Ahorn Baum der Freude und der Farben und seit alters her auch als Heilpflanze geschätzt
Kinder zwicken sich seine Propellerfrüchte gern auf die Nase, in seinem Blätterdach tanzen die Lichter. Ein Farbtraum im Herbst. Und der Ahorn ist seit alters her auch als Heilpflanze geschätzt
ahorne wachsen als sommergrüne Bäume oder Sträucher und sind vielerorts sehr beliebt. Sie können 150–500 Jahre alt werden. Ihr Gattungsname Acer (spitz, scharf) geht auf das indogermanische „ak“(spitz) zurück und gelangte über das griechische „akrós“ins Lateinische (acer). Im Althochdeutschen heißt er schon Ahorn, was sich auf die spitzen Blätter des Baumes bezieht. Plinius bezeichnete ihn als „Platanus gallica“. Bekannt war er unter anderem auch als Acher, Leinbaum, Maßholder, Urle oder Weißarle. Wegen seines sehr hellen Holzes hieß er auch Weißbaum. Aus diesem feinporigen Holz fertigten Bauern schon vor 8000 Jahren Nutzgefäße. Bis heute verwenden Schreiner und Drechsler es gern, auch für Musikinstrumente (Geige, Laute, Zither, Flöte) und hölzerne Küchenutensilien eignet es sich gut. Alle Ahornarten sind sehr saftreich (mit hohem Zuckergehalt), weshalb früher, besonders in Notzeiten, aus dem Bergahorn Zucker gewonnen wurde. Der Zuckerahorn (Acer saccharum) wird in Nordamerika intensiv für die Herstellung des feinen, nussigen Ahornsirups genutzt. Das sollten jedoch nur Experten tun, denn das Anbohren der Hölzer ist nur zu bestimmten Zeiten möglich und erfordert eine sehr sorgsame Vorgehensweise, damit der Baum nicht „verblutet“. Über zwei Wochen im Frühjahr zapft man den Baum an und gewinnt so täglich bis zu einem Liter Saft, aus dem Sirup hergestellt wird, früher auch Essig, Zucker und ein mostähnliches Getränk. Die Gattung Acer gehört zur Familie der Seifenbaumgewächse (Sapindaceae) und umfasst 150–200 Arten, viele davon in China, Korea und Japan. In Mitteleuropa sind der Bergahorn (Acer pseudoplatanus), der Spitzahorn (Acer platanoides) und der Feldahorn (Acer campestre) weit verbreitet. Letzteren findet man vielfach in Gärten. Abgesehen vom Bergahorn, der im Gebirge weit nach oben steigt, sind die Ahorne
Flachwurzler. Der Bergahorn wird am ältesten und höchsten, der Feldahorn ist als Baum/strauch der kleinste der drei und wurde früher am intensivsten genutzt, weshalb er auch Speisebaum hieß. Unsere Vorfahren glaubten, er könne Festgefahrenes und Stagnierendes lösen. Beim Spitzahorn beginnt die Blütezeit schon vor Austrieb der Laubblätter, bei Feld- und Bergahorn zur gleichen Zeit. Beim Spitzahorn stehen die flügeligen Früchte in stumpfem Winkel bis waagrecht ab, beim Feldahorn nahezu waagrecht, beim Bergahorn in spitzem Winkel. Bergahornblätter enthalten anders als Spitz- und Feldahorne im Blattstiel keinen Milchsaft.
