Mehr Pioniergeist im Gesundheitswesen
In ihrem Ratgeber „Der smarte Patient“beschreiben die beiden Autoren Prof. Dr. Jochen A. Werner und Prof. David Matusiewicz, welche Möglichkeiten und Chancen die Digitalisierung im Gesundheitswesen bietet. Die private Krankenversicherung HanseMerkur hat d
Viele Besucher interessierten sich für das Thema Digitalisierung und Gesundheit.
Tedsen:
Ein sehr gutes Beispiel ist unsere smarte Schlaganfallvorsorge mittels Mini-EKG, die wir unseren Versicherten bereits seit zwei Jahren anbieten. Jedes Jahr erleiden in Deutschland laut der Stiftung Deutsche Schlaganfallhilfe rund 270.000 Menschen einen Schlaganfall, etwa jeder fünfte Schlaganfall ist auf Vorhofflimmern zurückzuführen und ließe sich vermeiden, wenn die Erkrankung rechtzeitig erkannt und behandelt werden würde. Durch die Kooperation mit dem jungen Unternehmen dpvanalytics können wir unseren Versicherten ein Angebot machen, das eigene Schlaganfallrisiko zu minimieren. Möglich macht dies ein innovatives Mini-Mehrkanal-EKG-Gerät, das kabellos für einige Tage auf die Brust geklebt wird und dort Daten erfasst, die anschließend ausgewertet werden und dadurch Hinweise auf Vorhofflimmern liefern können. So kann, falls nötig, sehr schnell mit einer Therapie begonnen werden. Ein weiteres Beispiel ist die Neurodermitis-App Nia des Softwareentwicklers Nia Health. Mithilfe dieser digitalen Anwendung können visuelle Veränderungen der Haut durch Fotoaufnahmen dokumentiert werden, damit sich Auslöser für Schübe besser identifizieren lassen. Darüber hinaus ist unser Früherkennungsprogramm Krebs-Scan zu nennen, das einen innovativen Bluttest beinhaltet. Er kann frühzeitig
Verdachtshinweise auf eine Krebserkrankung oder Krebsvorstufe liefern, die im nächsten Schritt mit bildgebenden Verfahren und weiteren Diagnostik-Methoden abgeklärt werden. Dadurch können sich die Heilungschancen womöglich entscheidend verbessern.
Werner:
Folke Tedsen, HanseMerkur
Herr Tedsen hat schon sehr gute Beispiele genannt. Digitalisierung hilft darüber hinaus signifikant etwa bei der Terminvergabe oder der Dokumentation von Leistungen bis hin zur datengestützten Prävention – alles Bereiche, wo wir aufgrund des zweifellos weiter zunehmenden Personalmangels dringend effizienter, besser und schneller werden müssen. Dieser eminent wichtige Aspekt für die Zukunftsfähigkeit unseres Gesundheitssystems wird in der öffentlichen Diskussion häufig vergessen. Kurzum: Alle Zeit- und Ressourcenfresser müssen durch Digitalisierung minimiert werden, um mehr Zeit und mehr Ressourcen für unsere medizinischen Kernaufgaben einsetzen zu können. Aus ärztlicher Sicht bin ich fest davon überzeugt, dass wir schon bald bei vielen Krankheitsbildern und Standarduntersuchungen künstliche Intelligenz einsetzen, ganz besonders, was die Diagnostik betrifft. An der Universitätsmedizin Essen erforschen wir das nicht nur bei hochkomplexen Krankheiten wie etwa seltenen Erkrankungen oder in der Onkologie, sondern auch ganz aktuell bei KIunterstützten Darmspiegelungen oder der „Facial Recognition“in der Kardiologie – per Gesichtsscan kann hier der Gesundheitszustand mit relevanter Wahrscheinlichkeit ermittelt werden. Die Zukunft ist gar nicht mehr so weit weg, wie wir glauben. Voraussetzung ist allerdings eine funktionierende digitale Infrastruktur, das ist bislang der größte Hemmschuh.
Prof. Dr. Jochen A. Werner, Uni- versitätsklinikum Essen
Tedsen:
Anders als die gesetzlichen Krankenkassen, die dem sogenannten Erlaubnisvorbehalt des Gemeinsamen Bundesausschusses unterliegen, können wir als privater Krankenversicherer unseren Versicherten grundsätzlich zugelassene gute und sinnvolle Medizinprodukte sowie Innovationen schneller zur Verfügung zu stellen. Zeit ist, gerade wenn es um Krankheiten geht, oftmals die entscheidende Komponente. Deshalb sind wir der Meinung, dass es besser ist, selbst aktiv zu werden und den Menschen schon jetzt – selbstverständlich unter Wahrung der Patientensicherheit – medizinische Innovationen zu bieten, anstatt noch Jahre zu warten, bis sämtliche langwierigen und überbürokratisierten Prüfprozesse durchlaufen sind.
Werner:
Wir brauchen das Primat der Menschenzentrierung statt des Datenschutzes. Die Pipeline mit digitalen Angeboten und wirklichen Innovationen ist gut gefüllt, sowohl bei uns in Essen als auch bundesweit. Es fehlt häufig noch an Entschlusskraft und Umsetzungsstärke in der Gesundheitspolitik, dieser Kreativität freien Lauf zu lassen, auch deswegen, weil sich dadurch Lobbygruppen mit ihren Partikularinteressen gefährdet sehen. Diese Denkund damit auch Handlungsblockaden müssen wir endlich überwinden. Mutige Protagonisten wie die HanseMerkur beschleunigen die notwendige Transformation. Solche Zukunftsgestalter für eine innovative Gesundheitsversorgung treffen sich persönlich beim nächsten Big Bang Health am 11. und 12. September 2024 in Berlin.
FOTO: HANSEMERKUR
FOTO: ALOIS MÜLLER