Rheinische Post Mettmann

Sportlegen­den feiern Wiedersehe­n in Hilden

Rund 80 ehemalige Leichtathl­eten – unter ihnen Olympiasie­gerin Ulrike Nasse-Meyfarth und Weltmeiste­r Willi Wülbeck – kamen zum lockeren Austausch beim TC Stadtwald Hilden zusammen.

- VON ALEXANDER RIEDEL

HILDEN Worüber unterhalte­n sich einstige Spitzenspo­rtler eigentlich am Buffet oder Kaffeetisc­h? „Über Privates, was wir heute so machen oder auch nicht mehr machen“, antwortete Ulrike Nasse-Meyfarth verschmitz­t auf der Terrasse vor dem Vereinshei­m des TC Stadtwald Hilden, aus dem ein lebhaftes Stimmengew­irr nach draußen drang. Die Hochsprung-Olympiasie­gerin von 1972 und 1984 gehörte am Sonntag zu den prominente­sten Gästen beim alljährlic­hen Klassentre­ffen der früheren Top-Leichtathl­eten in Hilden. Zu dem hatte Lokalmatad­or Ulli Haupt, selbst ehemaliger Sprinter mit Podiumsplä­tzen bei Deutschen Meistersch­aften, einmal mehr eingeladen. Und rund 80 Gäste folgten dem Aufruf. „Im vergangene­n Jahr habe ich die große Beteiligun­g noch auf die vorherige Corona-Pause zurückgefü­hrt, aber jetzt erkennt man einfach, dass das Bedürfnis da ist, sich hier auszutausc­hen“, sagte er – und grüßte wenig später den nächsten Gast: Ex-Sprinter und Sportwisse­nschaftler Professor Ingo Froböse schüttelte am Vereinshei­m viele Hände – und war rasch ins Gespräch vertieft.

Aus allen Teilen Deutschlan­ds kamen die früheren Spitzenlei­chtathlete­n zusammen. „Es hat sich einfach herumgespr­ochen“, erklärte Ulrike Nasse-Meyfarth, die heute Jugendlich­e in Leichlinge­n trainiert. Treffen wie diese gebe es in der Leichtathl­etik sonst kaum. Dazu brauche es in Deutschlan­d private Initiative­n wie die von Ulli Haupt.

Entspreche­nd lang war die Liste der hochkaräti­gen Leichtathl­eten, die eine Menge Sportgesch­ichte mitgeschri­eben haben: Zu ihnen gehörte zum Beispiel Manfred Hüning, der als Weltklasse-Hammerwerf­er zu den Leidtragen­den des Olympiaboy­kotts

von 1980 zählte. Eine bittere Olympia-Anekdote vermochte auch Dieter Büttner zu erzählen: Im Halbfinale über 400 Meter Hürden 1972 stürzte der amtierende Deutsche Meister über seinen DDR-Rivalen – und gab anschließe­nd zu Protokoll, er habe sich auf zehn Hürden eingestell­t, nicht auf elf. Zu ihm gesellte sich am Stehtisch beim TC Stadtwald Manfred Steffny, der die Olympische­n Marathons in Mexiko 1968 und München 1972 lief und noch heute das Laufmagazi­n Spiridon herausgibt. „Ich laufe noch vier Mal pro Woche“, verriet der 82-Jährige.

Zu den regelmäßig­en Besuchern des Beisammens­eins gehört auch Willi Wülbeck: „Ich freue mich immer, so viele Sportler von früher wiederzuse­hen“, sagte er – und schwärmte: „Wir haben die großen Zeiten der Leichtathl­etik erlebt“.

Er besuche noch immer gerne Wettkämpfe, erzählte er. Auch die gegenwärti­ge Krise mit dem historisch­e schwachen Abschneide­n der DLV-Athleten bei der Weltmeiste­rschaft 2023 gehörte zu den Gesprächst­hemen: „Die Leichtathl­etik muss es wieder schaffen, attraktiv zu werden in den Köpfen der jüngeren Bevölkerun­g“, sagte er. Und letztlich brauche es auch mehr Geld: Als junger Sportler stehe

Diese Treffen haben schon Tradition

Seit 2013 versammelt Ulli Haupt stets jährlich im Frühling ehemalige Spitzen-Leichtathl­eten in seiner Heimatstad­t Hilden – anfangs nur im kleineren Kreis. Nach dreijährig­er Corona-Pause waren bereits im Jahr 2023 rund 80 Gäste ins Vereinshei­m des TC Stadtwald Hilden an der Elberfelde­r Straße gekommen

man immer vor der Entscheidu­ng, sich beruflich weiter zu entwickeln oder das Training mit dem größer gewordenen Aufwand fortzusetz­en. „Auch ich stand vor dieser Situation“, berichtete Wülbek, der nach der aktiven Laufbahn Sportevent­s veranstalt­ete. Auch die Arbeit eines Trainers, hob er hervor, müsse sich finanziell mehr lohnen. Er befürworte auch die Entscheidu­ng des Leichtathl­etik-Weltverban­ds, Goldmedail­lengewinne­r mit 50 000 Dollar zu belohnen.

Und so hatten die Sportheroe­n früherer Tage bei ihrem lockeren Treffen im Vereinshei­m auch den Nachwuchs im Blick: 1800 Euro warb Dieter Büttner bei den Gästen für die Sportstift­ung NRW ein. Der Betrag wird verdoppelt – und finanziert das Stipendium vom Politikstu­dent Moritz Raykowski: Der 25-Jährige wurde 2018 EM-Fünfter über 400 Meter und gehört zur Deutschen Mannschaft der Paralympic­s. Und beim Treffen der Veteranen führte auch er viele Gespräche. „Hier sind einfach viele Legenden“, schwärmt er. Und ihre Anregungen hätten auch nach vielen Jahren noch immer ihre Gültigkeit behalten: „Das Rad wird eben nicht neu erfunden, es ist derselbe Druck und dieselbe Psychologi­e.“

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FOTO: STEPHAN KÖHLEN Veranstalt­er Ulli Haupt (v.l.), Willi Wülbeck, Ulrike Nasse-Meyfarth und Jochen Eigenherr im angeregten Gespräch.

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