GESCHICHTE UND MYTHOLOGIE
Im alten Ägypten kannte und schätzte man den Ahorn besonders seiner Heilkraft wegen. Er galt als kühlend und beruhigend, fand Anwendung bei Fieber und Entzündungen und wurde gegen Schwellungen empfohlen. Heute wissen wir, dass der Ahorn seine abschwellende Wirkung den in ihm enthaltenen Gerbstoffen und Flavonoiden verdankt. Im antiken Griechenland war der Ahorn ein Symbol für Stärke und Macht und dem Kriegsgott Ares geweiht. Um diesen geneigt zu stimmen und den Trojanischen Krieg zu gewinnen, soll das trojanische Pferd auf den Rat von Pallas Athene hin aus Ahornholz gefertigt worden sein. Die Kelten sahen im Ahorn wohl wegen seines hellen Holzes ein Symbol für besondere Reinheit und Ganzheit. Die Germanen betrachteten ihn als Symbol für Freiheit und Frieden. Für Friedensverhandlungen trafen sie sich unter Ahornbäumen. Bei Trun in der Ostschweiz stand bis 1870 ein bekannter Ahorn, der „Schwurbaum“, wo sich 1424 etwa zwölf Schweizer Dorfschaften die Treue geschworen hatten. Der Ahornbaum galt unseren Vorfahren als mild, wie Birke, Eberesche und
Lärche betrachteten sie ihn als heiteren Baum. Bei Liebes- und Geldzaubern setzte man auch auf Ahorn. Der Baum symbolisiert Freude, Liebe, langes Leben und Prosperität. Zapfen aus Ahorn in Türen und Türschwellen verankert, hielten böse Kräfte, Hexen und Dämonen fern. An Johanni, dem 24. Juni, pflückte man frische Ahornzweige und befestigte sie an Türen und Fenstern, um Haus und Hof vor Blitzschlag zu schützen. Daher wurde Ahorn oftmals nahe Haus und Hof gepflanzt. Wegen der handähnlichen Form des Ahornblattes glaubte man, dass eine besondere Verbindung zwischen dem Baum und den Menschen bestand. Der Ahorn gilt als guter Helfer bei der Vereinigung von Gegensätzen. Er steht für Ruhe, Harmonie und Gelassenheit.
BOTANIK DES AHORN
Junge Ahorne wachsen sehr schnell und bis etwa 30 m hoch. Freistehend blühen sie ab einem Alter von 20 Jahren nahezu jedes Jahr und zumeist üppig. Ihre Sprosse verzweigen sich weit, was dem Baum die runde Form verleiht. Die Rinde ist zunächst eher hell und glatt, mit zunehmendem Alter wird sie dunkel und zerfurcht. Der Ahorn hat eiförmige, spitze Knospen mit ausgeprägter Endknospe und kleineren Seitenknospen. Seine kleinen, gelb-grünen Blüten formen sich zu Dolden und locken Insekten an. Die Blätter sind gegenständig, mit langem Stiel. Typisch für alle Ahorne ist ihre drei- bis fünfgliedrige, handförmig gelappte Form. Im Herbst verfärben sich die Laubblätter und erstrahlen in leuchtendem Gelb, Orange und Rot. Die Früchte (Samen) werden Ende September bis Oktober reif. Dann teilt sich die Spaltfrucht in zwei geflügelte, einsamige Teilfrüchte, die bis in den Winter noch lange am Baum bleiben können. Der Wind sorgt für die Verteilung der Propellerfliegerchen. Verwechslungsgefahr besteht mit der Platane.
INHALTSSTOFFE
Sowohl die Keimlinge als auch die Blätter und Früchte des Ahorn enthalten gesunde Wirkstoffe wie Gerbstoffe und Flavonoide, Calcium, Eisen, Kalium, Magnesium und Mangan. Das Eiweiß ist mit einem Anteil von 5 % in den jungen Blättern recht hoch. Auch Ahornknospen sind reich an Mineralstoffen und Spurenelementen. Sie besitzen unter anderem Chlorophyll, ätherische Öle, Carotinoide, Enzyme, Flavonoide und Polyphenole sowie Saponine. Das Gleiche gilt für Harze, Gerbstoffe und Vitamine. Die Knospen wirken abführend und entgiftend (Machatschek, 2015).
AHORN IN DER NATURHEILKUNDE
Das Wissen um die heilende Wirkung des Ahorn ist heute kaum mehr bekannt. In der Naturheilkunde fanden vor allem die Blätter des Ahorn, seine Zweige und sein Sirup Anwendung. Die alten Ägypter betrachteten ihn neben dem Wacholder als den heilkräftigsten Baum. Sowohl in der Antike als auch im Mittelalter wurde der Ahorn als kühlendes Mittel angewendet. Hildegard von Bingen empfahl seine Nutzung: „Der Ahorn ist kalt und trocken. Er versinnbildlicht etwas Aufgeschrecktes (...). Gegen tägliches Fieber hilft ein Bad in Wasser, in dem die Zweige des Baumes mit den Blättern gekocht sind, wenn man nach dem Bad jeweils den aus der Rinde ausgepressten Saft in Wein trinkt. Das Auflegen von am Feuer erwärmtem Ahornholz auf die erkrankten Stellen vertreibt die Gicht. (Physica, Liber III, De arboribus). Wo immer am Körper krankhafte Hitze auftrat, konnte der Ahorn als kühlende Auflage angewendet werden, um die Hitze zu vermindern. Die Einsatzgebiete erstreckten sich dabei von Geschwüren, Entzündungen und Blutergüssen über Fieber bis hin zu ge
schwollenen Gliedmaßen, Muskelschmerzen und Krämpfen. Auch bei geschwollenen Augen (Ödemen) und Gerstenkörnern unterstützte der Ahorn. Dazu quetschte man die frischen Blätter etwas und legte sie im Anschluss daran auf die betroffenen Körperstellen.
