Triumphe, Proteste und Skandälchen
Die Oscars wurden dominiert von Christopher Nolan und „Oppenheimer“. Auffallend viele Paare betraten die Bühne. Und zum Schluss lieferte Donald Trump eine vernichtende Kurzkritik.
Eine um Heiterkeit bemühte, kurzweilige und verblüffend kurze Oscar-Gala war das, und sie hatte einen großen Sieger: Christopher Nolans Film „Oppenheimer“. Der Film über den Erfinder der Atombombe, J. Robert Oppenheimer, wurde sieben Mal geehrt: als bester Film ebenso wie für die Regie. Ohne Preise gingen die deutschen Nominierten heim. Wim Wenders („Perfect Days“) und Ilker Çatak („Das Lehrerzimmer“) unterlagen beim Besten Internationalen Film der britischen Produktion „The Zone Of Interest“, die mit Sandra Hüller und Christian Friedel auf Deutsch gedreht wurde. Hüller musste sich in der Kategorie Beste Hauptdarstellerin von der Kollegin Emma Stone geschlagen geben.
Wer triumphierte? Der
53-jährige Nolan gewann wie erwartet endlich seinen ersten Regie-Oscar. Diese Auszeichnung galt als überfällig. Nolan („The Dark Knight“, „Inception“, „Interstellar“) gehört zu den meistbewunderten Filmemachern Hollywoods. Und zu den erfolgreichsten: „Oppenheimer“ist mit einem Einspielergebnis von fast einer Milliarde Dollar der an den Kassen erfolgreichste Gewinnerfilm seit „The King’s Speech“2011.
Wer rührte die Herzen? Die Schauspielerin Da’Vine Joy Randolph wurde für ihr Spiel in „The Holdovers“ausgezeichnet. Sie war schon beim Betreten der Bühne sichtlich gerührt. Dazu trug bestimmt die schöne Idee bei, die Schauspielta
Nyong’o, Rita Moreno und Regina King und empfingen Da’Vine Joy Randolph. „So lange habe ich versucht, anders zu sein“, sagte die aktuelle Gewinnerin, „und nun merke ich, dass ich einfach bloß ich selbst sein muss.“Schön auch die Rede von Robert Downey Jr., der 31 Jahre nach seiner ersten Nominierung für „Chaplin“den Preis für die beste Nebenrolle in „Oppenheimer“annahm. Er war in den 80er-Jahren zum Star geworden, in den 90ern war er drogenkrank und arbeitslos, dann wurde er zum Superhelden-Darsteller – und nun der Oscar. Er dankte seiner Ehefrau. Sie sei eigentlich Tierärztin, denn sie habe ihn wie einen Straßenköter hochgepäppelt.
Wie politisch waren die Oscars? Man merkte manchen Beteiligten an, dass sie nicht allzu deutlich werden wollten. Doch schon vor Beginn der Gala zeigte sich, dass das nicht durchzuhalten sein würde. Einige Gäste verspäteten sich, weil etwa 500 Menschen südlich des Kodak Theatre für eine Feuerpause in Nahost protestierten. Promis trugen rote Anstecker, mit denen sie ein Zeichen setzen wollten für einen Waffenstillstand. Auch „The Zone Of Interest“-Regisseur Jonathan Glazer ging in seiner Dankesrede für den Besten internationalen Film auf den Krieg zwischen Israel und der Hamas ein und beklagte „Entmenschlichung auf beiden Seiten“. Als beste Dokumentation der
Film „20 Tage in Mariupol“geehrt, der aus der belagerten ukrainischen Stadt berichtet. Regisseur Mstyslaw Tschernow sagte, er würde den Oscar liebend gern dagegen eintauschen, dass Russland die Ukraine nicht überfallen hätte. Und im „In Memoriam“-Segment wurde des gestorbenen Alexej Nawalnys mit einem Zitat von ihm (nach dem Schriftsteller Edmund Burke) gedacht: „Das Einzige, was es für den Triumph des Bösen braucht, ist, dass gute Menschen nichts tun.“Cillian Murphy widmete seinen Preis als
Bester Hauptdarsteller in „Oppenheimer“ schließlich „allen Friedensstiftern in der Welt“.
Was waren die lustigsten Momente? Der Auftritt von Ryan Gosling. Der Schauspieler gewann zwar keinen Oscar, brachte aber im pinken Anzug den „Barbie“-Song „I’m Just Ken“auf die Bühne und sorgte für Stimmung. Irre: Slash von Guns ’n’ Roses begleitete ihn an der Gitarre. Lustig war auch Emma Stone: Sie gewann den Oscar als beste
Hauptdarstellerin für ihre 2017. Sie war offensichtlich verblüfft und hielt eine herzliche Rede, in der ihr kurz zuvor geplatztes Kleid die Hauptrolle spielte: „Ich glaube, es ist während ‚I’m Just Ken‘ passiert.“Sie dankte der unterlegenden Lily Gladstone („Killers Of The Flower Moon“), die in vielen Prognosen vorne gelegen hatte, und Mitbewerberin Sandra Hüller („Anatomie eines Falls“): „Ich teile den Preis mit Euch!“
Wie stand es um die Romantik? Die Oscar-Gala als PärchenAbend: Auf der Bühne gab es auffallend viele Liebespartner. Der Preis für den besten Film geht ja traditionell an die Produzenten eines Films, und dazu gehörten bei „Oppenheimer“Emma Thomas und ihr Ehemann Christopher Nolan. Den DrehbuchPreis für „Anatomie eines Falls“nahmen Justine Triet und ihr Partner Ar- thur Harari zusammen entgegen. Und das Ehepaar Greta Gerwig und Noah Baumbach schulterte gemeinsam die Enttäuschung, dass „Barbie“, für den sie das Drehbuch geschrieben hatten (und bei dem Gerwig Regie führte), nur einen Preis bekam: für den besten Song. „What Was I Made For“wird von Billie Eilish gesungen, und sie stellte einen Rekord auf: Eilish gewann 2022 schon mit ihrem Bond-Song und ist nun mit nur 22 Jahren die jüngste Gewinnerin zweier Oscars.
Am Rande der Gala verrieten
gerade fertig geworden sei.
Was war der schrägste Moment? Die Verkündung des besten Films zum Finale durch Al Pacino. Der 83 Jahre alte Schauspiel-Gigant erntete beim Betreten der Bühne stehenden Applaus. Alle waren auf Erhabenheit eingerichtet, auf einen großen Moment. Dann öffnete er etwas ungeschickt den Umschlag und murmelte „Meine Augen sehen ‚Oppenheimer‘“, und keiner wusste, ob das ein Witz war – und falls doch, ob man richtig verstanden hatte, bis er ein knurriges „Yes!“
hinterherschob.
Wer erntete das gequälteste Lächeln? Moderator Jimmy Kimmel. Er sagte, Sandra Hüller spiele in „The Zone Of Interest“eine Nazi-Hausfrau, die in der Nähe von Auschwitz lebe: „In Sandras Heimat Deutschland gilt das als romantische Komödie.“Und obwohl Hüller eine oscarreife Schauspielerin ist, wirkte ihr Lächeln in diesem Moment arg gequält.
Wer ist der größte Verlierer? „Killers Of The Flower Moon“von Martin Scorsese ist in zehn Kategorien nominiert gewesen. In keiner konnte er gewinnen.