„Habe noch nie so viel fürs Leben gelernt“
Gudula Kohn (68) ist eine der 34 ehrenamtlichen Trauer- und Sterbebegleiter der Hospizgruppe Wülfrath. Warum sie diese Aufgabe so erfüllt.
WÜLFRATH Das Thema Tod, das gab es so vorher eigentlich nicht in der Familie von Gudula Kohn (68). Doch seit sie die Ausbildung zur Trauer- und Sterbebegleiterin bei der Hospizgruppe Wülfrath 2022 absolvierte, wurde es plötzlich ganz natürlicher Bestandteil des Lebens. Und das, so ist Kohn überzeugt, sollte auch bei anderen so sein. „Das Thema ist ein Tabuthema. Das ist aber Blödsinn, den im Grunde gehört es seit unserer Geburt dazu.“
Die ehrenamtliche Begleitung von Sterbenden und ihren Angehörigen, sagt sie, habe sie im Grunde immer schon interessiert. Doch dann verstarb ihr Vater, sie wollte erst einmal Abstand. Als dann in der Zeitung ein Aufruf zur Teilnahme am nächsten Befähigungskursus stand, habe sie es endlich angegangen – und nicht bereut. „Ich habe noch nie so viel fürs Leben gelernt wie in diesem Kurs“, sagt sie und ergänzt: „Meine Familie sagt, es sei gut, dass ich das Thema in die Familie gebracht habe.“Denn im Anschluss wurden auch Vorsorgevorkehrungen getroffen, die im Falle des Falles allen den Abschied und die Entscheidungen leichter machen.
Im Befähigungskurs, der aus einem Grund- und einem Aufbaukurs besteht, hat sie nicht nur sich selbst näher kennengelernt und einiges zum Thema Tod und Trauer aufgearbeitet, sondern auch viele Informationen über Patientenverfügungen,
Vorsorgeverfügungen und den Umgang mit Sterbenden gelernt. Und auch, dass die Ehrenamtler nicht nur für die Sterbenden selbst da sind, sondern auch eine Entlastung für die pflegenden Angehörigen darstellen.
„Mich fasziniert diese Vielfältigkeit des Ehrenamts“, erzählt sie begeistert. Sie könne die Menschen zu Hause besuchen oder im Altenheim, im Krankenhaus oder der Palliativstation. Mal geht es um ein Gespräch, ums Vorlesen oder man spielt Karten zusammen. „Manchmal sitzt man aber auch einfach nur da und hält die Hand.“
Dass das Zwischenmenschliche passt, sei entscheidend. Darauf haben die beiden hauptamtlichen
Koordinatoren der Hospizgruppe, Nadja Weber und Christian Heilmann, ein Auge. Sie haben den Erstkontakt mit den Menschen, leisten die Biografiearbeit zu Lebenslauf und Hobbys, um so den passenden Begleiter aus den insgesamt 34 ausgebildeten Ehrenamtlern auszusuchen.
„Man muss aber nicht unbedingt eine Begleitung machen“, merkt Kohn an. Im Verein könne man sich auch engagieren, indem man etwa einen Dienst bei der Trauerbank auf dem kommunalen Friedhof übernehme oder beim Trauercafé mitwirke. Zudem, lobt Kohn, gingen die Koordinatoren auch sehr gut auf die Bedürfnisse der Ehrenamtler ein. Genauso könne man auch offen sagen, wenn man nach einem ersten Treffen mit der zu begleitenden Person merkt, dass die Sympathie nicht da ist.
An ihre erste Begleitung – bisher hat sie vier gemacht – kann sie sich noch gut erinnern. Es war ein älterer Herr. „Es sagte: ,Schicken die immer so schöne Frauen‘“, erzählt sie lachend und noch immer geschmeichelt. Man baue eine enge Beziehung auf, erhalte auch das Vertrauen der Angehörigen, die die kleine Auszeit nutzen, um Dinge zu erledigen oder einfach mal von der Belastung für einen Augenblick Abstand zu nehmen. „Das Vertrauen zu bekommen, ist ein wahres Geschenk“, sagt Kohn.
Über ihre Erlebnisse kann sie
Im Oktober startet der neue Befähigungskurs
Termin Am 29. August, 18 Uhr, lädt die Hospizgruppe zu einem Informationsabend zur Ausbildung als Trauer- und Sterbegeleiter in die Goethestraße 65 ein. Es wird um eine telefonische Anmeldung unter 02058 8987950 zur besseren Planung gebeten.
Kurs Der Befähigungskurs startet am 31. Oktober und wird bis Mitte März dauern. Neben den regelmäßigen Treffen donnerstags von 17 bis 20 Uhr beinhaltet er auch zwei Samstagstermine sowie ein Wochenendseminar. Die Kosten von 150 Euro werden Teilnehmer erstattet, wenn sie sich im Anschluss bei der Hospizgruppe engagieren.
sich in regelmäßigen Supervisionen auch mit den erfahrenen Trauerund Sterbebegleitern austauschen. Auch das sei enorm wichtig. Bei der ersten Begleitung steht den „Frischlingen“zudem ein Pate zur Verfügung. „Vom Verein gibt es zudem eine große Wertschätzung für die Ehrenamtlichen“, merkt Kohn an.
Ob sie ihr erster Fall verändert hat? In gewisser Weise schon. „Ich habe eine große Beruhigung gemerkt, zu wissen, man muss den letzten Schritt nicht alleine gehen. Und es ist noch einmal ein anderer Blick auf das Familiensystem, den Verbund.“
Gudula Kohn ist überzeugt, die Trauer- und Sterbebegleitung könnte jeder machen. Passenderweise startet im Oktober der nächste Befähigungskurs. Auch Männer – derzeit gibt es nur zwei in der Gruppe – sind willkommen.