Rheinische Post Mettmann

Niemand ist zu alt fürs Fitnessstu­dio

Sind Hannelore und Horst Keilpflug Vorzeige-Senioren? „Auf keinen Fall“, sagen die beiden. Sie hätten halt vor 17 Jahren erkannt, wie gut ihnen Krafttrain­ing tut. „Damit kann man jederzeit anfangen.“

- VON DIRK NEUBAUER

KREIS METTMANN Horst Keilpflug (78) hat zittrige Knie. Das aber ganz bewusst. Denn er versucht, auf einem Wabbelbret­t das Gleichgewi­cht zu halten. Da das so stark wackelt wie der berühmte Pudding, muss der schlanke Senior jede Sekunde seine Haltung stabilisie­ren, um der Schwerkraf­t zu trotzen. Das ist ganz schön anstrengen­d, selbst wenn er etwas jünger wäre. Aber es gelingt. Gleich nebenan streckt sich Ehefrau Hannelore Keilpflug (76) und geht in den Unterarmst­ütz. So verharrt sie, Sekunde um Sekunde, und wird von Studioleit­erin Heike Bröker angeleitet: „Die Körperspan­nung halten, die Arme an der Kante der Matte ausrichten – so machst Du das richtig.“Hannelore stärkt die persönlich­e Fitness, indem sie das eigene Gewicht für die Übungen einsetzt. So steht es auf ihrem aktuellen Trainingsp­lan.

Dass hier beim TSV Hochdahl zwei Senioren das Fitnessstu­dio an der Sedentaler Straße nutzen, ist morgens um neun Uhr völlig normal. Die Jüngeren kommt erst später, in den großen Ferien sowieso. Mehr noch: Hier sind die Rentner in der Mucki-Bude ausdrückli­ch Programm. „Unsere Nutzerinne­n und Nutzer sind zu 60 Prozent Oldies und zu 40 Prozent in einem jüngeren Alter“, schätzt Studioleit­erin Heike Bröker. Stolz trage man den Ruf, eigentlich ein „geriatrisc­hes Studio“sein.

Denn eines bestätigen Hannelore und Horst sofort: „Es ist nie zu spät, mit dem Krafttrain­ing anzufangen.“Natürlich muss dazu der innere Schweinehu­nd weggesperr­t werden. Und es braucht vor dem ersten Training eine gründliche Anamnese. „Dabei machen wir uns ein Bild über das Alter und den Gesundheit­szustand derjenigen, die zu uns kommen wollen“, sagt Heike Bröker. Zudem wird gemeinsam besprochen, welche Ziele die Senioren im Fitnessstu­dio erreichen wollen. Sobald das und die genaue Einweisung an den mit Eisengewic­hten bepackten Trainingsg­eräten absolviert sind, kann es in den regulären Trainingsb­etrieb gehen. Das Alter ist das kein Hinderungs­grund.

Für Hannelore und Horst bedeutet das, zwei Mal pro Woche drehen sie ihre Runde im Fitnessstu­dio des TSV Hochdahl. Zusätzlich einmal Mal pro Woche sind sie beim Nordic Walken unterwegs in der Natur. Das konzentrie­rte Gehen mit den Stöcken, mit denen man sich abstößt, fördert die Ausdauer. „Das ist eigentlich eine ideale Kombinatio­n“, findet Heike Bröker.

Aber gab es nicht doch Berührungs­ängste, im hohen Alter ein Fitnessstu­dio aufzusuche­n, in dem natürlich auch junge Männer ihren Bizeps auf Maximalkra­ft aufpumpen? „Nein“, sagt Hannelore, „von Anfang an hat mir hier die angenehme Atmosphäre gefallen.“Und neulich trainierte­n zwei alte Männer neben ihr, von denen einer zum anderen sagte: „Wenn ich gewusst hätte, wie gut mir das hier tut, hätte ich schon 15 Jahre früher damit angefangen.“

Hannelore Keilpflug sagt im Gespräch, dass sie mit ihrem Ehemann seit 17 Jahren zum Kraftsport geht. „Irgendwann wollte ich mal wissen, welchen Effekt das wirklich für mich hat.“Kurz darauf kam Corona. Alles war geschlosse­n – auch das Studio. Horst Keilpflug nimmt die Erzählung seiner Frau auf: „Sagen wir so, wir waren beide sehr froh, als wir hier wieder trainieren konnten.“Natürlich bewege er heute weniger Gewichte an den Geräten als vor 17 Jahren. „Das wird gemäß meinem

Alter angepasst, logisch.“Doch wenn er mal nicht kommen kann, dann fehlt etwas. Auch im Fitnessstu­dio: „Unsere Stammgäste passen aufeinande­r auf. Wenn mal jemand einfach fehlt, wird sofort nachgehakt“, sagt Heike Bröker.

Seit 2004 ist sie Kursleiter­in, seit 2015 leitet sie das Studio. „Wir haben einen Blick dafür, was auf der Fläche passiert“, sagt Bröker. Auch wenn hier jeder mit dem Trainingsp­lan für acht bis zwölf Wochen eigenveran­twortlich sein rund anderthalb­stündiges Tagesprogr­amm erledigt – alleingela­ssen wird hier niemand mit seinen Übungen. Hannelore und Horst Keilpflug schätzen das: „Schließlic­h muss man die Übungen ständig wechseln.“Wenn es um die eigene Fitness geht, ist Routine nur im Großen und Ganzen gefragt. Die Übungen müssen immer wieder wechseln, um dem Körper mit seinen Muskeln ordentlich Abwechslun­g zu bieten.

 ?? FOTO: STEPHAN KÖHLEN ?? Hannelore Keilpflug ist 73 und trainiert zwei Mal pro Woche im Fitnesstud­io.
FOTO: STEPHAN KÖHLEN Hannelore Keilpflug ist 73 und trainiert zwei Mal pro Woche im Fitnesstud­io.

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