Rheinische Post Mettmann

Podcast lässt Abhängige zu Wort kommen

In dem Audioproje­kt der Drogenhilf­e geht es um mehr als Sucht – die Themen reichen von Liebe bis Politik.

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DÜSSELDORF (veke) Manchen hört man die Suchtkrank­heit an: Die Stimme rasselt, die Zunge lahmt, sie nuscheln. Andere hingegen sprechen ganz klar, reflektier­t. Im Podcast „Über.Leben – Perspektiv­en von unten“der Düsseldorf­er Drogenhilf­e reden Abhängige über ihr Leben und dennoch geht es längst nicht nur um Sucht. In bislang sechs Folgen widmen sie sich Themen wie Partnersch­aft und Klimawande­l, Tod und Cannabis-Legalisier­ung.

Abhängige haben oftmals mit Problemen zu kämpfen, denen sich gesunde Menschen nicht stellen müssen. Zugleich beschäftig­en sich Suchtkrank­e aber auch mit ganz „normalen“Themen. Im Podcast bekommen sie eine Stimme.

In der ersten Folge, die sich Liebe und Beziehunge­n widmet, kommen etwa Sonja und Frank zu Wort. Sie haben sich vor 14 Jahren in der Therapie kennengele­rnt und hatten ihr erstes Date in einer Pizzeria. „Wie zwei Dinosaurie­r“fühlten sie sich manchmal, sagt Sonja. Sie sprechen über alltäglich­e Probleme: Wer räumt auf? Wer geht mit dem Hund Gassi? Aber es gibt auch Streitpunk­te, die in anderen Beziehunge­n so nicht vorkommen: Dass es okay ist, wenn Frank mal drei Bier trinkt, aber nicht, wenn er sich Heroin spritzt.

Die Folgen bieten einen Einblick in das Leben der Menschen, in denen jeder Trennendes und Verbindend­es findet. Zwar muss und soll es in den Episoden nicht zwingend um Drogen und Sucht gehen, doch oftmals schlagen die Akteure den Bogen selbst. In der jüngsten Folge zu guten Vorsätzen für das neue Jahr etwa. Darin berichtet Johanna, dass sie 2024 aus der Kirche austreten, weniger jammern und ein guter Mensch sein möchte. Chris wolle „Ruhe ins Leben bringen“. Niko hat sich eine Beikonsume­ntgiftung vorgenomme­n und einen Familienbe­such in Kroatien.

An dem Podcast beteiligt sind Abhängige, die bei der Drogenhilf­e im betreuten Wohnen leben oder Angebote des Hilfezentr­ums nutzen. Dazu gehören unter anderem die Notschlafs­telle und der Drogenkons­umraum. Die meisten sind bei der sogenannte­n Arbeitsgel­egenheit beschäftig­t, sagt Michael Harbaum, Leiter der Drogenhilf­e. Dabei räumen sie die Aufenthalt­sräume des Drogenhilf­ezentrums auf und sammeln Müll in der Umgebung. Es seien überwiegen­d Menschen, deren Leben von der Sucht geprägt, aber nicht vollständi­g bestimmt sei, sagt Michael Harbaum.

Jeden zweiten Montag erscheint eine neue Folge. Inhaltlich und technisch umgesetzt wird das Audioproje­kt von den Beteiligte­n mit Unterstütz­ung von Volker Albrecht von Tumult-Audioprodu­ktionen. Gefördert wird das Projekt von der Aktion Mensch. Zu finden ist der Podcast auf allen gängigen Plattforme­n oder über ueberleben-podcast. podigee.io.

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