Neue Chance für Radweg auf der Graf-Adolf-Straße?
Auf der stark befahrenen Straße wurde ein Pop-Up-Radweg eingerichtet. Auch eine langfristige Lösung ist noch nicht vom Tisch.
STADTMITTE Auf einem Liegefahrrad die Graf-Adolf-Straße entlangzufahren, würde sich im Alltag gefährlich anfühlen. Vom Autositz aus sind die niedrigen Räder schnell zu übersehen. Am Samstagmittag lehnte sich Helge Baumann jedoch ganz entspannt auf seinem Gefährt zurück und radelte vom Bahnhof aus Richtung Graf-Adolf-Platz. Denn auf der Graf-Adolf-Straße hatten Radfahrer an dem Tag freie Fahrt, die lediglich von Ampeln unterbrochen wurde. Die Gruppe Extinction Rebellion hatte gemeinsam mit anderen Vereinen und Organisationen auf der vielbefahrenen Straße einen sogenannten Pop-up-Radweg errichtet, markiert durch orangefarbene Hütchen.
„Es ist toll“, lobte Baumann die Fahrt. Er war extra von Neuss nach Düsseldorf gekommen, um die neue Möglichkeit zu testen. Der auf jeweils eine Spur reduzierte Autoverkehr musste an einigen Ampeln etwas länger warten. Der Verkehr brach aber nicht zusammen. „Das sind auch die Erfahrungen in anderen Städten, beispielsweise Köln“, sagte Baumann. „Wenn eine Spur wegfällt, entfällt vor allem das unnütze Hin- und Herwechseln.“
An der Ecke Königsallee und GrafAdolf-Platz hatten die Organisatoren mehrere Stände aufgebaut, um über den Hintergrund der Aktion zu informieren. Die Stadtverwaltung hatte mit den Geschäftsinhabern der Graf-Adolf-Straße den Plan zu einem Radweg ausgearbeitet, doch nach Bedenken aus der Politik war die entsprechende Vorlage zurückgezogen worden. Thomas Tönshoff von Extinction Rebellion sagt: „Wir wollen mit dem Pop-up-Radweg nun zeigen: Es funktioniert. Mit einem solchen Radweg kommen Radfahrer sicher vom Hauptbahnhof bis zum Rhein.“Die Resonanz sei durchweg positiv.
Warum die Politiker die Pläne für die Graf-Adolf-Straße abgelehnt hätten, sei nicht verständlich, erklärte Markus Ambach vom Kunstprojekt „Eine Straße“, das noch bis Sonntag, 18. August, auf dem Graf-Adolf-Platz zu sehen ist. Oberbürgermeister Stephan Keller (CDU) habe die Verwaltungsvorlage einfach von der Tagesordnung genommen. Bei einer gespielten Szene
wurde das Stadtoberhaupt daher mit goldenem Bobbycar in den Händen vor toten Radfahrern dargestellt. „Wir sind sehr enttäuscht“, sagte Ambach. „Warum kann man den Modellversuch nicht einfach zwei Monate testen?“
Bürgermeisterin Clara Gerlach (Grüne) bestätigte: „Wir brauchen mehr Experimente.“Die Stadt komme nicht umhin, mehr Verkehrswege für Radfahrer und Fußgänger einzurichten. Die Aufenthaltsqualität an der Graf-Adolf-Straße müsse erhöht werden.
Auf Straßen sei eine faire Aufteilung für die Verkehrsteilnehmer wichtig, sagte Sigrid Lehmann (Linke). Auf der Graf-Adolf-Straße sei es „maximal unfair, denn die Radfahrer haben hier null Prozent“. Sie bedauere ebenfalls, dass die Verwaltungsvorlage zurückgezogen worden sei. „Sie ist aber nicht weg, wir müssen dafür kämpfen. Auf der Luegallee läuft es ja auch. Sogar von den selbsternannten Wutbürgern hört man dort nichts mehr.“