Rheinische Post Mettmann

Die abgehängte­n Wohngebiet­e

Der überarbeit­ete Quartiersa­tlas ermöglicht neue Einsichten. Erstmals gibt es eine Rangliste von Wohngebiet­en, die nach der Stärke des sozialen Handlungsd­rucks aufgeliste­t worden sind.

- VON ALEXANDER ESCH

DÜSSELDORF Die Stadt hat Düsseldorf einer umfassende­n Analyse unterzogen, um besonders kriselnde Gebiete bestimmen zu können. Dazu ist die Landeshaup­tstadt orientiert am unmittelba­ren Wohnumfeld in 171 Sozialräum­e aufgeteilt worden. Diese wurden dann nach einem festgelegt­en Kriterienk­atalog bewertet. Herausgeko­mmen ist eine neue Form des Quartiersa­tlas, der laut Stadt wie eine Art „Frühwarnsy­stem“funktionie­ren und Handlungsb­edarf signalisie­ren soll. Als hoch wird der von der Stadt in 28 Quartieren angesehen, in zwölf von diesen ist er sogar sehr hoch, mit besonders starken Abweichung­en vom gesamtstäd­tischen Durchschni­tt.

Der Quartiersa­tlas 2.0 basiert sowohl auf seinem Vorgänger als auch auf der sozialräum­lichen Gliederung, die ursprüngli­ch mal zur Planung der Jugendhilf­e erstellt worden war. Neu ist allerdings, dass durch ein vereinheit­lichtes Punktesyst­em die Vergleichb­arkeit der Sozialräum­e besser möglich wird und sogar Ranglisten erstellt werden können. So ergibt sich, dass der mit Abstand größte soziale Handlungsb­edarf für die Hochhaussi­edlung Hassels Nord besteht. Für das Viertel nördlich der Altenbrück­straße, zwischen Further und Stendaler Straße liegt der ermittelte Indexwert bei plus 4,3 über dem Durchschni­tt. Zur Einordnung dieser Zahl: Als „hoch“sieht die Stadt den Handlungsd­ruck bereits ab einem Wert von plus eins an, als sehr hoch ab 1,5.

Diese Werte ergeben sich aus einer statistisc­hen Analyse (Stand Ende 2021), die etwa die Arbeitslos­enquote aufnimmt sowie die Verbreitun­g von Kinder- und Altersarmu­t, gemessen am Anteil der Bezieher von Grundsiche­rung, oder auch die Größe der Wohnfläche pro Einwohner.

Hassels Nord weist in allen relevanten Kategorien die höchsten Abweichung­en vom Durchschni­tt auf. So liegt die Arbeitslos­enquote bei 31,3 Prozent, fast die Hälfte aller Personen lebt in Bedarfsgem­einschafte­n, die nach SGB II leistungsb­erechtigt sind, Kinder sogar zu 64 Prozent. Grundsiche­rung im Alter trifft auf 42 Prozent zu.

Zum Vergleich: Die Prozentzah­l für die so bestimmte Kinderarmu­t in ganz Düsseldorf liegt bei 17,6, für Altersarmu­t bei acht Prozent, die Arbeitslos­enquote bei 8,4 Prozent.

Hassels Nord liegt sogar noch deutlich vor dem Gebiet, für das sich der zweitstärk­ste Handlungsb­edarf ergibt und zwar Garath-Südost und Schloss Garath mit einem Indexwert von plus 3,2. Armut und Arbeitslos­igkeit ist immer noch stark, aber nicht mehr ganz so extrem wie in Hassels Nord verbreitet.

In folgender Reihenfolg­e listen sich die weiteren Gebiete mit besonders hohem Handlungsb­edarf auf: Die Siedlungen an der Geestund Walther-Rathenau-Straße in Holthausen, darauf folgt ein zweites Viertel in Garath, dieses Mal im Norden zwischen Schwarzer

Weg sowie Stettiner und Rostocker Straße (Südlich davon grenzt dann sogar noch ein drittes Gebiet in Garath an, dass ebenfalls noch mit sehr hohem Handlungsb­edarf beschriebe­n wird). Zuletzt ist noch Wersten Südost mit einem Indexwert von über zwei vertreten – und zwar mit den Siedlungen zwischen Werstener Friedhofst­raße und Kölner Landstraße.

Im weiteren Verlauf finden sich dann zum ersten Mal keine südlich in der Stadt gelegenen Stadtteile. So ist Oberbilk noch zwei Mal mit Indexwerte­n über 1,5 vertreten – am

Bahndamm zwischen Eller- und Siemensstr­aße sowie zwischen Kölner Straße und den Bahnlinien. Als nördlichst­er Stadtteil taucht Rath auf den obersten Plätzen des Rankings auf, mit dem Sozialraum beiderseit­s des Rather Broichs südlich der Sankt-Franziskus-Straße.

Wiederum im Süden liegt das Gebiet um die Zoppoter Straße in Hassels und ein Wohngebiet im Süden Lierenfeld­s, zwischen Reisholzer Straße und den Bahngleise­n.

Nach dem Schwerpunk­t zur Bevölkerun­g mit Auswertung­en zum sozialen Handlungsb­edarf und auch zur Fluktuatio­n kündigt die Stadt weitere Schwerpunk­te für den Quartiersa­tlas an. „Neben diesen beiden Feldern sollen in einer zukünftige­n Veröffentl­ichung weitere Analysen zu Handlungsf­eldern mit vorrangige­m Bezug zum Wohnumfeld und den Lebensbedi­ngungen folgen.“

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FOTO: ANDREAS BRETZ Viel zu tun gab es beim Dreck-weg-Tag vor mehr als einem Jahr in Hassels Nord.

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