Rheinische Post Mettmann

6311 Kilometer mit dem Fahrrad unterwegs

Bei ihrer dreimonati­gen Tour durch halb Europa haben die beiden Senioren viele Eindrücke und Spenden gesammelt.

- VON TINO HERMANNS

FLINGERN Nach knapp 84 Stunden auf dem Rennrad und 3498 gefahrenen Kilometern hat Tadej Pogacar (Slowenien) die Tour de France gewonnen. Günter Schilbock und Michael Eckert indes haben sich mit einer Frankreich-Fahrt per Fahrrad nicht zufriedeng­egeben. Sie stiegen in Düsseldorf aufs Rad und auch wieder herunter, aber dazwischen lag eine kräftige Strampelei durch Belgien, Frankreich, Spanien und Portugal.

Zugegeben, es waren E-Bikes, deren Motoren bis zur Geschwindi­gkeit von 25 Stundenkil­ometern Unterstütz­ung produziere­n, die die beiden Düsseldorf­er durch halb Europa trugen, doch mit einem Gesamtgewi­cht von an die 130 Kilogramm (Fahrrad, Gepäck, Fahrer) musste ja auch einiges an Masse bewegt werden. Insgesamt saßen die beiden Senioren, Eckert ist 64 Jahre alt und Schilbock 70, 316 Stunden im Sattel und haben nun 6311 Kilometer in den Beinen.

Die beiden Fahrrad-Enthusiast­en radelten nach Gibraltar an der Südspitze Spaniens und wieder zurück. „Wir sind nicht die ganze Strecke mit dem Fahrrad gefahren, das wären dann 7200 Kilometer gewesen. Wir haben zweimal Strecken mit dem Zug hinter uns gebracht, sonst hätten wir unseren Zeitplan nicht einhalten können“, erläutert Schilbock. „Wir wollten ja nach drei Monaten wieder in Düsseldorf sein und auch unbedingt unsere Frauen in Santiago de Compostell­a treffen.“

Die beiden Damen hatten den Jakobsweg von Porto (Portugal) aus in Angriff genommen und waren nach 265 Kilometern per pedes in der Pilgerstad­t angekommen. „Wir waren nach drei Wochen in Santiago und es war großartig“, urteilt Eckert. „Nicht nur, weil wir unsere Frauen getroffen haben, sondern auch, weil bis dahin alles geklappt hatte und die Stimmung in Santiago so gelöst, so positiv war. Alle Pilger, die die Kathedrale erreicht haben, haben auch etwas für sich selbst erreicht.“

So ganz ohne jegliches Hemmnis blieb die Rad-Fernfahrt indes nicht. Einmal stürzte Schilbock, zog sich bis auf einen blauen Oberschenk­el aber keine weiteren Blessuren zu. „Der Sturz ist glimpflich abgegangen. Ich hatte keine Probleme beim Weiterfahr­en.“Probleme bereitete aber sein Rad. „Ich habe für die Tour ein neues Fahrrad gekauft und dann geht die Radnabe vorne und die Pedale kaputt“, ärgert sich Schilbock. „Ich habe meine Versicheru­ng angerufen, die haben gedacht, ich mache Witze, als ich ihnen erzählte, wir sind Richtung Gibraltar unterwegs.“

Nicht jede Werkstatt ist in der Lage ein 3700 Euro teures E-Bike zu reparieren. So benötigte es mehrere Anläufe, bis das Kugellager vorne gewechselt werden konnte. Und als man in Gibraltar angekommen war, war Schilbock krank. „Ich stand ganz

alleine auf dem berühmten Affenfelse­n“, erläutert Eckert. „Aber auch das war toll.“

Sowieso seien die Landschaft­en das beeindruck­endste auf der Rundreise gewesen. „Beispielsw­eise in Nordspanie­n oder Portugal ist es wunderschö­n“, schwärmt Eckert. „Aber wir haben auch viele Umweltsünd­en gesehen. Müll wird einfach irgendwo abgeladen. Und die ganzen Plantagen in Spanien verbrauche­n Unmengen an Wasser, das woanders fehlt.“

Gefallen hat ihnen auch die Lebensart der Spanier. „Die Leute verlegen ihr Leben nach draußen. Sie trinken, essen, feiern zusammen“, meint Eckert. „Und die ganze Tapas-Welt in Spanien ist lecker und fasziniere­nd.“Gute Ernährung brauchten die beiden auch, denn trotz E-Motors war die Reise richtig anstrengen­d. „Wir hatten öfter mal 20 Prozent Steigung. Da muss man sich die ganze Zeit auf den Pedalen stehend weit nach vorne beugen, sonst fällt man hinten rüber“, sagt Schilbock. „Unser Navi-System hat uns auch ein paar Mal in Gegenden geführt, da wollten wir gar nicht hin.“

Einmal sollte das Duo 35 Kilometer über Sandstrand fahren, ein anderes Mal war eine Straße unterspült worden und die Straßendec­ke über mehr als vier Meter einfach weggebroch­en. „Wegen des Sandstrand­es haben wir einen rund 80 Kilometer langen Umweg machen müssen und haben deswegen Cadiz nicht gesehen“, ärgert sich Eckert. Doch das Positive an der Tour überwiegt. „Ich kann mir vorstellen, so etwas noch einmal zu machen“, meint Eckert und Schilbock nickt.

 ?? FOTO: ANNE ORTHEN ?? Michael Eckert und Günter Schilbock (v.l.) haben bei ihrer Radtour nach Gibraltar gut 300 Stunden im Sattel gesessen und mehrere Länder durchfahre­n.
FOTO: ANNE ORTHEN Michael Eckert und Günter Schilbock (v.l.) haben bei ihrer Radtour nach Gibraltar gut 300 Stunden im Sattel gesessen und mehrere Länder durchfahre­n.

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