Rheinische Post Mettmann

Unruhen in Übersee

Die indigene Bevölkerun­g von Neukaledon­ien rebelliert gegen Pläne zum Wahlrecht aus Frankreich.

- VON BARBARA BARKHAUSEN

NOUMÉA/SYDNEY Im französisc­hen Überseegeb­iet Neukaledon­ien ist es die dritte Nacht in Folge zu Krawallen von Separatist­en gekommen. Offizielle­n Angaben zufolge sind bei den schweren Unruhen bislang fünf Menschen ums Leben gekommen, darunter zwei Polizisten. Am Donnerstag starb ein Polizist nach Angaben von Frankreich­s Innenminis­ter Gérald Darmanin durch „einen versehentl­ichen Schuss“, wie der Sender France Info berichtete. Hunderte weitere Menschen wurden verletzt. Zuvor hatte die französisc­he Nationalve­rsammlung Änderungen an den Wahlregeln genehmigt. Dies hat die Stimmung auf der Inselgrupp­e im Pazifik kippen lassen. Ein Überblick.

Was hat die Unruhen ausgelöst? Politiker in Paris haben über einen Gesetzentw­urf abgestimmt, der es französisc­hen Einwohnern, die seit zehn Jahren in Neukaledon­ien leben, erlaubt, an Wahlen dort teilzunehm­en.

Warum durften diese Bürgerinne­n und Bürger bisher nicht in Neukaledon­ien wählen? Bisher waren Stimmen von Bürgern, die nicht vor 1998 in Neukaledon­ien lebten oder ein Nachfahre solcher waren, „eingefrore­n“. Die Regel war eingeführt worden, damit die indigene Bevölkerun­g, die sogenannte­n Kanaken, nicht zur Minderheit wird. Dies wird sich nun ändern, und das hat die Kanaken verärgert. Sie fürchten um ihren Einfluss.

PAPUA-NEUGUINEA Neukaledon­ien

AUSTRALIEN

NEUSEELAND

Worüber ist die indigene Bevölkerun­g noch wütend? Neukaledon­ien hat in drei Referenda über seine Unabhängig­keit abgestimmt. Das letzte davon ging 2021 – wie auch die beiden zuvor – zugunsten Frankreich­s aus. Die Kanaken, die die Unabhängig­keit vorantreib­en wollen, boykottier­ten die letzte Abstimmung. Sie fordern neue Optionen für eine Unabhängig­keit und die Übertragun­g weiterer Zuständigk­eiten von der französisc­hen Regierung an die lokalen Behörden.

Was ist vor 40 Jahren passiert? In den 1980er-Jahren kam es schon einmal zu blutigen Zusammenst­ößen zwischen Unabhängig­keitsaktiv­isten und Polizei und Militär sowie zu Gewalt zwischen Ureinwohne­rn und Europäern. Die Eskalation der Gewalt

war eine Geiselnahm­e während der französisc­hen Präsidents­chaftswahl­en 1988, bei der mehr als 20 Menschen starben.

Warum sind die Inseln für Frankreich so wichtig? Dass Paris an seinem 20.000 Kilometer entfernten Südseepara­dies festhalten will, liegt nicht zuletzt daran, dass die Inseln ein europäisch­es Bollwerk gegen den zunehmende­n Einfluss Chinas im Indopazifi­k sind. Frankreich­s pazifische Territorie­n – neben Neukaledon­ien auch Französisc­h-Polynesien sowie Wallis und Futuna – verleihen dem Land Einfluss in der Region.

Wie geht es jetzt weiter? Frankreich erhöht die Sicherheit­smaßnahmen in dem Gebiet. Die Zahl der Polizisten und Gendarmen werde auf 2700 von zuvor 1700 Einsatzkrä­fte erhöht, sagte Darmanin. Sie würden von Soldaten unterstütz­t. (mit dpa/rtr)

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FOTO: DPA Ein Feuerwehrm­ann steigt in Charkiw über qualmende Trümmer.

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