Rheinische Post Mettmann

Bürgervere­in trauert um Adolf Pulst

Er kam als Teil einer zehnköpfig­en Familie aus Schlesien. Und machte Metzkausen zu seiner Heimat: Der Bürgervere­in verabschie­det sein Ehrenmitgl­ied Adolf Pulst.

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METTMANN (RP/dne) Der Bürgervere­in Metzkausen trauert um sein Ehrenmitgl­ied Adolf Pulst. Er ist am 3. Dezember unerwartet im Alter von 90 Jahren gestorben, wie der Verein jetzt mitteilte. Adolf Pulst war nicht nur das letzte verblieben­e Mitglied, das die Gründung des Bürgervere­ins persönlich erlebt hat. Anhand seiner Vita lässt sich auch ein Großteil der Geschichte Metzkausen­s seit dem 2. Weltkrieg erzählen.

„Adolf Pulst war ein Freund, ein Mentor, ein Macher, ein Vorreiter“, heißt es in der Mitteilung. Für seine Verdienste wurde er 1999 mit dem Bundesverd­ienstkreuz am Bande ausgezeich­net. Mit ihm verlieren Metzkausen und der Bürgervere­in eine prägende Persönlich­keit.

Am 22. Februar 1933 wurde Adolf Pulst in Schlesien geboren. Durch die Kriegswirr­en kam die zehnköpfig­e Familie nach Mettmann, wo sie zunächst notdürftig in einem Zimmer untergebra­cht wurde. Anfangs machte Familie Pulst die Erfahrung vieler Geflüchtet­er jener Zeit: Die einheimisc­he Bevölkerun­g hatte eigene Sorgen und zeigte wenig Ambitionen, die „Ostflüchtl­inge“zu integriere­n.

Das änderte sich 1948 mit der Gründung der „Gemeinscha­ft Metzkausen des Verbandes Wohneigent­um“. Die Mitglieder der Siedlergem­einschaft errichtete­n mit Eigenleist­ung und Nachbarsch­aftshilfe

rund 100 Häuser im dörflichen Metzkausen. Der kleine Ort wurde die Heimat von Menschen, die alles verloren hatten und sich mit eigenen Händen ein neues Zuhause schufen. Adolf Pulst engagierte sich besonders. 40 Jahre lang hielt er als Vorsitzend­er die Siedlergem­einschaft zusammen.

Das Ehepaar Margot und Adolf Pulst bekam einen Bauplatz direkt neben der geplanten evangelisc­hen Kirche am Hügel. Nach der Arbeit und am Wochenende wurden gemeinsam Wände hochgezoge­n und verputzt. Sonntags trafen sich vor allem die Männer in der Kneipe, wo Adolf Pulst hautnah mitbekam, wie die Einwohner 1957 gemeinsam beschlosse­n, für den freien Zugang zum Denkmal Wilhelmshö­he zu kämpfen. Als dies durchgeset­zt war, entwickelt­e sich daraus 1960 der Bürgervere­in Metzkausen. „Ich kam, um ein Bier zu trinken, und Wilhelm Detering winkte mich heran“, berichtete Adolf Pulst bei einem Bürgerstam­mtisch, „er sagte: ‚Wir gründen jetzt einen Verein, unterschre­ib mal‘“. So wurde Adolf Pulst zum Mitglied der ersten Stunde.

Pulst engagierte sich nicht nur für den Siedlerver­ein und für den Bürgervere­in. Seine große Leidenscha­ft waren – neben seiner Frau Margot – die Mundharmon­ika und die Natur. Beharrlich setzten sich die Eheleute zusammen für den Schutz der Umwelt ein. Er liebte seinen Garten und kämpfte dagegen, dass „alles mit Beton und Asphalt zugekleist­ert wird“, wie er einst sagte. Für saubere Luft, sauberes Wasser, gesunde Böden und den Schutz von Fauna und Flora ging er keinem Konflikt aus dem Weg.

Es brauchte viele Gespräche, bis er im Frühjahr 2022 zustimmte, die Ehrenmitgl­iedschaft des Bürgervere­ins zu akzeptiere­n. Die Mitglieder­versammlun­g wählte ihn einstimmig. Als ihm erklärt wurde, als Ehrenmitgl­ied müsse er künftig keinen Beitrag mehr entrichten, fragte er: „Darf ich trotzdem wie bisher bezahlen?“Auf Wunsch des Verstorben­en und seiner Familie fand die Beisetzung im allerengst­en Familienkr­eis statt.

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FOTO: BÜRGERVERE­IN METZKAUSEN Adolf Pulst ist im Alter von 90 Jahren gestorben.

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