Oder die Blätter wurden vor dem Auflegen auf die schmerzenden Körperstellen kurz in Wein gekocht oder in kochendem Wasser erweicht, um sie dann für die Wundheilung zu nutzen. Zu Johanni, also am 24. Juni, galt der Ahorn als besonders heilkräftig, sodass man an diesem Tag Ahornblätter erntete und danach trocknete.
AHORN IN DER KÜCHE
Wegen seiner gesunden Wirkstoffe lässt sich Ahorn auch in der modernen Küche sehr gut verwenden. Und aufgrund seiner hohen Mineralstoffkonzentration genügt es bereits, kleine Mengen zu verzehren, um eine gute Wirkung zu erreichen. Empfohlen werden etwa 10–15 g als Höchstmenge für den Verzehr pro Tag und Person.
Ahornkeimlinge
Im März finden sich etwa unter Ahornbäumen Ahornkeimlinge, die man roh u.a. als Salatbeigabe verzehren oder in Essig einlegen kann.
Ahornblüten
Die Blütezeit ist von Mitte April bis Mitte Mai nach Austrieb der Laubblätter. Dann lassen sich Ahornblüten ernten und frisch und handverlesen etwa Salaten oder Snacks hinzufügen. Sie haben einen süßlichen Geschmack.
Ahornknospen
Ahornknospen sind im April eine delikate Beigabe etwa zu Aufstrichen, Snacks oder Salaten, wozu man vorher
die Knospenschuppen entfernen muss. Bei warmen Speisen für den Erhalt der Wirkstoffe bitte erst vor dem Servieren zugeben. Das gemahlene Pulver lässt sich auch Kräutermischsalz beifügen. Aufgrund des hohen Gehalts an Mineralstoffen wirken die Speisen sättigender und das Bedürfnis nach Salz sinkt.
Ahornfrüchte
Ab etwa Mitte Mai gibt es viele Ahornfrüchte, deren junge, grüne Flugblätter der Spaltfrucht ihr typisches Aussehen verleihen. Wenn sie einen bitteren Geschmack haben, einfach einige Minuten lang kochen, bis sie weich sind. So sind sie ein delikates Extra für Salate und Snacks. Handverlesen lassen sie sich auch mit ein wenig Biospeiseöl beträufeln sowie mit Salz und Pfeffer abschmecken. Im Folgenden den Backofen auf 160 Grad Celsius vorheizen, die Ahornfrüchte auf ein mit Backpapier belegtes Backblech legen und 5–10 Minuten im Ofen lassen.
Ahornblätter
Die Blätter des Ahorn schmecken säuerlich herb. Beim Trocknen verliert sich das allerdings etwas. Da sie mit zunehmendem Alter derber und bitterer werden, ist es empfehlenswert, jüngere, hellgrüne, leicht zerreibbare Blätter des Spitzahorn zu bevorzugen. Die frischen, zarten, jungen Blätter sind im Frühling eine feine Beigabe auf das Brot, für Salatmischungen oder in der Suppe. Hierzu die Blätter klein schneiden und direkt vor dem Essen dazugeben. Früher verarbeitete man die Blätter wie Sauerkraut und bereitete sie auch wie Spinat als Gemüse zu.
Ahornsamen
Im September sind die Früchte/samen reif und man kann sie mit ein wenig Geduld und Fingerspitzengefühl aus den Flügeln herausschälen. Sie eignen sich etwa als Beigabe für Wildpflanzensalz.