„Asia-Town“statt „Little Tokyo“?
Die asiatische Gastroszene im Umfeld der Immermannstraße wächst weiter. Von dem Besuchermagnet profitieren auch Nicht-Japaner.
STADTMITTE Samstagabend auf der Immermannstraße. Lange Schlangen von Menschen warten vor den japanischen Restaurants, „Izakaya“-Kneipen und Sushi-Bars geduldig darauf, dass ein Platz für sie frei wird. Dass es am Wochenende voll wird, ist keine Seltenheit in den Straßen zwischen Hauptbahnhof und Berliner Allee. Doch derzeit lockt das „Little Tokyo Festival“besonders viele Menschen nach Stadtmitte. Eine Punktekampagne, die dazu animieren soll, alle 15 teilnehmenden Restaurants aufzusuchen und dort zu essen. Wer alle 15 Stempel hat, erhält ein T-Shirt und einen 100-Euro-Essensgutschein. Und wird damit zu einem weiteren Besuch des japanischen Viertels verlockt.
Obwohl es dafür eigentlich nicht noch mehr Anreize braucht. Düsseldorfs touristischstes Viertel boomt. Und wird gefühlt immer größer. Zahlreiche neue Gastronomien haben sich in jüngster Vergangenheit rund um die Immermann- und Klosterstraße angesiedelt. An der Oststraße etwa, wo sich mit dem „Atush“gerade ein leer stehendes Ladenlokal in ein uigurisches Restaurant verwandelt. Weiter aufwärts firmiert das „Taj Mahal“seit Kurzem unter „Svaad“, das indische Menü ist aber geblieben. In eine Subway-Filiale ist Anfang 2023 das „Olala Malatang“mit seiner To-Go-Variante des chinesischen Feuertopfes gezogen. Auch die chinesische „Baobao“Bäckerei gibt es erst seit anderthalb Jahren. Und wo sich daneben früher ein Makler-Büro befand, hat im Januar
das Café „Kumo“eröffnet und japanische Dorayaki-Pfannkuchen nach Düsseldorf gebracht.
Die kleinen, süßen Pfannkuchen und das „Montblanc“-Maroneneis
Mehr als nur ein japanisches Viertel
Little Seoul Parallel zur Immermannstraße bilden die Bismarck und Friedrich-Ebert-Straße mit ihren Restaurants und Supermärkten das kulinarische Zentrum der koreanischen Community. Eine Historie, die fast ebenso lang zurückreicht, sind ziemlich „instagram-tauglich“, würde man im Marketing-Sprech wohl sagen. Sie passen damit ideal in das Entdeckererlebnis, mit dem das kommunale Tourismusbüro einen Besuch von „Little Tokyo“vermarktet.
wie ihre japanische Nachbarstraße.
Little Tokyo 1954 ließen sich die ersten Geschäftsleute aus Japan in Düsseldorf nieder und eröffneten hier Niederlassungen von Unternehmen. Mittlerweile leben 8400 Japaner hier, fast 600 japanische Unternehmen haben Zweigstellen im Großraum Düsseldorf.
„Nirgendwo sonst in Europa spielt sich japanisches Leben so konzentriert in einem Viertel ab wie hier“, steht auf der Webseite „Visit Düsseldorf“. Doch längst sind es nicht nur japanische, sondern eine ganze Bandbreite asiatischer Gastronomien, die von diesem Branding profitieren können.
Deutlich zeigt sich das auf der winzigen Bahnstraße, die sich zwischen Ost- und Charlottenstraße quetscht und ebenfalls stark besucht wird. Auf gerade einmal 100 Metern befinden sich hier zwischen der Sushi-Bar „Fujiyama“und dem vietnamesischen „To 1980“noch zwei chinesische, zwei indische, ein koreanisches Streetfood- und das eher gehobene Sila-Thai-Restaurant. „Wir sind in der Regel schon zwei bis drei Monate im Voraus mit Reservierungen ausgebucht“, sagt dessen Inhaberin Jane Dong. Die Dichte an Restaurants sei ihrer Meinung nach keine Konkurrenz. Vielmehr profitiere man von der Vielfalt asiatischer Cuisine in der Nachbarschaft. Wer einmal in der Straße essen war, komme bald wieder, um eine andere Küche ausprobieren zu wollen. „Extra Werbung brauchen wir nicht.“
Das bestätigt auch Kumo-Inhaberin Yuying Sun. Der Markenname „Little Tokyo“habe eine Strahlkraft, von der auch die Nebenstraßen profitieren würden und sogar auch solche, die gar nichts Japanisches anbieten. „Und die Mieten sind abseits der Immermannstraße noch deutlich günstiger“, sagt sie. Auch Thinh Nguyens vietnamesisches „Phox“Restaurant auf der Stresemannstraße brummt, seit er vor zweieinhalb Jahren eröffnete. Er schätzt die breite Auswahl asiatischer Kulinarik in seiner Nachbarschaft, seine Kundschaft bestehe aber eher aus Stammgästen, denn Laufkundschaft oder Touristen. Little Tokyo, das beziehe sich seiner Meinung nach eher auf die japanischen Boutiquen und Popkultur-Buchläden. „Ich hätte aber nichts dagegen, wenn man stattdessen künftig Asia Town oder so zu unserem Viertel sagen würde“, sagt er lachend.
Aus marketingtechnischer Sicht wird das aber wohl erst einmal nicht geschehen. „,Japan’ ist und bleibt das bedeutendste Alleinstellungsmerkmal Düsseldorfs“, sagt Jannika Hansen, Senior PR-Managerin von Düsseldorf Tourismus. Dass sich auch nicht-japanische Restaurants in dem Quartier ansiedeln, zeige aber erst recht die Bedeutung, die der Name mit vielfältigen kulinarischen Erfahrungen in Verbindung bringe. „Das ‚Little Tokyo‘-Branding repräsentiert nicht nur die japanische Kultur, sondern auch die allgemeine asiatische Küche und das kosmopolitische Flair des Stadtteils“, sagt Hansen.
Aktuell ist daher der ContentCreator Duy Tran damit beauftragt, 60 Restaurants in und um „Little Tokyo“zu besuchen, dort Videos zu drehen und die „Destination Düsseldorf“in den sozialen Medien noch schmackhafter und trendiger zu machen. Auf der Plattform „Xiaohongshu“, dem chinesischen Instagram-Pendant, ist das bereits ohne sein Zutun geschehen. Dort gilt die Landeshauptstadt schon jetzt als eine der trendigsten FoodDestinationen unter den chinesischsprachigen Nutzern. Beiträge über die Vielfalt und Varianz der lokalen, asiatisch-geprägten GastroSzene erreichen Millionen Clicks – genauso häufig wie solche aus Paris oder London.