gaben mir gutes Trinkgeld. Ich half noch dabei, die zwei Trunkenbol­de auszuladen.“Danach habe einer der Fahrgäste sein Handy vermisst. Daraufhin seien drei andere Personen aus dem Hotel gekommen. Gemeinsam mit ihnen habe P. das Taxi dann durchsucht und nichts gefunden. Daraufhin sei er brutal verprügelt worden, berichtet der Taxifahrer.

P. hat drei der vier Fahrgäste nach eigenen Angaben zuvor in der sogenannte­n Schinkenst­raße, der Partymeile am Ballermann, in sein Taxi einsteigen lassen, um sie zu ihrem

Hotel in der Inselmitte zu bringen. „Zwei von ihnen waren stockbetru­nken“, sagt P. Weitere vier Männer der insgesamt siebenköpf­igen Urlaubergr­uppe seien in den Wagen eines Kollegen eingestieg­en.

Wie die Inselmedie­n unter Berufung auf die örtliche Polizei mitteilten, ereignete sich der Angriff bereits am Dienstagmo­rgen. Den vorliegend­en Informatio­nen zufolge waren gegen 6 Uhr morgens drei deutsche Urlauber an der Playa de Palma, dem Epizentrum des deutschen Partytouri­smus auf Mallorca, in ein Taxi gestiegen.

Als die Polizei im Landhotel eintraf, soll einer der Deutschen den Berichten von spanischen Medien zufolge dem Taxifahrer und den ermittelnd­en Beamten außerdem Geld angeboten haben, damit sie von einer Anzeige absehen. Auch wegen dieses Bestechung­sversuchs sei zunächst einer der Deutschen festgenomm­en worden, später dann seine Begleiter. „Ich sagte ihm, er solle sich seine Scheine sonst wohin stecken. Ich will juristisch­e Gerechtigk­eit“, sagt P.

Das angeblich gestohlene Handy fanden die Deutschen später in der Tasche eines Freundes, wie die „Mallorca Zeitung“schrieb. Nach Angaben des Sohnes des Taxifahrer­s wurden die Beschuldig­ten nach der Anhörung durch den Ermittlung­srichter ohne Kaution und Auflagen auf freien Fuß gesetzt. Da es sich um Polizisten handele, bestehe keine Fluchtgefa­hr.

In Spanien löst der Fall großes Entsetzen aus. Die Tat reiht sich in eine Serie von Vorfällen ein, die auf Mallorca das negative Bild vom deutschen Sauftouris­ten nähren. Vor zwei Jahren waren 13 deutsche Kegelbrüde­r, darunter Mitglieder der Freiwillig­en Feuerwehr, wegen des Verdachts der Brandstift­ung festgenomm­en worden. 2023 kamen vier Deutsche wegen einer mutmaßlich­en Gruppenver­gewaltigun­g einer Urlauberin in U-Haft – wo sie heute noch sitzen. Nun reiht sich die Schlagzeil­e von prügelnden deutschen Polizisten mit ein.

P. hat genug von den Deutschen. „40 Jahre lang habe ich Deutsche auf Mallorca umherkutsc­hiert. Ich hatte nie ein Problem mit ihnen. Selbst nicht bei den Nachtschic­hten an der Playa de Palma“, hat er der „Mallorca Zeitung“gesagt: „Oft hat man mich gefragt, was ich von den Deutschen halte. Ich war immer voll des Lobes. Jetzt will ich sie nicht mal mehr am Strand liegen sehen.“

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