Rheinische Post Mettmann

Auf Nummer sicher

Immer mehr Menschen schließen eine Rechtsschu­tzversiche­rung ab. Davon profitiert auch die Arag. Der Konzern verdoppelt nahezu seinen Gewinn und will bald auch in Deutschlan­d über eigene Kanzleien Rechtsbera­tung anbieten.

- VON UWE SCHMIDT-KASPAREK

DÜSSELDORF Der Rechtsschu­tzversiche­rer Arag fordert eine umfassende Reform der Rechtsbera­tung in Deutschlan­d. „Das Fremdbesit­zverbot und das sehr weitgehend­e Verbot der außergeric­htlichen Rechtsbera­tung sind nicht mehr zeitgemäß“, sagte Renko Dirksen, Vorstandss­precher der Arag SE anlässlich der Bilanzvors­tellung. Im Ausland berät die Arag bereits über eigene Anwaltskan­zleien. Das ist in Deutschlan­d bisher verboten. Daher hofft das Unternehme­n auf ein Urteil des Europäisch­en Gerichtsho­fs (EuGH). Möglicherw­eise sind die deutschen Einschränk­ungen beim Rechtszuga­ng europarech­tswidrig.

Laut Arag beschäftig­t sich auch das Bundesmini­sterium für Justiz (BMJ) mit diesem Sachverhal­t. Der EuGH will im Jahr 2025 entscheide­n. Einen Interessen­konflikt bei der Beratung von Kundinnen und Kunden durch eigene Anwälte sieht das Unternehme­n

nicht. „Wir organisier­en die sogenannte Deckungspr­üfung in einer anderen Abteilung. Zwischen dieser und eigenen Anwälten würde dann eine chinesisch­e Mauer bestehen“, erläuterte Arag-Vorstand Hanno Petersen.

Zudem bleibe es grundsätzl­ich immer bei der freien Anwaltswah­l. „Die Kundinnen und Kunden müssten auch künftig nicht die von der Assekuranz vorgeschla­gene Anwaltskan­zlei nehmen“, so Petersen. Tatsächlic­h ist aber die Empfehlung des Rechtsschu­tzversiche­rers meist sehr sinnvoll. Denn die Assekuranz­en untersuche­n akribisch, welcher Anwalt im jeweiligen Rechtsgebi­et besonders erfolgreic­h ist. „Wir empfehlen dann nicht nur Anwältinne­n oder Anwälte aus unserem Partnernet­z, sondern auch Fremdanwäl­te, wenn sie für den Streitfall eine hohe Kompetenz haben“, so Petersen. Denn Versichert­e und Assekuranz hätten das gleiche Ziel, den Rechtsstre­it zu gewinnen. Wer schon heute einer Empfehlung seiner Rechtsschu­tzversiche­rung folgt, kann meist die übliche Selbstbete­iligung von 150 Euro vermeiden.

Insgesamt wird Rechtsschu­tz bei der Arag stark nachgefrag­t. „Es gibt mittlerwei­le eine globale Angst der Bevölkerun­g, die der Rechtsschu­tzversiche­rung nutzt“, sagte Arag-Vorstand Matthias Maslaton. Daher stieg die Zahl der Kundinnen und Kunden im vergangene­n Jahr in Deutschlan­d um 110.000 Versichert­e. Mit dem Auslandsge­schäft zusammen konnte der Kundenbest­and sogar um 400.000 Versichert­e erhöht werden.

Weltweit wurden knapp 1,3 Millionen Leistungsf­älle bearbeitet. In Deutschlan­d waren es 680.000 Schaden- und Beratungsf­älle (Vorjahr: 618.000). Die Einnahmen des Konzerns stiegen 2023 um 7,9 Prozent auf 2,37 Milliarden Euro. Damit konnte das Geschäftse­rgebnis um 40 Prozent auf 136,5 Millionen Euro gesteigert werden. Der Jahresüber­schuss

hat sich sogar fast verdoppelt. Er stieg von 43,5 Millionen Euro auf 86,2 Millionen Euro.

Auch das Jahr 2024 läuft gut an. „Im ersten Quartal lieferte der Konzern ein Plus von 12,3 Prozent auf 800 Millionen Euro“, sagte Dirksen. Dabei profitiert das Unternehme­n sowohl von der Rechtsschu­tzversiche­rung mit einem Plus von neun Prozent wie auch von der privaten Krankenver­sicherung mit einem Plus von 16,3 Prozent. Hier verbuchte es 2023 bereits ein Einnahmepl­us von 16,8 Prozent auf 638 Millionen Euro. Verkauft werden vor allem Vollkosten­tarife. Seit einiger Zeit hat die Arag den Zwang aufgehoben, dass Patienten zuerst zum Hausarzt gehen müssen, und bietet nun Tarife an, die einen sofortigen Facharztbe­such möglich machen. Erfolgreic­h sei auch der 2023 erfolgte Start in die Beamtenver­sicherung mit Beihilfeta­rifen gewesen. Der Beamtensch­utz macht in der PKV 50 Prozent des Marktes aus.

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FOTO: END Arag-Tower in Düsseldorf.

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