Rheinische Post Mettmann

„Es bleibt genug für alle übrig“

Der Stadtdirek­tor über Kritik an der Uefa, Wartezeite­n beim Bier und die geplanten Großkonzer­te an der Messe

- DAS INTERVIEW FÜHRTE UWE-JENS RUHNAU

DÜSSELDORF Wir treffen Burkhard Hintzsche vor seinem Büro am Burgplatz, wo schon am Mittag in der Fanzone Programm ist. Gerade macht Enkelson Musik. Der Stadtdirek­tor ist derzeit viel in der Stadt unterwegs. Bei ihm ist das Kompetenzz­entrum Veranstalt­ungen angesiedel­t. Auch ist er Aufsichtsr­atsvorsitz­ender der Stadttocht­er D.Live, die die Fanzonen organisier­t. Zeit für eine Zwischenbi­lanz der Euro 2024 in Düsseldorf.

Herr Hintzsche, haben Sie schon einen Abend in einer Düsseldorf­er Fanzone verbracht?

HINTZSCHE Ja, beim Eröffnungs­spiel am Schauspiel­haus. Das war eine geschlosse­ne Veranstalt­ung, die wegen des Andrangs aber später noch geöffnet wurde. Die Illuminati­on des Schauspiel­hauses nach dem Spiel war ein Ereignis. Ich kann nur jedem empfehlen, sich das einmal anzuschaue­n.

Wie lange haben Sie denn auf ein Bier warten müssen?

HINZSCHE An dem Abend habe ich Wein getrunken. Ganz ehrlich: Wenn es Diskussion­en gibt über den Verhaltens­kodex in den Fanzonen, die ja lediglich einen Appell für ein respektvol­les Miteinande­r darstellen, oder die Wartezeite­n beim Bier, gegen die ja schon etwas unternomme­n wurde, dann schmunzle ich und bin erleichter­t. Es könnte ja ganz andere Probleme geben.

An diesem Montag findet das dritte Spiel von insgesamt fünf Begegnunge­n der EM in Düsseldorf statt. Wie fällt Ihre Zwischenbi­lanz aus? HINTZSCHE Meine Erwartung ist vielfach übertroffe­n. Wir haben immer gesagt, wir wollen mehr machen als fünf Spiele organisier­en. Schon am ersten Abend waren alle Plätze in den Fanzonen früh belegt. Als wir einige Tage später einmal wegen Sturmwarnu­ng absagen mussten, war es am nächsten Tag gleich wieder voll. Das zeigt, dass das Angebot attraktiv ist. Und es ist überall voll, auch in der Altstadt und oft auch mit Menschen aus Ländern, deren Mannschaft­en gar nicht hier spielen. Die EM spricht also viele Menschen an. Mich freut, dass sich viele sehr positiv über Düsseldorf äußern.

Es hieß bei den schottisch­en Fans sogar „Düsseldorf is much nicer than Cologne“.

HINTZSCHE (der in Köln wohnt) Mit der Aussage haben wir kein Problem und auch nicht mit der Zuschreibu­ng „Düsseldorf-South“für Köln. Dunkles Bier schmeckt auch besser als helles, das ist ja allgemein bekannt. Wir wollen aber das Thema Eingemeind­ung nicht politisch vorantreib­en (lacht).

Wenn die 15.000 Plätze in den Fanzonen zuweilen nicht reichen: Gibt es Pläne, mehr Kapazitäte­n anzubieten?

HINTZSCHE Wir haben Flächen wie den Rheinpark in der Reserve und sind vorbereite­t, aber eher für den

Fall, dass hier Mannschaft­en spielen, die sehr viele Fans mitbringen oder die deutsche Nationalma­nnschaft in den weiteren Spielen so erfolgreic­h ist, dass das Interesse am Public Viewing noch größer wird. Wenn die Fanzonen volllaufen, sind die Altstadt oder die Gastronomi­en, die auch häufig die Möglichkei­t bieten Fußball zu schauen, auch in den angrenzend­en Stadtteile­n, die nächsten, die von der Lust auf die EM profitiere­n.

Im Achtel- und Viertelfin­ale steigt das Fußballfie­ber. Jeder Kick ein Endspiel. Es hieß im Vorfeld des Turniers, dann könnten mehr als 100.000 Fans in die Stadt kommen. Mit welchen Szenarien rechnen Sie aktuell?

HINTZSCHE Es gibt eine grundsätzl­iche Struktur, aber kein Schema F. Wir sind in enger Kooperatio­n mit den Sicherheit­sbehörden darauf vorbereite­t, wenn wir ein Spiel mit besonderer Spannung und sehr vielen Fans bekommen. Was schon gut funktionie­rt hat, ist die frühe Trennung der Fanströme, auch weil die Bahnen nicht direkt bis zur Arena fahren und somit zu einer Entlastung führen. Eine Vorgabe der Uefa, die sich auszahlt. Auch dass die Arena jetzt nicht so gut mit dem Auto erreichbar ist, spielt keine negative Rolle. Die Menschen haben ein anderes Mobilitäts­verhalten und den Tag für die Euro reserviert. Genau

Schon seit 2003 in Düsseldorf Dezernent

Privat Burkhard Hintzsche wurde in in Duisburg geboren, er ist verheirate­t und hat eine Tochter.

Beruf Hintzsche studierte Wirtschaft­sund Verwaltung­swissensch­aft und arbeitete zunächst ab 1990 beim Deutschen Städtetag. 2001 wurde er zum Dezernente­n in Bielefeld gewählt, 2003 in Düsseldorf. Heute ist er Stadtdirek­tor und für Soziales, Jugend und Schule zuständig. Zudem ist er für die Steuerung von Großverans­taltungen verantwort­lich.

das macht die EM zu einem schönen Erlebnis, es ist mehr als Fußball und ein Stadterleb­en.

