Rheinische Post Mettmann

In Orte und Menschen hineinspür­en

Maren Gottschalk schreibt Biografien über starke Frauen. Im September kommt sie mit ihrem Buch über Frida Kahlo nach Düsseldorf.

- VON CLAUDIA HÖTZENDORF­ER

DÜSSELDORF Es sind die Brüche in einem Leben, die Maren Gottschalk neugierig machen. Schicksals­schläge oder Erkrankung­en, wie zum Beispiel bei Frida Kahlo. Die vor 70 Jahren verstorben­e Künstlerin verarbeite­te ihren schweren Unfall, körperlich­e und seelische Schmerzen oder Einsamkeit in ihren Bildern. Gleich zwei Biografien schrieb die Journalist­in über Kahlo. Zunächst das Sachbuch „Die Farben meiner Seele“, danach die Romanbiogr­afie „Frida“. Da die Historiker­in auch für „Zeitzeiche­n“beim WDR Sendungen produziert, lag es nahe, der mexikanisc­hen Malerin – die väterliche­rseits deutsche Wurzeln hat – einen Radiobeitr­ag zu widmen.

Als Hommage zeigt das Atelier-Kino am 23. September in der Reihe „Perspektiv­en“noch einmal den auf ihrem Leben basierende­n Spielfilm „Frida“mit Salma Hayek in der Hauptrolle. Dann wird auch Gottschalk zu Gast sein, um beim Publikumsg­espräch über das Leben der Künstlerin zu erzählen. Im Oktober kommt ihr neues Buch „Jenseits der Ngong Berge“in den Handel. Darin spürt sie dem Leben der Schriftste­llerin Tania Blixen nach.

Was macht eine gute Biografie aus? „Auf jeden Fall eine solide Recherche. Auch wenn ich einen Roman über eine bekannte Person schreibe, legt die Historiker­in in mir Wert darauf, dass die Fakten stimmen“, sagt Gottschalk bei einem Besuch in Düsseldorf. Dafür reist die gebürtige Leverkusen­erin an die Wirkstätte­n ihrer Protagonis­tinnen und Protagonis­ten. Für ihr Buch über das Leben von Blixen fuhr sie in deren Geburtsort in Dänemark und checkte in dem Hotel in Afrika ein, in dem die Schriftste­llerin einst übernachte­te. „Ich wollte in diesen Ort hineinspür­en, ein Gefühl dafür bekommen, wie es dort riecht, wie die Luft schmeckt, sehen, wie die großen Ventilator­en sich an der Decke drehen“, zählt die Autorin auf. Das alles würde sie später auch in ihrer Romanbiogr­afie beschreibe­n.

Zwar haben es ihr die starken Frauen besonders angetan, aber auch die Leben von Andy Warhol, Nelson Mandela oder Johannes Gutenberg hatten schon ihr Interesse geweckt. „Dabei müssen mir diese Menschen nicht sympathisc­h sein“, sagt sie. Im Gegenteil, „wenn man als Autorin gern mit den Protagonis­ten

befreundet wäre, fehlt die Distanz“, ist Gottschalk überzeugt.

Für ihre Warhol-Biografie „Factory Man“wurde die Historiker­in 2015 mit einem Luchs, dem Preis für Kinder- und Jugendlite­ratur ausgezeich­net.

Romanbiogr­afien liegen seit einigen Jahren im Trend. Für Gottschalk Fluch und Segen zugleich, denn „bei einem Roman habe ich die Freiheit, Lücken in einer Biografie zu füllen, Szenen zu beschreibe­n oder mir Dialoge auszudenke­n, die zu der

Person, über die ich gerade schreibe, passen“. Solange die Fakten stimmen, sieht sie darin eine Möglichkei­t, „eine neue Leserschaf­t für diese Lebensgesc­hichte zu interessie­ren“. Das sind vornehmlic­h junge Frauen, die über diese Bücher Persönlich­keiten entdecken. Schade findet die Historiker­in allerdings, dass „es zu oft um hinlänglic­h bekannte Menschen geht“. Dabei gebe es doch so viele interessan­te Lebensgesc­hichten, die einfach entdeckt werden wollen.

Aus ihren eigenen Veröffentl­ichungen sticht Frida Kahlo heraus, nicht nur, weil Maren Gottschalk gleich zwei Bücher über die Mexikaneri­n geschriebe­n hat. Um Kahlo hat sich ein wahrer Hype entwickelt. „Es gibt eigentlich nichts, was es nicht gibt. Socken, Kissenbezü­ge, Schals, Notizbüche­r, T-Shirts“, zählt sie auf. Die Malerin habe etwas Ikonografi­sches, das über die reine Wahrnehmun­g ihrer Kunst hinausgeht. „Ich glaube, dass sich einige mit ihrem Leidensweg identifizi­eren

können und sie für ihren Mut, sich nicht unterkrieg­en zu lassen, bewundern“, vermutet Gottschalk.

Für die Recherche reiste die Historiker­in nach Mexiko, besuchte in Coyoacán die Casa Azul, das „Blaue Haus“, in dem Kahlo 36 Jahre bis zu ihrem Tod 1954 lebte und das heute ein Museum beherbergt. In ihrer Biografie konzentrie­rt sie sich auf die Lebensphas­e, die Frida Kahlo nach New York und später Paris führte. „Im ‚Big Apple‘ hatte sie ihre erste Solo-Ausstellun­g. Das war ein wichtiges Ereignis für sie als Künstlerin“, sagt die Biografin. Gleichzeit­ig erzählt sie im Buch von Kahlos Beziehung zum Fotografen Nickolas Muray, der – davon ist Gottschalk überzeugt – durchaus ein ebenbürtig­er Partner für die Malerin hätte sein können. Wenn da nicht noch ihre Bindung zum 21 Jahre älteren Maler und Ehemann Diego Rivera gewesen wäre.

 ?? FOTO: SANDY CRAUS ?? Die Historiker­in Maren Gottschalk stellt bei einer Vorführung des Films „Frida“ihr Buch über Frida Kahlo vor.
FOTO: SANDY CRAUS Die Historiker­in Maren Gottschalk stellt bei einer Vorführung des Films „Frida“ihr Buch über Frida Kahlo vor.

Newspapers in German

Newspapers from Germany