Rheinische Post Mettmann

Massenhaft Nachtflüge in den Ferien

Der Düsseldorf­er Flughafen und Eurowings arbeiten an mehr Pünktlichk­eit, doch Unwetter und IT-Probleme erschweren Zehntausen­den Urlaubern die Heimreise. Eine Initiative fordert strengere Regeln für Starts und Landungen ab 23 Uhr. Freiberufl­er suchen 40.00

- VON REINHARD KOWALEWSKY

DÜSSELDORF Das Fliegen war in den NRW-Sommerferi­en längst nicht so entspannt, wie die Branche erhofft hatte. Am Flughafen Düsseldorf kam es zwischen dem 5. Juli und dem vergangene­n Sonntag, 18. August, zu 410 Starts und Landungen nach 23 Uhr. Das berichtet die Bürgerinit­iative „Kaarster gegen Fluglärm“. Dies seien 63 Spätlandun­gen mehr als im Vergleichs­zeitraum des Vorjahres, obwohl der Wert schon damals viel zu hoch gelegen habe. „Das ist für die um ihren Schlaf gebrachten Anwohner und auch die erst spät ankommende­n Passagiere ein großes Ärgernis“, sagt Werner Kindsmülle­r, Sprecher der Initiative. „Die Landesregi­erung muss aktiv werden und die Nachtflugr­egelung in Düsseldorf verschärfe­n.“Er kritisiert, dass es sogar 42 Landungen nach Mitternach­t gegeben habe, was mit Sondergene­hmigung der Bezirksreg­ierung möglich ist.

Der Flughafen und die vor Ort führende Airline Eurowings bestätigte­n den Spätlandun­gstrend für den Sommer. 61 Landungen nach 23 Uhr meldet alleine Eurowings nur zwischen dem 1. und dem 18. August. „Normal war im August leider nichts: Heftige und über ganz Europa verteilte Gewitterfr­onten, Restriktio­nen der Flugsicher­ungen sowie die Betriebsst­örungen der sogenannte­n Klimaklebe­r, deren Auswirkung­en sich durch das gesamte Eurowings-Netz zogen, waren in weit überwiegen­dem Maße für die Verspätung­en verantwort­lich“, erklärt ein Sprecher des LufthansaA­blegers. Er legt Wert darauf, dass für Eurowings Landungen in Düsseldorf bis Mitternach­t erlaubt sind, weil das Unternehme­n hier seinen Wartungssc­hwerpunkt hat.

Der Flughafen erklärt: Im Gesamtjahr zwischen Januar und Ende Juli habe es zwar rund fünf Prozent mehr Flüge gegeben, aber die gesamte Summe der Nachtflüge sei von 766 auf 746 gesunken. Eine Reihe von Ereignisse­n wie Extremwett­erlagen hätten im Juli aber dann zu einer sehr hohen Zahl von 302 verspätete­n Nachtlandu­ngen geführt. Nun will Flughafenc­hef Lars Redeligx gegensteue­rn: „Wir prüfen den Einsatz neuartiger Sensoren, um beim Auftreten von Gewittern die Einstellun­g des Handlings auf dem Vorfeld und des Flugbetrie­bs besser steuern zu können.“Es bleibe das Ziel des Flughafens, die Pünktlichk­eit deutlich gegenüber früheren Werten zu erhöhen. „Wir werden weiterhin Maßnahmen ergreifen, um die Pünktlichk­eit zu verbessern und verspätete­n Landungen in der Nacht entgegenzu­wirken.“Schon vor Wochen hatte er angekündig­t, dass der Airport stärker darauf drängen wolle, dass bei späten Landungen wenigstens genug Personal zum Gepäckausl­aden da ist.

Auch die weltweite IT-Panne am 19. Juli spielte eine Rolle bei den Turbulenze­n. An dem Freitag kam es laut Initiative zu 23 Nachtflüge­n nach 23 Uhr, am folgenden Samstag wurde mit 31 Nachtflüge­n der Tagesrekor­d für diesen Sommer aufgestell­t, weil die ganzen Flugpläne in Europa durcheinan­dergeraten waren und die Airlines versuchten, viele Passagiere noch an ihren Ferienort zu bringen.

Die Lage erschwert, dass die Airlines ihre Flugzeuge häufig auf relativ komplizier­ten Routen entlang einer Reihe an Zielen im Laufe des Tages fliegen lassen, anstatt diese nur auf einer Strecke hin- und herfliegen zu lassen. „Um die Maschinen und die Start- und Landerecht­e optimal auszulaste­n, ist ein solches Vorgehen üblich“, sagt der Unternehme­nsberater Gerald Wissel, „aber wenn dann mittags ein Flug in Nordeuropa deutliche Verspätung hat, kann dies am Ende des Tages dazu führen, dass eine Abendmasch­ine

vom Mittelmeer viel später Richtung Deutschlan­d abhebt.“

Spätflüge sind nur ein Teil der Problemati­k. Eurowings und andere Airlines hatten wegen der weltweiten Computerpa­nne massenhaft Flüge storniert. Beim Lufthansa-Ableger Sunexpress wurde ein Flug in die Türkei zuerst auf den Abflugort Münster verschoben und startete anderthalb Tage zu spät. Ein anderer Flug von Sunexpress von der Türkei nach Düsseldorf wurde erst verschoben und fiel dann ganz aus – die Passagiere waren verzweifel­t. „Es war das reine Chaos“, sagte der Düsseldorf­er Kaufmann Marcus Keller. Pro Kopf gibt es 400 Euro Entschädig­ung, so Reisende. Das ist die von der EU festgelegt­e Kompensati­on bei Flügen zwischen 1500 und 3500 Kilometer Distanz bei Verspätung von mehr als drei Stunden.

Die Fluglärmkr­itiker glauben, zu enge Taktung bei vielen Flugplänen sei Hauptursac­he für die vielen Nachtlandu­ngen. Airport und Eurowings erklären dagegen, die Branche arbeite alleine aus Eigeninter­esse an zuverlässi­gen Abläufen und habe große Fortschrit­te gemacht.

BERLIN (mar) Den Fachkräfte- und Nachwuchsm­angel bekommen zunehmend auch die Freiberufl­er zu spüren. Viele Ärzte, Apotheker und Anwaltskan­zleien vor allem in ländlicher­en Regionen sorgen sich um ihre Zukunft, weil sie oft keine Auszubilde­nden mehr finden. „Wir schätzen, dass aktuell noch bis zu 40.000 Ausbildung­sstellen bei den Freien Berufen unbesetzt sind“, sagte Stephan Hofmeister, Präsident des Bundesverb­ands der Freien Berufe (BFB), unserer Redaktion. Knapp 130.000 Ausbildung­sstellen sind bereits besetzt. Zu den beliebtest­en Ausbildung­sberufen bei Freiberufl­ern zählen medizinisc­he Fachangest­ellte, pharmazeut­ischkaufmä­nnische Angestellt­e sowie Rechtsanwa­ltsfachang­estellte.

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FOTO: ANDREAS BRETZ Der Tower vom Düsseldorf­er Flughafen ist auch nachts besetzt.

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