Nochmal zurück zum Bier. Vor dem Start der EM machte die Nachricht die Runde, dass es in den Kölner Fanszenen Kölsch gibt, in den Düsseldorf­er Zonen aber kein Alt. Haben die Düsseldorf­er bei der Uefa nicht für ihr Bier gekämpft?

HINTZSCHE Zumindest haben wir nicht dafür gekämpft, dass in Düsseldorf­er Fanzonen Kölsch ausgeschen­kt wird. Aber im Ernst: Wie haben es immer so gesehen, dass sich das Euro-Geschehen zwischen Schauspiel­haus und Rhein abspielt. Die Fanzonen bespielen wir nach den Vorgaben der Euro GmbH, die wir kaum beeinfluss­en können. Da mussten wir uns auch nicht verbiegen. Ansonsten kann ich auf dem ganzen Weg Altbier trinken und wir wollten explizit nicht, dass die Altstadt kein Geschäft machen kann. Im Übrigen gab es über Jahre bei den regulären Veranstalt­ungen in Arena, Dome etc kein Düsseldorf­er Altbier, das haben wir bewusst geändert. Gerade die Hausbrauer­eien profitiere­n.

Der Uefa werden oft Knebelvert­räge vorgeworfe­n. Ein Jurist der Heinrich-Heine-Universitä­t führt in seiner aktuellen Doktorarbe­it aus, die Uefa nutze den Hoheitsans­pruch der Stadt, um die wirtschaft­lichen Interessen ihrer Sponsoren zu schützen. Wie beurteilen Sie diese Frage? HINTZSCHE Es stimmt, dass das Reglement der Uefa einen an bestimmten Stellen einschränk­t. Aber das dient nicht nur wirtschaft­lichen, sondern auch Interessen der Sicherheit. Ich finde, die Kritik als solche ist vom Grundsatz her berechtigt, aber wir haben ein Gesamtpake­t von der Mobilität bis zu Fanzonen vereinbart und es bleibt genug für alle übrig. Der Anbieter schafft in den Fanzonen, die neben Sport auch Musik offerieren, ein Gratisange­bot mit Sponsoren, für die er auch Gegenwerte schafft. Das finde ich nicht unanständi­g. Und: Niemand muss dort hingehen, man kann auch in der Altstadt gucken.

Die Stadt verhandelt mit vielen Verbänden. Wer ist denn die härtere Nuss? Die Uefa oder der globale Tischtenni­sverband, der die Weltmeiste­rschaft nach Düsseldorf vergeben hat?

HINTZSCHE Ich würde da kein Ranking veranstalt­en. Jeder Verband hat ein Pflichtenh­eft und wenn man bei jedem Punkt sagt, das sehen wir hier aber anders, bekommt man keinen Zuschlag. Der Fußball hat national und internatio­nal eine Sonderroll­e, das ist so, er hat auch die dicksten Pflichtenh­efte. Ich beurteile die Zusammenar­beit mit der Euro GmbH insgesamt als gut. Wir waren in der Sprecherro­lle der zehn Host-Cities und konnten viele Dinge einvernehm­lich regeln.

Düsseldorf hat sich zu einem Eventspezi­alisten entwickelt. Als Sie vor 21 Jahren zum Dezernente­n in Düsseldorf gewählt wurden, war die Arena gerade im Bau. Wie fit war die Stadt damals für diesen Markt? HINTZSCHE Es gab eine andere Struktur. Sport und Events waren zunächst beim Stadtmarke­ting angesiedel­t und wurden dann bei der Kongressge­sellschaft angedockt. Mit der Tour de France 2017 und der Gründung von D.Live hat sich die Situation geändert. Wir haben Kompetenz aufgebaut und gebündelt, sind profession­ell und breit aufgestell­t. Das zahlt sich aus, intern bei Genehmigun­gsverfahre­n und extern bei der Bewerbung um Veranstalt­ungen.

Welche Folgen hatte in der Branche die Ausrichtun­g der Tour de France? HINTZSCHE Die Tour de France war ein Befreiungs­schlag und hat uns viele Türen geöffnet. Wir haben den Grand Départ bis zur Aachener Grenze begleitet und dafür sehr viel Knowhow aufgebaut, etwa in die Sicherheit. Diese Kräfte haben wir in das Kompetenzz­entrum Veranstalt­ungen überführt. Genauso wichtig: Sie können heute zu D.Live gehen und alles abfordern, von der Bühne mit Mikro bis zur Konzertflä­che mit Bühne und Einfriedun­g. Wir hatten damals viele Gäste aus anderen Bundesländ­ern, manche wollen sich eine ähnliche Struktur schaffen. Als der Abteilungs­leiter des Berliner Senats, wo ja traditione­ll Großverans­taltungen aller Art stattfinde­n, meinte, von unserer Organisati­on könne er etwas lernen, war das eine tolle Bestätigun­g. Die Wahrnehmun­gsschwelle von Düsseldorf ist heute anders als 2016.

Wann stehen die neuen Türme mit Kameras und Lautsprech­ern von D.Live denn auf den Messeparkp­lätzen, weil dort ein Großkonzer­t stattfinde­t?

HINTZSCHE Die letzten Beschlüsse stehen aus, dann wird es hoffentlic­h 2025 so weit sein.

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FOTO: ANDREAS BRETZ Draußen macht es Bumm, denn da die ist Fanzone am Burgplatz: Stadtdirek­tor Burkhard Hintzsche beim Interview in seinem Büro im Gebäude des Goldenen Ring.

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