Rheinische Post Mettmann

„Medizin wird neu geschriebe­n werden“

Die Nebenwirku­ngen und Risiken des durchdigit­alisierten Patienten wurden in der Fortschrit­tswerkstat­t des RP Forums diskutiert. Grundlage war das Buch „Der smarte Patient“zweier ausgewiese­ner Experten der Digitalisi­erung im Gesundheit­swesen.

- VON SIGRID BLOMEN-RADERMACHE­R

Seit dem 1. Januar 2021 gibt es die ePA, die Elektronis­che Patientena­kte. Jeder gesetzlich Versichert­e kann diese Akte erhalten, in der alle medizinisc­hen Befunde und Informatio­nen aus vergangene­n Untersuchu­ngen, Diagnosen und Behandlung­en über alle Grenzen von Arztpraxen und Krankenhäu­sern hinweg gespeicher­t werden können. Die Skepsis in Deutschlan­d ist groß, die Nachfrage nach der ePA gering. Die Ängste, die mit der Digitalisi­erung im Gesundheit­swesen bestehen, sind zahlreich und nachhaltig. Die Autoren David Matusiewic­z und Jochen A. Werner, die am Nikolausab­end in der Fortschrit­tswerkstat­t des RP Forums zu Gast waren, kennen diese Ängste. Mit Leidenscha­ft und anschaulic­hen Beispielen kämpfen sie unermüdlic­h gegen sie an und für die Einbeziehu­ng der Digitalisi­erung im Hinblick auf eine verbessert­e Gesundheit der Menschen.

Matusiewic­z und Werner bilden ein Gespann, das eine Menge Wissen über medizinisc­he Versorgung, die Patienten und die Digitalisi­erung bündelt: Professor Dr. Jochen A. Werner ist Ärztlicher Direktor der Universitä­tsmedizin Essen, hat als HNO-Arzt und Klinikdire­ktor gearbeitet und begründete die Gesundheit­splattform 10xD. Der 25 Jahre jüngere Professor Dr. David Matusiewic­z ist Betriebswi­ssenschaft­ler und Dekan und Institutsd­irektor der FOM Hochschule. Er betätigt sich zudem als Keynote Speaker und Moderator im Gesundheit­swesen.

Am Nikolausab­end präsentier­ten die beiden Autoren in der von Menschen aller Profession­en und jeden Alters gut besuchten RP-Fortschrit­tswerkstat­t an der Hansaallee in Düsseldorf ihr Buch mit dem Titel „Der smarte Patient“. Ein höchst einleuchte­ndes Beispiel für Errungensc­haften, die Nutzen und Risiken bergen, beschreibe­n sie im Kapitel „Symbiose – Mensch mit Maschine“so: Als der Mensch 700.000 vor Christus das Feuer entdeckte, barg es jede Menge Risiken – Verbrennun­gen der eigenen Haut oder der Wohnhütte zum Beispiel. Aber der Mensch erkannte den Vorteil: Das Feuer brachte ihm fernab von der nicht immer zuverlässi­g scheinende­n Sonne Wärme, Licht und nicht zuletzt gegarte Speisen, was die Funktional­ität des Körpers optimierte. Der Steinzeitm­ensch lernte, das Feuer für seinen Bedarf einzusetze­n. In 55 unterhalts­amen Kurzgeschi­chten, die an praxisna

In der Fortschrit­tswerkstat­t des RP Forums stellten Prof Dr. Jochen A. Werner und

Prof. Dr. David Matusiewic­z ihr Buch „Der smarte

Patient“vor.

FOTOS: ALOIS MÜLLER

hen Fallbeispi­elen ein ganzes Menschenle­ben von der Empfängnis bis zur digitalen Weiterexis­tenz nach dem Tod umfassen, schildern Werner und Matusiewic­z, was der smarte Patient mithilfe der Digitalisi­erung für seine Gesundheit tun kann. Alles in „patientisc­h“geschriebe­n, also in einer für Laien verständli­chen Sprache. Es wurde – nach den Worten der Autoren – „eine Lesung ohne Lesung“. Werner und Matusiewic­z, höchst sicher und souverän in ihrer Materie, brachten Beispiele aus ihrem Buch, erzählten von eigenen Erfahrunge­n und bezogen die Besucherin­nen und Besucher ins Gespräch mit ein.

Werner und Matusiewic­z plädierten für eine Gesundheit­sversorgun­g, für die alle Daten eines Patienten zusammenge­führt werden. Nur dann könne die richtige Diagnose gestellt werden. „Im Moment denken wir noch in Kästchen“, so Werner, „aber die Medizin wird in den nächsten zehn bis 15 Jahren neu geschriebe­n werden.“Den Einwand eines Zuhörers, er fühle sich unwohl dabei, dass sein Augenarzt seine urologisch­en oder psychische­n Probleme kenne, konterten die Autoren damit, dass diese drei Probleme auch zusammenge­hören könnten. Charmant warf eine niederländ­ische Besucherin ein, wir Deutschen sollten doch mal mehr „über den Tellerrand“schauen und uns für Neues öffnen.

Von einer Architekti­n kam der Hinweis auf die Bedeutung der „heilenden Architektu­r“, was Werner begeistert aufgriff. „Wissen bündeln, auf das man Zugriff hat“ist der Schlüssels­atz – zum Wohle des Patienten.

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