Diesmal kein Fest der Freiheit
Weltweit begehen Jüdinnen und Juden Pessach, das an den Auszug aus Ägypten erinnert. In Israel jedoch tun sich in diesem Jahr viele Familien schwer damit – immer noch sind mehr als 100 Geiseln in der Gewalt der Hamas.
JERUSALEM (ap) Die Mutter von Alon Gat hat jedes Jahr die Pessach-Feier der Familie organisiert. Doch in diesem Jahr fragt sich Gat, wie er nach dem 7. Oktober noch ein Fest der Freiheit begehen soll. Seine Mutter wurde beim Angriff der Hamas gegen Israel getötet, seine Frau Jarden Roman-Gat und seine Schwester Carmel wurden entführt. Roman-Gat ist seit November wieder frei, doch Carmel Gat befindet sich nach wie vor in Geiselhaft. „Wir können unsere Freiheit nicht feiern, weil wir diese Freiheit nicht haben“, sagt Alon Gat. „Unsere Brüder und Schwestern und Mütter und Väter sind noch in Gefangenschaft, und wir müssen sie freibekommen.“
Seit Montag feiern Jüdinnen und Juden weltweit das einwöchige Pessach-Fest. Es erinnert an den biblischen Auszug aus Ägypten und damit an die Befreiung der Israeliten aus jahrhundertelanger Sklaverei. Viele begehen Pessach im Kreis ihrer Familie. In diesem Jahr jedoch fällt es etlichen Menschen in Israel schwer, sich eine Feier vorzustellen, solange Freunde und Verwandte nicht in Freiheit sind.
Die Angreifer der Hamas töteten etwa 1200 Menschen und nahmen rund 250 weitere als Geiseln. Etwa die Hälfte wurde während einer Feuerpause
im November freigelassen. Die Übrigen befinden sich noch im Gazastreifen, mehr als 30 sind vermutlich nicht mehr am Leben.
Gats Familie, darunter die dreijährige Tochter, verschanzte sich zu Beginn des Angriffs auf den Kibbuz Beeri stundenlang in ihrem Schutzraum. Doch Hamas-Kämpfer drangen in das Haus ein und töteten oder entführten alle Anwesenden bis auf Gats Vater, der sich im Badezimmer versteckte. Die Mutter wurde auf die Straße gezerrt und erschossen.
Gat wurde mit gefesselten Armen und Beinen zusammen mit seiner Frau und Tochter in ein Auto gestoßen. Bei einem kurzen Stopp gelang
Festnahme im Fall des getöteten Hirtenjungen
Fall Zehn Tage nach der mutmaßlichen Tötung eines israelischen Hirtenjungen im besetzten Westjordanland hat die israelische Armee nach eigenen Angaben einen Verdächtigen festgenommen.
Festnahme Soldaten hätten bei einer nächtlichen Razzia einen Bewohner des Dorfes Duma nahe Ramallah festgenommen, teilte die israelische Armee mit. ihnen die Flucht. Da sie wusste, dass ihr Mann schneller rennen konnte, übergab Roman-Gat ihm die Tochter. Gat entkam mit dem Kind und versteckte sich fast neun Stunden lang in einem Graben. Seine Frau wurde erneut gefangen genommen und 54 Tage lang im Gazastreifen festgehalten.
Pessach werde ihr in diesem Jahr emotional viel nähergehen, da Freiheit eine neue Bedeutung bekommen habe, erklärt Roman-Gat. „Mit geschlossenen Augen Wind im Gesicht zu spüren. Zu duschen. Ohne Erlaubnis zur Toilette gehen zu können mit der absoluten Privatsphäre und dem Privileg, mir so lange Zeit zu nehmen, wie ich möchte, ohne dass mich jemand drängt, der auf der anderen Seite auf mich wartet, um sicherzustellen, dass ich noch in seiner Gewalt bin“, schreibt sie in einer Textnachricht. Das Fest werde jedoch von Trauer und Sorge um ihre Schwägerin und die übrigen Geiseln geprägt sein. Die Familie will Pessach mit einem Abendessen in einem Restaurant ohne Feier begehen.
Nicht nur den Familien der Geiseln geht es so. Der Krieg, in dem 260 Soldaten getötet wurden, überschattet auch insgesamt den normalerweise fröhlichen Feiertag. Die Regierung hat auch die Feierlichkeiten
zum Unabhängigkeitstag im Mai zurückgeschraubt – angesichts der Stimmung sowie aus Angst vor öffentlichen Protesten.
Ebenso war der heilige muslimische Monat Ramadan mit dem dreitägigen Zuckerfest als Abschluss eine traurige Angelegenheit für Palästinenserinnen und Palästinenser. Mehr als 80 Prozent der 2,3 Millionen Bewohnerinnen und Bewohner des Gazastreifens wurden durch die Kämpfe vertrieben. Mehr als 34.000 Menschen wurden nach Angaben der Hamas-Behörden bei der israelischen Offensive getötet.
Manche Familien wollen diesmal ganz auf Pessach-Feierlichkeiten verzichten. Die Freundin von Nirit Lavie Alons Sohn wurde beim NovaMusikfestival entführt. Zwei Monate später informierte das israelische Militär die Familie darüber, dass die 27-jährige Inbar Haiman, eine Graffiti-Künstlerin, tot ist. Ihr Leichnam befindet sich noch im Gazastreifen.
„Es ist unmöglich, ein Freiheitsfest zu feiern“, sagt Alon. Anstatt Zeit mit der Familie zu verbringen, will sie in diesem Jahr für ein paar Tage in die Wüste fahren. Sie werde mit alledem nicht abschließen können, sagt sie, solange nicht alle Geiseln zurück seien – einschließlich der sterblichen Überreste der Getöteten.
Auch Schlomi Berger hofft weiter inständig auf die Rückkehr seiner 19-jährigen Tochter Agam, die zwei Tage nach Beginn ihres Militärdienstes an der Grenze zum Gazastreifen entführt wurde. „Die Pessach-Geschichte erzählt, wie wir von Sklaven zu freien Menschen wurden, das ist also eine Parallele“, sagt er. „Das ist das Einzige, von dem ich glaube, dass es geschehen wird. Dass Agam aus der Dunkelheit ins Licht kommen wird. Sie und alle anderen Geiseln.“