Zwangsversteigerung bringt 16 Millionen Euro
7000 Quadratmeter Bauland am Mörsenbroicher Ei kamen unter den Hammer – zwei Bieter lieferten sich ein packendes Duell.
DÜSSELDORF Dass diese Zwangsversteigerung eine besondere sein wird, zeigt schon ein kurzer Blick auf die Anwesenden: Der Saal 1.102 am Amtsgericht Düsseldorf ist am Dienstagmorgen prall gefüllt mit prominenten Gesichtern. Gewerbemakler wie Aengevelt oder JLL haben Geschäftsführer entsendet, Entwickler wie Stefan Mühling sind vor Ort, auch Ratsherren wie Harald Schwenk (Grüne) und Andreas Hartnigk (CDU) lassen sich den Termin nicht entgehen. Die Rechtspflegerin, die die Auktion leitet, wundert sich: „Sie sind doch nicht alle nur gekommen, weil Sie neugierig sind?“
Nicht alle, aber viele. Denn dass ein rund 7000 Quadratmeter großes Grundstück unter den Hammer kommt, passiert äußerst selten. Auf dem betroffenen Gelände entlang der Mercedesstraße vor dem Arag-Haus am Mörsenbroicher Ei war eigentlich ein 105 Meter hoher Turm nach Entwurf des Star-Architekten Tadao Ando geplant. Doch die Projektgesellschaft konnte ihre Schulden bei der Bank nicht mehr begleichen, daher hat diese eine
Zwangsversteigerung veranlasst.
Normalerweise dauert ein Bieterverfahren für ein Bauland dieser Liga bis zu einem Jahr. Bei diesem Termin aber sollte sich schon binnen einer Stunde zeigen, wer den Zuschlag bekommt. Und zwar ganz öffentlich, vor den Augen der lokalen Immobilienszene. Die Frage war nicht nur, wer mehr bietet. Sondern vor allem, wer überhaupt bietet – in Zeiten einer Immobilienkrise, die auch in Düsseldorf in Form von Insolvenzen und Baustopps deutlich spürbar ist.
9.30 Uhr, die Zwangsversteigerung beginnt. Der Saal ist so voll, dass mehrere Besucher stehen müssen. Nur zwei Frauen sind im Publikum, etwa 30 Männer sind gekommen. Fast alle tragen Hemd, meist in der Hose, teils mit Jackett. Die Rechtspflegerin trägt die Spielregeln vor: Der Verkehrswert des Grundstücks – also der Wert, den der vom Gericht bestellte Gutachter für angemessen hält – liegt bei 13,15 Millionen Euro. Um das Objekt „vor Verschleuderung zu schützen“, muss für einen Zuschlag mindestens die Hälfte davon geboten werden.
Ab 9.46 Uhr läuft die Bietzeit, sofort tritt ein Mann aus der vordersten Reihe im Publikum nach vorn. Grau meliertes und volles Haar, gebräunter Teint, weißes Hemd, Jeans, Sneaker. Wer sich in der Düsseldorfer Immobilienszene auskennt, erkennt den Mann: Murat Beyazyüz, Deutschlandchef der türkischstämmigen Peker Holding.
Er bietet sechs Millionen Euro, allerdings nicht im Namen von Peker. Stattdessen zückt er einen Handelsregistereintrag – mit einer Düsseldorfer Gesellschaft, die extra für diesen Termin gegründet wurde: Nexus Sky Tower GmbH. Sie gehört zu einer Beteiligungsgesellschaft namens BlackTrust Capital, die in Monheim sitzt und deren Fokus auf regionalen Wohnprojekten liegt. Geschäftsführender Gesellschafter ist Mikail Aydöner, der neben Beyazyüz im Saal sitzt.
Etwa zehn Minuten später erhebt sich ein Mann mit Krawatte und Einstecktuch aus den Stuhlreihen. Er vertritt den Berliner Immobilieninvestor PRS Family Trust und ist extra für den Termin aus der Hauptstadt eingeflogen. Auch sein Gebot wird zugelassen: sieben Millionen Euro.
Die Vertreterin der Bank, die die Zwangsversteigerung veranlasst hat, geht nacheinander mit beiden Bietern kurz vor die Tür. „Ich wollte die mal kennenlernen“, sagt sie später. Das lohnt sich, denn außer den beiden bietet niemand mehr. Stattdessen kommt es zu einem Duell, bei dem die Gebote rund 40 Mal steigen.
Um 10.10 Uhr erhöht der Vertreter von PRS auf 7,8 Millionen Euro. Murat Beyazyüz von Nexus bietet acht Millionen Euro. PRS erhöht auf 9,25 Millionen. Mikail Aydöner von Nexus atmet aus und lässt die Lippen flattern. Um 10.17 Uhr ist die reguläre Bietzeit abgelaufen. Ob jemand mehr biete, fragt die Rechtspflegerin. Nexus erhöht auf 9,5. PRS pariert, Nexus kontert, es geht hin und her wie beim Pingpong. Bei 11,6 Millionen Euro will die Rechtspflegerin schon fast Schluss machen, zum Ersten, zum Zweiten, zum Dritten, da wird sie von PRS unterbrochen: „Elf sieben.“
Es geht weiter, ihr scheint das Spiel zu gefallen. Nachdem PRS schließlich 15 Millionen bietet, schaut die Rechtspflegerin verschmitzt zu Nexus rüber. Wer bietet mehr? Beyazyüz erhöht um 50.000 Euro. PRS schaut aufs Smartphone, tippt etwas und erhöht ebenfalls – auf 16 Millionen Euro. „Ich dachte, das wäre der K.O.-Schlag“, sagt der Berliner Bieter später. Doch Nexus erhöht erneut, auf 16.050.000 Euro.
Dabei bleibt es. Die Rechtspflegerin verkündet den Schluss der Versteigerung, Beyazyüz und Aydöner klatschen sich ab wie nach einem siegreichen Fußballspiel. Ein paar Leute im Publikum spenden Szenenapplaus, die meisten staunen einfach. Ein Erlös deutlich über dem Verkehrswert. „Wir hätten nicht gedacht, dass der Markt das zum aktuellen Zeitpunkt hergibt“, sagen Makler Marcel Abel (JLL) und Entwickler Mühling.
Und die Gewinner? Planen nun „eine umfassende Projekt-Neuausrichtung mit starken Partnern, auch auf der Kapitalseite“. Wer das ist, verraten Aydöner und Beyazyüz nicht. Nur so viel: „Peker hat damit nichts zu tun.“In jedem Fall ist der ursprünglich geplante Ando Tower tot. Für den Düsseldorfer Immobilienmarkt aber ist das spektakuläre Ergebnis der Zwangsversteigerung ein Lebenszeichen.