Diese Omas mischen sich ein
Die „Omas gegen Rechts“wollen Widerstand leisten. Denn Hass und Hetze, Rassismus und rechtsextreme Parolen ärgern sie. Die Gruppe im Kreis Mettmann wird fünf Jahre alt.
KREIS METTMANN Heike Linnert kniet. Und schreibt. „Shalom“steht in Kreideschrift auf den Stufen, die den Lavalplatz hinunter zum Königshof führen. Und das Datum, an dem vor 79 Jahren das Höllenfeuer des Zweiten Weltkriegs verlosch. „Die Omas gegen Rechts“wollen an diesen Tag erinnern. Deshalb steht das Wort „Frieden“in zahlreichen Sprachen auf dem Beton. Zugleich aber wollen sie auch mahnen. Denn schon wieder bestimmen Hass und Hetze den öffentlichen Diskurs. Ausgrenzung und Rassismus. Schon wieder gibt es Menschen, die sich nach einem starken Bestimmer sehnen. Gerade so, als seien die 60 Millionen Weltkriegs-Toten in Europa, der Holocaust und all die zerstörten Städte und Landschaften nie passiert.
Die „Omas gegen Rechts“im Kreis Mettmann sind vor fünf Jahren aus einem Impuls der Empörung heraus entstanden. Plötzlich waren da wieder Faschisten, mitten in Mettmann. Plötzlich zogen sie wieder durch die Straßen mit all ihrem menschenverachtenden und demokratiefeindlichen Gedankengut. „Der damalige Bürgermeister und die Kreispolizei wussten von dem Aufzug der Rechtsextremisten und hatten der Öffentlichkeit nichts davon gesagt. „Da war für mich das Maß voll“, sagt Heike Linnert. Sie wurde zur Mitgründerin
der „Omas gegen Rechts“im Kreis Mettmann.
„Wir wollen laut sein und den Rechtsextremen nichts durchgehen lassen“, sagt Linnert. Ob sich Reichsbürger in einer Mettmanner Scheune versammeln wollen oder die AfD in der Fußgängerzone einen Infostand aufschlägt, ob gegen Rechtsextreme protestiert wird wie vor einigen Wochen oder sich der Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs jährt: Diese Omas mischen sich ein.
Gruppen und Themenfelder, für die sich die „Omas“engagieren, sind die Geflüchteten-Hilfe, der Erhalt sozialer Standards, für die ihre Generation sich eingesetzt hat, sowie deren Verbesserung für ihre Kinder und Enkel. Sie stehen außerdem für eine „generationsübergreifende
Die Regionalgruppe Kreis Mettmann besteht seit März 2019 und freut sich über neue Mitglieder. Die erste „zivilgesellschaftliche Initiative“, Webseite: www.omasgegenrechts-kreismettmann.de wie sich die „Omas gegen Kontakt: rechts“-Gruppen bezeichnen, gründete info@omasgegenrechts-kreismettmann.de. sich 2018 nach dem Vorbild der Nächste Aktionen: Gedenken Bewegung in Österreich. Inzwischen an den Anschlag in Solingen
Regionalgrup-nd gibt es etwa hundert (28.5.1993) und Weltflüchtlingstag pen deutschlandweit (Stand: 2020). (20.6.2024)
Verantwortung“, achten und respektieren alle Menschen, unabhängig der religiösen oder sexuellen Ausrichtung oder der Herkunft. Ein weiteres Thema ist die Gleichstellung der Frau. „Omas setzen sich eben ein und das in allen gesellschaftsrelevanten Bereichen“, bekräftigt
Heike Linnert. Dabei fordert die Gruppe Toleranz nicht nur von allen Mettmannerinnen und Mettmannern ein, sie üben sie auch selber aus. Ausgehend von zwei Handvoll Gründungsmitgliederinnen mischen heute auch Männer mit. „Das sind unsere Omas ehrenhalber“, schmunzelt Linnert. Es wäre ja schön blöd, auf tatkräftige Mitstreitende zu verzichten, nur weil sie ein anderes Geschlecht haben.
Auf Demos und in der Fußgängerzone sind sie laut und nehmen kein Blatt vor den Mund. Ob es dabei auch manchmal Situationen gibt, die bedrohlich sind? Gewiss. „Aber zum einen passt die Kreispolizei gut auf uns auf. Zu der haben einen guten Kontakt“, sagt Heike Linnert. Zum anderen ist da die Gewissheit, nicht allein zu sein. Da mögen die Reichsbürger mit angewiderten Mienen dicht an ihnen vorbeifahren – im Ernstfall passen die Omas aufeinander auf.
Durch ihre Aktionen, die sich die ebenso findigen Frauen und Männer anlässlich prominenter Daten wie dem Tag der Seenotrettung, dem Tag des Flüchtlings oder dem der Demokratie ausdenken, erreichen sie viel Aufmerksamkeit und positives Feedback. „Als wir vor dem Neanderthal Museum zum Tag des Flüchtlings Papierschiffchen verteilt haben, haben uns viele Autofahrer, die an der Ampel davor anhalten mussten, einen Daumen hoch gegeben“, erzählte Veronika Jon-Wickel bereits im Gründungsjahr der Rheinischen Post.
Gerade jetzt wollen sie weitermachen. Und alles daransetzen, dass bei der nächsten Europawahl eben nicht die undemokratischen Kräfte stark werden – oder dass sich Menschen jeden Alters von den vermeintlich einfachen Schein-Antworten auf Probleme blenden lassen. Dazu gehört auch eine Menge Arbeit. „Um den Sprüchen der AfD in der Fußgängerzone etwas entgegen halten zu können, müssen wir genau wissen, wie sie wirklich abgestimmt haben“, sagt Heike Linnert. Die präzisen Widerworte gefallen den Rechtsextremen nicht. Sollen sie auch nicht.