Paar soll Nachbarn mit Messer verletzt haben
Vor Gericht erzählten die mutmaßlichen Täter und das Opfer allerdings völlig unterschiedliche Versionen.
DÜSSELDORF Je lauter nach Ruhe gebrüllt wird, desto wahrscheinlicher gibt es Krach. Und genau so kam es in einer Juninacht 2023 in einem Hochhaus in Holthausen. Zwei Nachbarn stritten damals um die Stille. Einer davon (40) sitzt jetzt wegen versuchten Totschlags auf der Anklagebank beim Schwurgericht, der andere (43) war durch zwei Messerstiche in Oberkörper und Bein erheblich verletzt worden. Doch im Prozess haben sich beide nun gegenseitig beschuldigt, der Ruhestörer gewesen zu sein. Mit angeklagt ist zudem die 33-jährige Freundin des Jüngeren. Sie soll ihren Partner zum Messerstich aufgefordert und dem getroffenen Nachbarn noch gewünscht haben, er möge doch „verrecken“.
Zwei Stiche mit seinem Klappmesser hat der Angeklagte zugegeben – und hat sich zugleich auf Notwehr berufen. Nach einem Streit mit seiner Freundin habe er deren Wohnung in Holthausen zunächst verlassen, sei aber frühmorgens zur Versöhnung zurückgekehrt. Der Mieter jener Wohnung, die direkt unter dem Zuhause des Paares liegt, habe dann aber angefangen, lauthals herum zu pöbeln.
Jener 43-Jährige sei im Haus längst als Stänkerer bekannt, habe das Paar dauernd als „Sozialschmarotzer“beleidigt, die Frau als „Hure“bezeichnet. So auch in der Tatnacht. Zuvor habe es wegen solcher Beschimpfungen und Störungen schon etliche Polizeieinsätze in diesem Haus gegeben. Aber in der
Tatnacht sei der jüngere Mann diesmal nach unten gegangen: „Ich war auf nix Böses vorbereitet, wollte nur, dass der aufhört!“Dann aber habe sich der rund hundert Kilo schwere Nachbar im Treppenhaus urplötzlich auf ihn gestürzt, ihn zu Boden gerissen und sich auf seinen Brustkorb gehockt.
„Ich habe kaum noch Luft gekriegt, paar Sekunden später wäre ich wohl ohnmächtig geworden“, so der Angeklagte. Mit letzter Kraft habe er sein Klappmesser gezogen, sich damit gegen den „Angreifer“gewehrt. Auch die Frau sei wegen des Tumults dazu gekommen, sei von dem Nachbarn aber sofort ins Gesicht geschlagen worden. Ihren Freund zum Zustechen angefeuert oder dem Nachbarn den Tod gewünscht, habe sie aber nicht. Dagegen erzählte der 43-jährige Nachbar den ganzen Vorfall genau anders herum: Er sei von dem Paar „jeden Tag als Hurensohn“beleidigt und laut verhöhnt worden, auch in der Tatnacht. Nur, um endlich Ruhe zu kriegen, sei er ins Treppenhaus gegangen – und dort habe der Angeklagte sofort auf ihn eingestochen. Das junge Paar habe sich über seine Schmerzensschreie sogar noch lustig gemacht.
Und er sei obendrein noch gegen Brust, Kopf und Gesicht getreten worden. Welche der beiden Seiten hier als Ruhestörer anzusehen war und wer angegriffen oder sich nur verteidigt haben mag – das will das Landgericht dann Anfang Juli entscheiden.