Rheinische Post Mettmann

3:3 erhöht den Druck auf Gladbach

Nach dem verspielte­n Sieg gegen den 1. FC Köln steckt Borussia im Niemandsla­nd der Bundesliga-Tabelle fest. So wird das Spiel beim 1. FC Saarbrücke­n am Dienstag umso wichtiger. Der Erfolg im DFB-Pokal muss die laufende Saison stützen und schönen.

- VON KARSTEN KELLERMANN

MÖNCHENGLA­DBACH Das Setting war perfekt: Borussia Mönchengla­dbach machte in einem emotionale­n Derby gegen den rheinische­n Rivalen 1. FC Köln aus einem 1:2-Rückstand eine 3:2-Führung, weil der Joker Robin Hack binnen zwei Minuten zweimal traf. Der Borussia-Park war voller positiver Energie. Es war einer der Momente, die im Fußball ganz viel machen können mit einem Team, die, wie es Kapitän Julian Weigl sagte, „dem ganzen Klub einen Schub geben können“.

Was es nun gebraucht hätte: „Emotionsko­ntrolle“– das, was Trainer Gerardo Seoane eingeforde­rt hatte: Die Balance zwischen der nötigen Euphorie und dem Pragmatism­us, Ruhe einkehren zu lassen. Das aber, der verhindert­e Derby-Held Hack gab es zu, gelang nicht. Was bleibt, ist ein gewonnener Punkt, vor allem aber zwei verlorene – und ein Derby, das zwar emotional war und die brauchbare Offensivst­ärke Borussias belegte, aber auch alles zeigte, was dafür sorgt, dass es eine triste Saison ist und die von den Protagonis­ten proklamier­ten Fortschrit­te recht schwer nachvollzi­ehbar sind.

Individuel­le Fehler waren es mal wieder, die der schwächste­n Liga-Offensive wie im Hinspiel (3:1) drei Tore gegen Gladbach erlaubten – und die Unfähigkei­t, das Spiel zu temperiere­n. Das ist eigentlich Chef-Sache und war schon beim 1:1 in Mainz das Problem, als in der ersten Halbzeit nichts zusammengi­ng, weil die Mainzer anders spielten als erwartet. Da muss dann einer auf dem Platz sein, der sagt: „Jungs, wir machen das jetzt so und so und so.“Und auf den dann gehört wird. Gegen Köln ging es darum, runterzukü­hlen und zu verwalten. Gladbach schaffte das nicht und hat daher ein Ergebnis, das die Saison zusammenfa­sst: Es ist nichts Halbes und nichts Ganzes.

Sechs Siege gab es in 25 Spielen, nur vier Mannschaft­en haben weniger. 49 Gegentore gab es, im Schnitt 1,96. Bedeutet: Borussia muss pro Spiel drei Tore machen, um zu siegen. Das tat es gegen Köln. Es reichte dennoch nicht.

25 Punkte gingen nach Führungen verloren, 20 daheim, elf davon gegen Teams aus der Kategorie: „Solltest oder musst du zu Hause besiegen“. Und gegen die letzten Drei gab es von 18 möglichen Punkten fünf, zuletzt gab es gegen die Nummer 17 und 16 der Tabelle zwei von sechs. Man darf sich aussuchen, wo die Punkte liegen geblieben sind, die der Gladbacher Saison einen anderen Anstrich gegeben hätten. Dass es eine Spielzeit ohne Derby-Sieg ist, kommt für die Hardliner auf der Mängellist­e dazu.

Der Blick auf die Tabelle sagt neun Spiele vor Ultimo: Gladbach ist im Nirgendwo. Es ist zu wenig für Ambitionen nach oben und zu viel für Abstiegska­mpf. Ja, die Chancen bleiben, in beide Richtungen noch „einzusteig­en“. Doch die Inkonstanz wird das vermutlich weiterhin verhindern. Borussia bleibt ein Mirakel – auch sich selbst. Der Umbruch erklärt nicht alles im achten Monat der Saison. Und das Argument „junges Team“auch nicht. Gegen Köln war Gladbach im Schnitt 26 Jahre alt. Das ist bestes Fußballer-Alter. Und viele, die in der Schlusspha­se auf dem Platz standen, haben sogar internatio­nale Erfahrung.

Was das Derby zeigte: Borussia kann Rückschläg­e verkraften und Spiele drehen. Das ist vor einem Pokalviert­elfinale beim 1. FC Saarbrücke­n am Dienstag (20.30 Uhr) eine gute Nachricht. Der Wille zum Erfolg war zu sehen gegen Köln. Doch war der Geist zu schwach, ihn in die Tat umzusetzen – das ist ein Hauptprobl­em der Saison: zwischen wollen, können und machen ist die Diskrepanz zu groß.

Das Team tue sich zuweilen schwer, mit Druck umzugehen, gab Seoane zu. Das ist vor dem Saarbrücke­n-Spiel alarmieren­d. Denn da kann Gladbach als Erstligist im Grunde nur verlieren. Zudem erhöht das 3:3 gegen Köln den Druck immens. Eine gute Gelegenhei­t, der Bundesliga-Saison nochmal einen Kick zu geben, ist dahin. Es bleibt der Pokal – und die große Chance auf Historisch­es angesichts des bereits bekannten Weges nach Berlin, auf dem nach Saarbrücke­n die Reise zum Zweitligis­ten 1. FC Kaiserslau­tern wartet.

Der Pokal ist der Darling dieser Saison. Dank ihm schaffte Borussia zweimal zwei Pflichtspi­el-Siege in Folge, da verwaltete sie gut gegen Heidenheim (3:1) und hielt Stand gegen Wolfsburg (1:0 nach Verlängeru­ng). Was Borussia nicht passieren sollte: In Saarbrücke­n in den Liga-Modus abzugleite­n. Dann könnte es die nächste Enttäuschu­ng geben. Das wäre schwer zu verkraften. Denn die Borussen haben einen Pokaltraum – und der kann die gesamte Saison tragen, stützen, schönen. Er muss es sogar. Das ist spätestens nach dem verspielte­n Derby-Sieg klar.

Die Option, mit positivere­n Gedanken auf Saarbrücke­n zu schauen, wurde vertan.

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FOTO: FEDERICO GAMBARINI/DPA „Ehrenrunde“mit ratlosen Spielern: Mönchengla­dbachs Mannschaft nach dem 3:3.

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