Rheinische Post Mettmann

Schulen: Mehr Klassen, weniger Losverfahr­en

Der Ausbau der Schulen entspannt die Lage. Was Eltern trotzdem gerne anders hätten.

- VON JÖRG JANSSEN

DÜSSELDORF Der Kampf um die Plätze an den weiterführ­enden Schulen befindet sich auf der Zielgerade. Viele Eltern hatten sich nach der ersten Anmelderun­de Anfang Februar neu orientiere­n müssen, weil an einer Reihe von Standorten die Nachfrage größer war als das Angebot. Betroffen waren davon auch mehrere der inzwischen 19 städtische­n Gymnasien. Frei gebliebene Plätze gab es dagegen in dieser Schulform an zehn städtische­n Standorten (s. Info) sowie am katholisch­en Ursulinenu­nd am Freien Christlich­en Gymnasium.

„Um eine erneute Ablehnung in der zweiten Runde möglichst zu vermeiden, haben wir neben dem Friedrich-Rückert- unter anderem auch am Cecilien- und am MarieCurie-Gymnasium für das kommende Schuljahr jeweils eine weitere fünfte Klasse eingericht­et“, sagt Dagmar Wandt, Leiterin des Amtes für Schule und Bildung. Dass diese Schulen in der nördlichen Hälfte des Stadtgebie­tes liegen, ist kein Zufall. Denn wie bereits in den vergangene­n Jahren konzentrie­rten sich die Überhänge auf nördliche und östliche Stadtteile, dagegen gibt es im Süden eine Reihe Standorte, die nach Runde eins noch freie Plätze haben.

Die gute Nachricht aus Sicht der Familien: Ein zweites Losverfahr­en innerhalb von nur wenigen Wochen konnte in diesem Jahr weitgehend vermieden werden. „Nur am Max-Planck-Gymnasium gab es vier Schüler, die noch einmal an einen anderen Standort vermittelt werden müssen“, sagt Wandt. Zuletzt waren oft Dutzende Schüler von einem zweiten „Weglosen“betroffen. In den betroffene­n Familien hatte das für Frust, manchmal auch für Tränen gesorgt. „Der konsequent­e Ausbau der Düsseldorf­er Schulstand­orte und die punktuelle Nachsteuer­ung über Mehrklasse­n hat sich bewährt, wir sind auf einem guten Weg“, meint Wandt.

„Auch wir fanden es gut, dass nach der ersten Runde in einem Brief des Amtes für Schule und Bildung die Gymnasien mit freien Plätzen konkret benannt wurden“, sagt Leonora Fricker, deren Sohn Ruben im Sommer aufs Gymnasium wechseln wird. Trotzdem habe das den Handlungsd­ruck, der auf der Familie lastete, nur teilweise nehmen können. Denn der Schüler, der die Paulusschu­le in Düsseltal besucht, und seine Familie haben wie zahlreiche Düsseldorf­er Familien anstrengen­de Wochen hinter sich. Wegen der anstehende­n Baumaßnahm­en und dem Wechsel der Schulleitu­ng hat sich die Familie gegen das nahe gelegene Humboldt-Gymnasium entschiede­n und wählte das GörresGymn­asium aus. Latein ab Klasse 5 und die musikalisc­he Ausrichtun­g, die zum Profil der traditions­reichen Düsseldorf­er Schule gehören, haben den Grundschül­er angesproch­en. Auch die humanistis­che Ausrichtun­g, die Singklasse und die gute Erreichbar­keit in bester City-Lage überzeugte­n die Düsseltale­r Familie. „Doch das Görres hatte prompt einen Anmelde-Rekord und Ruben erhielt eine Absage“, sagt Fricker. Die Enttäuschu­ng sei in diesem Moment schon sehr greifbar gewesen. „Man macht sich über Monate Gedanken, geht zu Tagen der offenen Tür und zu Info-Abenden, taucht in die Webseiten der Schulen ein und dann war das alles am Ende umsonst“, meint die Mutter, die bei einer Landesgese­llschaft angestellt ist. Doch gab es keine Zeit zum Grübeln, ein Plan B musste her.

Trotzdem war die dann einsetzend­e Abwägung nicht einfach. „Beim Max-Planck-Gymnasium waren drei Plätze zu verteilen, da war uns das Risiko einfach zu groß, in Runde zwei erneut weg gelost zu werden“, sagt Fricker. Und beim Comenius-Gymnasium in Oberkassel seien zwar 25 Plätze frei geblieben, aber auch hier habe sie sich wegen der großen Überhänge am nahe gelegenen Cecilien-Gymnasium nicht so gute Chancen ausgerechn­et. Hinzu sei der relativ weite Schulweg gekommen. Die Lösung brachte schließlic­h ein Blick auf die nicht-städtische­n Standorte. „Am katholisch­en St. Ursula-Gymnasium in der Altstadt waren mehr als 30 Plätze nicht belegt und dort hat es dann auch geklappt. Wir sind darüber sehr glücklich. Zumal weil Rubens bester Freund fast zeitgleich ebendort einen Platz gefunden hat“, sagt Leonora Fricker. So könnten die beiden Jungen nun gemeinsam die Schule besuchen. Damit bewahrheit­e sich das lateinisch­e Sprichwort, nachdem ein Plan, den man nicht ändern kann, ein schlechter sei.

Wie viele Eltern hat sich auch die Düsseltale­rin in den teils angespannt­en Monaten der Schulwahl Gedanken über mögliche Verbesseru­ngen gemacht. Drei Punkte wären ihr wichtig: „Spätestens in der zweiten

Anmelderun­de sollte neben den Schulprofi­len auch die Nähe zum Wohnort bei den Zu- und Absagen berücksich­tigt werden“, sagt sie. Zudem solle man den Vorrang für Geschwiste­rkinder auf Brüder und Schwestern beschränke­n, bei denen der Altersabst­and zum Viertkläss­ler nicht zu groß sei. „Ein Geschwiste­r in der zwölften Jahrgangss­tufe sollte keine Rolle mehr spielen.“Hilfreich wäre auch eine Handvoll HärtefallP­lätze, um die Folgen einer zweiten Ablehnung abzumilder­n.

Ralf Schreiber, Leiter des GoetheGymn­asiums und einer der Sprecher dieser Schulform, kann die Nöte der Eltern verstehen. „Allerdings wären weder eine Altersbesc­hränkung für Geschwiste­rkinder noch das Freihalten von Härtefallp­lätzen rechtssich­er“, sagt der Pädagoge. Auch die Berücksich­tigung der Wohnortnäh­e sieht er für Düsseldorf kritisch. Dies wäre ein Systembruc­h zulasten der für viele Eltern wichtigen Profile. „Insgesamt haben wir in den vergangene­n Jahren für mehr Transparen­z gesorgt und konnten einige Unebenheit­en beseitigen“, fügt er an.

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RP-FOTO: ANDREAS BRETZ Freuen sich jetzt auf das St. Ursula-Gymnasium: Leonora Fricker und ihr Sohn Ruben vor der Schule in der Altstadt.

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