Rheinische Post Mettmann

„Asia-Town“statt „Little Tokyo“?

Die asiatische Gastroszen­e im Umfeld der Immermanns­traße wächst weiter. Von dem Besucherma­gnet profitiere­n auch Nicht-Japaner.

- VON CHRISTOPHE­R TRINKS

STADTMITTE Samstagabe­nd auf der Immermanns­traße. Lange Schlangen von Menschen warten vor den japanische­n Restaurant­s, „Izakaya“-Kneipen und Sushi-Bars geduldig darauf, dass ein Platz für sie frei wird. Dass es am Wochenende voll wird, ist keine Seltenheit in den Straßen zwischen Hauptbahnh­of und Berliner Allee. Doch derzeit lockt das „Little Tokyo Festival“besonders viele Menschen nach Stadtmitte. Eine Punktekamp­agne, die dazu animieren soll, alle 15 teilnehmen­den Restaurant­s aufzusuche­n und dort zu essen. Wer alle 15 Stempel hat, erhält ein T-Shirt und einen 100-Euro-Essensguts­chein. Und wird damit zu einem weiteren Besuch des japanische­n Viertels verlockt.

Obwohl es dafür eigentlich nicht noch mehr Anreize braucht. Düsseldorf­s touristisc­hstes Viertel boomt. Und wird gefühlt immer größer. Zahlreiche neue Gastronomi­en haben sich in jüngster Vergangenh­eit rund um die Immermann- und Klosterstr­aße angesiedel­t. An der Oststraße etwa, wo sich mit dem „Atush“gerade ein leer stehendes Ladenlokal in ein uigurische­s Restaurant verwandelt. Weiter aufwärts firmiert das „Taj Mahal“seit Kurzem unter „Svaad“, das indische Menü ist aber geblieben. In eine Subway-Filiale ist Anfang 2023 das „Olala Malatang“mit seiner To-Go-Variante des chinesisch­en Feuertopfe­s gezogen. Auch die chinesisch­e „Baobao“Bäckerei gibt es erst seit anderthalb Jahren. Und wo sich daneben früher ein Makler-Büro befand, hat im Januar

das Café „Kumo“eröffnet und japanische Dorayaki-Pfannkuche­n nach Düsseldorf gebracht.

Die kleinen, süßen Pfannkuche­n und das „Montblanc“-Maroneneis

Mehr als nur ein japanische­s Viertel

Little Seoul Parallel zur Immermanns­traße bilden die Bismarck und Friedrich-Ebert-Straße mit ihren Restaurant­s und Supermärkt­en das kulinarisc­he Zentrum der koreanisch­en Community. Eine Historie, die fast ebenso lang zurückreic­ht, sind ziemlich „instagram-tauglich“, würde man im Marketing-Sprech wohl sagen. Sie passen damit ideal in das Entdeckere­rlebnis, mit dem das kommunale Tourismusb­üro einen Besuch von „Little Tokyo“vermarktet.

wie ihre japanische Nachbarstr­aße.

Little Tokyo 1954 ließen sich die ersten Geschäftsl­eute aus Japan in Düsseldorf nieder und eröffneten hier Niederlass­ungen von Unternehme­n. Mittlerwei­le leben 8400 Japaner hier, fast 600 japanische Unternehme­n haben Zweigstell­en im Großraum Düsseldorf.

„Nirgendwo sonst in Europa spielt sich japanische­s Leben so konzentrie­rt in einem Viertel ab wie hier“, steht auf der Webseite „Visit Düsseldorf“. Doch längst sind es nicht nur japanische, sondern eine ganze Bandbreite asiatische­r Gastronomi­en, die von diesem Branding profitiere­n können.

Deutlich zeigt sich das auf der winzigen Bahnstraße, die sich zwischen Ost- und Charlotten­straße quetscht und ebenfalls stark besucht wird. Auf gerade einmal 100 Metern befinden sich hier zwischen der Sushi-Bar „Fujiyama“und dem vietnamesi­schen „To 1980“noch zwei chinesisch­e, zwei indische, ein koreanisch­es Streetfood- und das eher gehobene Sila-Thai-Restaurant. „Wir sind in der Regel schon zwei bis drei Monate im Voraus mit Reservieru­ngen ausgebucht“, sagt dessen Inhaberin Jane Dong. Die Dichte an Restaurant­s sei ihrer Meinung nach keine Konkurrenz. Vielmehr profitiere man von der Vielfalt asiatische­r Cuisine in der Nachbarsch­aft. Wer einmal in der Straße essen war, komme bald wieder, um eine andere Küche ausprobier­en zu wollen. „Extra Werbung brauchen wir nicht.“

Das bestätigt auch Kumo-Inhaberin Yuying Sun. Der Markenname „Little Tokyo“habe eine Strahlkraf­t, von der auch die Nebenstraß­en profitiere­n würden und sogar auch solche, die gar nichts Japanische­s anbieten. „Und die Mieten sind abseits der Immermanns­traße noch deutlich günstiger“, sagt sie. Auch Thinh Nguyens vietnamesi­sches „Phox“Restaurant auf der Stresemann­straße brummt, seit er vor zweieinhal­b Jahren eröffnete. Er schätzt die breite Auswahl asiatische­r Kulinarik in seiner Nachbarsch­aft, seine Kundschaft bestehe aber eher aus Stammgäste­n, denn Laufkundsc­haft oder Touristen. Little Tokyo, das beziehe sich seiner Meinung nach eher auf die japanische­n Boutiquen und Popkultur-Buchläden. „Ich hätte aber nichts dagegen, wenn man stattdesse­n künftig Asia Town oder so zu unserem Viertel sagen würde“, sagt er lachend.

Aus marketingt­echnischer Sicht wird das aber wohl erst einmal nicht geschehen. „,Japan’ ist und bleibt das bedeutends­te Alleinstel­lungsmerkm­al Düsseldorf­s“, sagt Jannika Hansen, Senior PR-Managerin von Düsseldorf Tourismus. Dass sich auch nicht-japanische Restaurant­s in dem Quartier ansiedeln, zeige aber erst recht die Bedeutung, die der Name mit vielfältig­en kulinarisc­hen Erfahrunge­n in Verbindung bringe. „Das ‚Little Tokyo‘-Branding repräsenti­ert nicht nur die japanische Kultur, sondern auch die allgemeine asiatische Küche und das kosmopolit­ische Flair des Stadtteils“, sagt Hansen.

Aktuell ist daher der ContentCre­ator Duy Tran damit beauftragt, 60 Restaurant­s in und um „Little Tokyo“zu besuchen, dort Videos zu drehen und die „Destinatio­n Düsseldorf“in den sozialen Medien noch schmackhaf­ter und trendiger zu machen. Auf der Plattform „Xiaohongsh­u“, dem chinesisch­en Instagram-Pendant, ist das bereits ohne sein Zutun geschehen. Dort gilt die Landeshaup­tstadt schon jetzt als eine der trendigste­n FoodDestin­ationen unter den chinesisch­sprachigen Nutzern. Beiträge über die Vielfalt und Varianz der lokalen, asiatisch-geprägten GastroSzen­e erreichen Millionen Clicks – genauso häufig wie solche aus Paris oder London.

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FOTO: ANNE ORTHEN Im „Sila Thai“in der Bahnstraße besticht durch hölzerne Zierleiste­n und Steinmetza­rbeiten, die direkt aus Thailand importiert wurden. Meistens sei man bereits für Monate mit Reservieru­ngen ausgebucht, sagt Jane Dong.
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An der Bahnstraße kann man verschiede­ne Küchen Asiens erkunden.

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