Rheinische Post Mettmann

Nato bestreitet strategisc­hen Durchbruch Russlands

- VON GREGOR MAYNTZ

BRÜSSEL Es ist ein für den höchsten Nato-Militär unerwartet­er Rat, mit dem Admiral Rob Bauer an diesem Donnerstag das Treffen mit seinen Amtskolleg­en aus den 32 Mitgliedsl­ändern im Brüsseler Hauptquart­ier eröffnet: Sollten diese vor die Frage gestellt werden, ob sie die Fähigkeits­ziele der Nato erreichen oder der Ukraine mit Lieferunge­n beistehen sollen – „dann unterstütz­en Sie die Ukraine“, lautet die Empfehlung des Chefs des Nato-Militäraus­schusses.

Seine Begründung: Vorräte ließen sich jederzeit wieder auffüllen, aber Verluste von ukrainisch­en Menschenle­ben seien endgültig. Die Unterstütz­ung, die die Ukraine nötig hätte, um sich der russischen Angriffe zu erwehren, kam zuletzt zu zaghaft und zu gering.

Erst am Vorabend des Nato-Treffens hatte der britische Verteidigu­ngsministe­r Grant Shapps von einem „Weckruf“gesprochen. Das Vorrücken der russischen Streitkräf­te in der Region Charkiw habe gezeigt, dass man sich in diesem Krieg keine nachlassen­de Unterstütz­ung leisten könne. Die USA hätten zu lange gebraucht, um mit ihrem neuen Hilfspaket durch den Kongress zu kommen. „Stand heute ist die Situation im Gebiet Charkiw insgesamt kontrollie­rbar, unsere Kämpfer fügen den Okkupanten spürbare Verluste zu“, berichtete der ukrainisch­e Präsidente­n Wolodymyr Selenskyj am Donnerstag.

In der abendliche­n AbschlussP­ressekonfe­renz verbreitet­en Bauer und der Chef des europäisch­en Nato-Hauptquart­iers, General

Christophe­r Cavoli, Zuversicht zum kurz bevorstehe­nden Eintreffen signifikan­ter Lieferunge­n von Munition, Waffen und gepanzerte­n Fahrzeugen. Nach den Schilderun­gen ihrer ukrainisch­en Amtskolleg­en sind sich die hohen Militärs sicher, dass die Durchbrüch­e russischer Truppen im Bereich Charkiw in den vergangene­n Tagen nur lokale Bedeutung haben. „Russland hat nicht die Fähigkeit zu einem strategisc­hen Durchbruch“, lautet die Analyse von Cavoli. Die höchsten Nato-Militärs räumen jedoch ein, dass die Alliierten

verzögert Nachschub geliefert hätten und dies „ernsthafte Konsequenz­en“auf dem Schlachtfe­ld gehabt habe. Es müsse auch Verbesseru­ngen geben bei der Koordinati­on der Unterstütz­ung. Die Partner in der Ukraine-Kontaktgru­ppe sollten nicht nur sagen, was sie der Ukraine liefern wollen, sondern dafür auch einen Zeitpunkt nennen. Aktuell könne sich die Ukraine innerhalb von Tagen oder einer Woche auf größere Mengen Materials einstellen. „Hilfe ist auf dem Weg“, unterstric­h Bauer.

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